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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Einsamkeit. Gerade war er noch ein junger Mann mit Vertrauen in die Zukunft gewesen, und jetzt war das Leben vorbei. Alles, was ihm Sinn gegeben hatte, war vergangen. Alles außer der Arbeit. War er es wert, noch eine letzte Chance zu bekommen? Davon ging er aus, als er beschloß, die Ermittlungen weiterhin zu leiten.

15
    »Wo auf Gotland hast du denn gewohnt?« fragte Maria.
    Kriminalinspektor Hartman lief langsamer und blieb dann stehen, während er nach dem Lauf nach Luft rang. Das graue Haar hing ihm in die Stirn, der Rückenwind hatte es zu einer phantasievollen Frisur geformt. Sie hatten sich vorgenommen, eine Abendrunde um die Stadtmauer und die Strandpromenade zu joggen, vom Krankenhaus zum Almedalen hinunter, und waren soeben am Jungfernturm, dem Spundflaschenturm und dem Liebestor vorbeigekommen. Dazu gab es jeweils erläuternde Kommentare, die von Hartman in seiner Eigenschaft als Einheimischem knapp gefaßt und kurzatmig vorgetragen wurden.
    »Ich habe in Martebo gewohnt, das liegt im Norden der Insel, nicht weit von Lummelunda. Hast du schon mal von dem Licht über dem Moor von Martebo gehört?« Hartman sank auf den Rasen, um Luft zu holen, und Maria setzte sich neben ihn. »Man weiß nicht, woher es kommt. Es gibt ein Phänomen, das sich ›the light in the end of the road‹ nennt, ein Lichtphänomen am Ende eines langen, geraden Weges. Diese Erscheinung ist schon an einigen Orten der Welt beschrieben worden, ohne daß man sie erklären könnte. Als Kinder gingen wir an Knutstorp vorbei über das Moor, wenn wir die Post holen sollten. Manchmal sahen wir dort eine Lichtkugel, die zwischen den Bäumen zu schweben schien, doch wir haben uns nie darüber gewundert. Damals jedenfalls nicht. Das war genauso normal wie der Sonnenuntergang, der Regen und der Wind. Ich weiß nicht einmal, ob wir zu Hause darüber gesprochen haben. Man tat das einfach nicht. Später hat die Gegend deshalb ziemlich viel Aufmerksamkeit erfahren.«
    »Da, wo ich herkomme, spricht man manchmal von Lichtmännchen oder Irrlichtern. Ist es so etwas?«
    »Wie gesagt, man weiß es nicht. Die Leute, die zuletzt auf Knutstorp gewohnt haben, sind 1946 weggezogen, weil es eine merkwürdige Geistererscheinung gab. Beobachtet wurde das Phänomen seit den 1920er Jahren. Als Kind habe ich gelernt, daß man vom Licht nicht sprechen darf. Es war wohl die gängige Auffassung, daß es ungefährlich sei, solange man es in Ruhe ließ und nicht erwähnte. Später sind dann UFO-Messungen durchgeführt worden. Ja, wirklich, die überregionale Organisation ›UFO-Schweden‹ hat ihre Ergebnisse in Buchform dargelegt: ›Das Licht von Martebo – Mythos oder Wirklichkeit‹. Es stellt mehr Fragen, als es Antworten gibt. Sind es fluoreszierende Gase, Sumpfgase? Oder Kugelblitze, Spannungsfelder zwischen erdmagnetischen Strahlungslinien oder die Landebeleuchtung eines UFOs?«
    »Das ist ja spannend! Was glaubst du, was es sein könnte?«
    »Muß man für alles eine Erklärung finden? Als Kind wollte ich immer Zaubertricks ergründen. Mir ging es darum zu erfahren, wie das funktionierte. Jetzt bin ich ein alter Mann, und es genügt mir, mich zurückzulehnen und die Vorführung zu genießen.«
    »Das glaube ich dir nicht«, lachte Maria, »überhaupt nicht. Ich glaube, daß du deine rechte Hand dafür hergeben würdest, um zu wissen, was das Licht eigentlich ist. Gib es zu!«
    »Wahrscheinlich hast du recht. Okay, vielleicht einen kleinen Finger. Am besten gefällt mir die Theorie mit dem Sumpfgas. Und ich finde die Überlegung spannend, daß es eine Verbindung zwischen den Höhlen von Lummelunda und Martebo gibt, dann würde das Grottensystem nämlich bis unter das Moor reichen. Als man Ende des 19. Jahrhunderts das Moor von Martebo trockenlegte, um Ackerland zu gewinnen, grub man Kanäle bis zu sogenannten Schlucklöchern. Das sind natürlich entstandene Brunnen, die das Wasser von oben in das unterirdische Tunnelsystem leiten. Abgesehen von Tropfsteinen und unterirdischen Seen kann es dort unten durchaus Luftblasen und mit Gas gefüllte Hohlräume geben. Manchmal bricht ein Tunneldach ein, und vielleicht tritt dann Gas aus, das in der Dunkelheit leuchtet.«
    »Das klingt sehr plausibel.«
    »Vielleicht ist es aber auch jemand, der sich einen Scherz macht. Es hat viel Gerede um Taschenlampen und Autoscheinwerfer gegeben, aber die erklären doch nicht alle Beobachtungen, die gemacht wurden. Einige wollen ein weißes Licht gesehen haben, als würde man

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