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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Magnesium anzünden. Dann wieder gab es einen blauen Schein oder mehrere kleine leuchtende Punkte. Nein, ich weiß nicht, was ich davon halten soll.« Hartman wand sich ein wenig, und Maria hatte den Eindruck, daß er jetzt fand, er habe genug darüber geredet. Da machte sich die Erinnerung an das schweigende Einverständnis aus der Kindheit, nicht über das Licht zu reden, wieder bemerkbar.
    Am Almedalen würden sie Arvidsson und Ek zu einem gemeinsamen Picknick treffen, das hatten sie schon einige Zeit verabredet.
    »Es wäre sicher interessant, die Höhlen von Lummelunda zu besichtigen«, meinte Maria und stand auf. Der Nacken fühlte sich steif an, sie dehnte sich ein wenig.
    »Arvidsson hat das auch schon gesagt. Aber er will sich nicht mit den üblichen geführten Touren auf ausgetretenen Wegen zufriedengeben. Ich glaube, er möchte ein Höhlenabenteuer.«
    »Und Ek?« fragte Hartman.
    »Der ist für so was zu klaustrophobisch veranlagt.«
    »Glaubst du? Ich habe seine Fahrstuhlangst ja nie so ganz ernstgenommen. Meinst du, daß es wirklich so schlimm ist?«
    »Ja, er hat ziemlich damit kämpfen müssen. Das hat auch gute Seiten, so bekommt er zumindest viel Bewegung. Wollen wir das letzte Stück laufen? Sobald wir da vorne um den Pulverturm biegen, können sie uns sehen. Dann gilt es, das Tempo zu halten, damit sie glauben, wir würden seit dem Krankenhaus so schnell laufen. Fake it until you make it, wie man so schön sagt.«

    Was erhofft man sich von einem Picknick? Gutes Essen? Ein wenig Ausruhen im grünen Gras, eine Vorlesestunde oder zumindest die eine oder andere gute Geschichte, wenn man das Ziel seiner anstrengenden Laufrunde erreicht hat? Doch es begrüßte sie niemand mit kühlen Getränken und fröhlichen Rufen. Keiner ließ sich beeindrucken, nicht einmal die wohlgenährten Enten.
    Die anderen hatten sich an der Mauer versammelt. Der rote Schopf von Arvidsson leuchtete im Sonnenschein, er wandte ihnen den Rücken zu. Maria stellte sich dazu, um sehen zu können, was da los war. Ehe sie noch richtig begriff, was geschah, wurde sie in den Kreis hineingezogen. Eine braune und sehnige Hand hatte sie fest ums Handgelenk gepackt.
    »Hier haben wir eine Freiwillige, tretet näher, schöne Jungfrau, tretet näher.« Eks Lachen kitzelte ihr im Nacken, als sie verwirrt in der Mitte des Kreises stehenblieb. Der Mann trug zerrissene Beinkleider und einen braunen Mantel mit Kapuze. Sein langes, helles Haar hing ihm in ungekämmten Strähnen über die Schultern. »Erlaubt einem einfachen Narren, Euch nach Eurem Namen zu fragen, hochwohlgeborene Jungfrau.«
    »Maria. Ich bin keine Freiwillige.«
    »Ach, was ist schon der freie Wille, ein gottloser Begriff, eine Chimäre. Wir werden in unsere Rollen hineingeboren. Ihr in Eure, ich in meine, die des Narren. Vergoldet meinen Tag mit Eurer Schönheit, und ich will die Erde vor Euren Füßen ebnen, so daß Ihr trockenen Fußes die Straßen von Visby betreten könnt.« Noch ehe Maria wußte, was geschah, hatte er seine Hose ausgezogen und sie mit einer großen Geste vor sie auf den Boden gelegt. Es ging ein Murmeln durch die Versammlung. Maria entdeckte Hartman und verdrehte die Augen, suchte Hilfe in der Not, doch nicht einmal er, nicht einmal der zuverlässige alte Hartman, konnte umhin zu lachen.
    »Bitte machen Sie sich meinetwegen keine Mühe«, beeilte sich Maria zu sagen und nahm das Kleidungsstück, um es ihm zu reichen. Erleichtert bemerkte sie, daß der Gaukler die Sitte des 20. Jahrhunderts angenommen hatte, Unterhosen zu tragen.
    Nun nahm er einen großen Schluck aus einem Krug und entzündete seine Atemluft zu drei plötzlichen Flammenstößen. Die Augen blitzten wild in dem braungebrannten Gesicht. Aus dem Nichts holte er drei Fackeln, steckte sie in die Unterhose, lehnte sich ein wenig zurück und zündete sie an.
    »Legt Euch nieder, meine Schöne. Laßt die Reinheit des Feuers Euren lilienweißen Körper liebkosen, da ich es als Mann nicht wert bin, seine weiße Hülle zu berühren.«
    »Sind Sie nicht ganz dicht?«
    »Ich bin ein Narr.« Ohne den Blick von Maria zu wenden, ließ er die drei Fackeln in der Luft kreisen. »Mein einziger Wunsch in diesem armseligen Leben ist, daß Ihr tut, was ich sage. Seht diese Menschen hier, seht, wie sorgenvoll sie über Euren hartherzigen Widerstand sind, wie sie leiden, wenn sie die Jungfrau sehen, die sich von der demütigen Bitte des Narren nicht erweichen lassen will. Wohl bin ich elend, doch mein Herz ist

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