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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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groß. Laßt mich wenigstens Eure Füße küssen.«
    Er beugte sich herab, um seine Drohung wahr zu machen, die ganze Zeit kreisten die Fackeln in der Luft. Da hörte man Klagelaute aus dem Publikum. Hartherzig! Kalt! Maria erlag dem Gruppenzwang. Sie redete sich ein, es sei schließlich nicht so schlimm, an einem fremden Ort lächerlich gemacht zu werden, wie wenn sie zu Hause in Kronviken gewesen wäre. Sie legte sich hin und kniff die Augen zu, um nicht sehen zu müssen, wie er mit den Fackeln über ihr herumbalancierte. Als sie die Augen wieder öffnete, saß er mit einer Laute in der Hand neben ihr. Die schwarze Menge über ihr applaudierte, und sie machte einen Versuch aufzustehen, wurde aber zurückgedrückt.
    »Nein, bleibt bei mir, schönste Jungfrau, dann singe ich Euch ein Liedlein.«
    »Darf ich danach gehen?« flüsterte sie.
    »Dann scheiden sich unsere Wege. Vielleicht habt Ihr ja eine Kleinigkeit, die Ihr mir schenken könnt, eine Erinnerung, die ich auf meine Reise durchs Jammertal mitnehmen darf. Ein Strumpfband oder etwas Ähnliches«, sagte er hoffnungsfroh.
    »Gib ihm, was er will, vielleicht einen BH«, grölte Ek. In diesem Augenblick haßte Maria ihren Kollegen.
    »Ich kann Ihnen etwas zeigen, was nur Sie sehen dürfen«, sagte sie lächelnd. Vielleicht würde sie das aus der Not retten. Es fing an peinlich zu werden, und sie war zu allem bereit, um nur aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit zu entkommen. Sie holte ihre Brieftasche heraus und zeigte ihren Dienstausweis.
    »Kriminalinspektor, was ist das denn?« fragte der Narr seine Schar von Bewunderern.
    »Ein Knecht!« rief jemand.
    »Ein Knecht in Frauenkleidern? Ist die Welt denn ganz aus den Fugen? Dann laßt mich meine Weise singen, Schönste unter den Knechten. Über den Umgang mit Müll, der seit den Tagen von König Magnus nicht besser geworden ist. Der hohe Berg, den Ihr im Nordosten sehen könnt, ist nicht von der Natur geschaffen, sondern von Menschenhänden. Heute wird der Müll in ferne Länder gebracht. Ins Reich der Schweden. Wie ist es nur um uns bestellt, wenn alles, was wir wollen, ein Partyzelt ist?«
    »Fanden Sie, daß ich gemein zu Ihnen war?« Nachdem er einen Platz auf der Picknickdecke und ein Hühnerbein angenommen hatte, nahm der Narr seine Kappe ab und stellte sich als Christoffer Jacobsson vor.
    Maria zuckte mit den Schultern.
    »Ich bin soviel Aufmerksamkeit nicht gewohnt.«
    »Sie haben mich gesucht. Es geht in unseren mittelalterlichen Gassen das Gerücht, daß die Polizei nach mir sucht. Und nun bin ich hier. Was habe ich getan?«
    Das will ich gar nicht so genau wissen, dachte Maria bei sich. Die Scheine, die Christoffer nach der Vorstellung in seiner Tonschale gesammelt hatte, würden mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht auf dem Schreibtisch der Steuerbehörde landen. Aber darum ging es jetzt ja nicht.

16
    »Ihre Mutter hat versucht, Sie zu erreichen.« Kriminalinspektorin Maria Wern stellte ihr Bier ins Gras und beugte sich vor, um Blickkontakt aufzunehmen. Christoffer Jacobsson ließ das Hühnerbein sinken und sah Hartman, Arvidsson und Ek nach, die den Enten unten am Wasser Brotkrumen zuwarfen.
    »So ist es immer. Was gibt es Neues?«
    »Ihr Vater wollte am Montagmorgen mit der Fähre nach Nynäshamn fahren. Seitdem ist er verschwunden.«
    »Das ist eine Neuigkeit. Hat er vergessen, zu Hause anzurufen? Also, mal ganz unter uns, Mama macht sich wegen allem und jedem Sorgen. Wenn man den Teufel an die Wand malen möchte, dann ist sie die erste, die nach dem Pinsel greift. Man sagt, ein Pessimist ist jemand, der von zwei schlechten Möglichkeiten beide wählt. Das ist Mona, wie sie leibt und lebt. Verstehen Sie?«
    »Wann haben Sie Ihren Vater das letzte Mal gesehen?«
    »Das war zu Weihnachten. Ich sollte ein Geschenk von Olov vorbeibringen.«
    »Warum hat er das nicht selbst gemacht?«
    »Papa und er sind gleich stur. Wenn Wilhelm zu Hause ist, kommt Olov nicht.«
    »Worüber sind sie uneins?«
    »Olov ist ein Umweltfreak. Papa aber ist der festen Überzeugung, daß noch niemand von etwas DDT gestorben ist. Wenn Sie verstehen, was ich meine. Es gibt da eine ganze Reihe Säcke und Flaschen mit Sachen, die nicht mehr benutzt werden dürfen. Nichts, worüber man sich aufregen müßte, findet Vater. Sie sind sich, mal einfach ausgedrückt, schlichtweg nicht einig darüber, wie man eine Landwirtschaft führt. Wilhelm meint, man müsse das so tun, wie man es immer gemacht hat. Olov möchte neue Wege

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