Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
Große Jäger ein.
»Und bevor du wieder fluchst über den Fundort, möchte ich dich darauf
hinweisen, dass wir die Tote vor fünf Monaten entdeckt haben. Da ich aber weiß,
dass du bei Kälte und Regen nicht gern in Gräben herumstolzierst, haben wir bis
heute gewartet.« Der Oberkommissar zeigte zum strahlend blauen Himmel. »Wir
haben schönes Wetter, es ist angenehm warm, und das brackige Wasser rund um den
Fundort haben wir in den letzten zwei Wochen mit Waschmittel zu reinigen
versucht. Zufrieden?«
Jürgensen sah Christoph an. »Habt Ihr keine Pförtnerloge in Husum?
Für anderes ist der doch nicht zu verwenden.«
»Immerhin kann ich dir sagen, dass der Mörder von der Ostküste
stammt«, griente Große Jäger und fuhr fort, als ihn Jürgensen fragend ansah.
»Erstens mordet der Nordfriese nicht. Und wenn, dann erledigt er es in der
guten Stube, nachdem er sich zuvor die Hände gewaschen, die Schuhe geputzt und
die Haare gekämmt hat, damit du deinen klinisch reinen Tatort vorfindest.«
Jürgensen wollte antworten, zog aber plötzlich mehrfach die Nase
kraus, als müsse er einen imaginären Duft besonders intensiv wahrnehmen, dann
beugte er den Kopf in die Armbeuge und nieste.
»Das ist aber nicht die vornehme Art«, lästerte Große Jäger. »Wie
gut, dass der Freiherr von Knigge schon tot ist.«
»Der hat seine Weisheiten von sich gegeben, als es noch keine
Spurensicherung gab«, erwiderte Jürgensen und ließ sich von Christoph
einweisen. Dann gab er seinen beiden Mitarbeitern erste Anweisungen, nachdem
sich die Beamten in ihre Schutzanzüge gezwängt hatten.
»Wir haben Spürhunde angefordert«, erklärte Christoph. »Vielleicht
können die den Weg, den das Opfer zurückgelegt hat, zurückverfolgen. Derzeit
sieht es so aus, als wäre die Frau vor ihrem Auto erschlagen worden. Dann hat
der Täter sie offensichtlich in den Graben gezogen. Das beweisen unter anderem
die Schleifspuren an der Hecke am Ende des Parkplatzes.«
Christoph überließ es Große Jäger, mit den Spurensicherern und
Dr. Hinrichsen zum Fundort der Leiche zurückzukehren. Er selbst ging ins
Klinikgebäude und suchte den Hausmeister. Er fand Lütfü in der Küche. Um ihn
hatte sich eine größere Gruppe des Küchenpersonals geschart, die aufmerksam
seinen Erzählungen folgte. Der Hausmeister sah erschrocken auf, als Christoph
eintrat und automatisch die Blicke der Leute auf sich zog.
»Das ist der Kriminalbeamte«, erklärte Lütfü rasch und schob, zu
Christoph gewandt, hinterher: »Natürlich wollen alle wissen, was passiert ist.«
»Natürlich«, sagte Christoph, winkte ihn zu sich heran und schob ihn
aus dem Küchenbereich. »Sie kennen Schwester Heikes Auto?« Nachdem Lütfü
genickt hatte, fuhr Christoph fort: »Welche Autos standen gestern Abend neben
dem grünen Polo?«
Der Hausmeister musste nicht lange überlegen. »Der war eingekeilt
zwischen dem Transit der Maurer und dem Honda von Schwester Beate. Etwas weiter
stand der Transporter der Elektriker. Das ist ein schwarzer Mercedes Sprinter.«
»Moment«, sagte Christoph und ging zum Parkplatz. Dort war
mittlerweile einer der Beamten aus Jürgensens Kommissariat mit der
Spurensicherung bei dem Polo beschäftigt. Direkt daneben stand ein grauer
Honda. »Ist das Schwester Beates Wagen?«
»Genau.«
»Stehen die Autos der Mitarbeiter immer am selben Platz?«
»Nö«, erwiderte Lütfü. »Es gibt keine festen Plätze. Die parken so,
wie es sich gerade ergibt.«
Christoph bat den Hausmeister, einen Moment auf ihn zu warten. Rasch
kehrte er ins Gebäude zurück und klopfte pro forma an die Tür des Arztzimmers,
bevor er sie aufriss. Erschrocken fuhr Schwester Beate, die auf einem Stuhl vor
dem behelfsmäßigen Schreibtisch saß, herum. Ihre Hand, die eine glimmende
Zigarette hielt, zitterte merklich. Auch der Arzt wirkte überrascht.
»Parken Sie immer an derselben Stelle?«, fragte Christoph die Frau.
»Nein«, antwortete sie zögerlich. »Da, wo frei ist.«
»Warum haben Sie heute früh genau dort geparkt, wo Sie gestern Ihr
Fahrzeug abgestellt hatten?«
»Habe ich das?« Die Stimme vibrierte leicht. »Das ist mir gar nicht
bewusst gewesen. Ich habe nicht darauf geachtet.«
»Ist Ihnen aufgefallen, dass Schwester Heikes Auto direkt neben
Ihrem Wagen stand?«
»Ja – nein. Ich weiß nicht«, stammelte Schwester Beate und sah
hilflos Dr. Aufgänger an.
»Ich benötige die Kleidung, die Sie gestern getragen haben«, sagte
Christoph. »Von beiden«, schob er
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