Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
der Anwesenden dem Alkohol
mehr zugesprochen, als gut war. Und diese Droge enthemmt. Ob da etwas aus dem
Ruder gelaufen ist …? Ich weiß es nicht.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass die beiden Frauen sich in eine
Situation begeben haben könnten, die sie nicht mehr kontrollieren konnten?«
»Beide sind lebensfroh. Und im Verlauf des Abends wurden manche
Gäste immer lockerer. Ich habe nicht beobachtet, wie das Trinkverhalten der
beiden Frauen war.«
»Hat sich einer der Gäste besonders hervorgetan?«
Dr. Aufgänger hob abwehrend beide Hände in die Höhe. »Dazu kann
ich nichts sagen.«
Christoph musterte den Arzt. Er schien erstaunlich gefasst zu sein.
»Ihnen sind fünfzig Prozent Ihrer Abteilung ausgefallen. Macht Sie das nicht
nervös? Am Dienstag kommen die ersten Patienten.«
Ȁndert Hektik etwas an der Situation? Da sollte man einen klaren
Kopf bewahren. Eine erschrockene Kopflosigkeit wie bei Zehntgraf führt nicht
weiter.«
»Und Sie haben einen klaren Kopf?«
»Ja. Ganz sicher.«
»Sie hören von uns«, sagte Christoph. »Und den Inhalt unseres
Gesprächs werden wir noch zu Protokoll nehmen müssen.«
»Sie sollten den Täter finden«, rief ihm der Arzt hinterher, als er
den Raum verließ, »und sich nicht in die Bürokratie flüchten.«
Nach diesem Gespräch rief Christoph Hilke Hauck an und berichtete
von der Entdeckung der Toten. Die Kommissarin zeigte sich ebenso überrascht wie
betroffen.
»Das muss eine sonderbare Eröffnungsfeier gewesen sein«, stellte sie
fest. »Ich habe inzwischen veranlasst, dass die DNA -Proben
aus dem Krankenhaus und die Fotos sowie die Kleidung, die Elena Petrescu
gestern trug, zur Kriminaltechnik nach Kiel überstellt werden. In der Klinik
bemüht man sich um die Patientin. Leider wird vor Montagmittag kein Psychologe
zur Verfügung stehen, um mit Frau Petrescu zu sprechen. Bis dahin hat
Dr. Neubürger jeden Kontakt zum Opfer abgeblockt. Diese Quelle sprudelt
derzeit also nicht.«
»Hast du wenigstens einen winzigen Hinweis auf den Täter erhalten?«,
fragte Christoph.
»Leider nicht.«
Das wäre der beste Weg gewesen, um bei diesen Ermittlungen
voranzukommen, dachte Christoph.
»Kannst du Erkundigungen über Dr. Wolfgang Aufgänger
einholen?«, bat Christoph. »Wahrscheinlich hat er vor seiner Zeit bei uns in
Rheinland-Pfalz gelebt.«
Hilke versprach es, bevor sie das Gespräch beendeten.
Christoph kehrte in das Zimmer des Verwaltungsleiters zurück.
Zehntgraf empfing ihn mit einem gequälten Gesichtsausdruck und wedelte mit zwei
Blatt Papier. »Das ist die Liste der Mitarbeiter. Ich habe zwei Namen
handschriftlich dazugetragen und ein Kreuz hinter denen gemacht, die gestern
nicht dabei waren.«
Christoph warf einen flüchtigen Blick auf das Papier und wollte die
Namen zählen.
»Einschließlich der Ergänzungen sind es siebenundvierzig«, sagte
Zehntgraf. »Vier waren gestern nicht anwesend.«
Das waren immer noch genug, überlegte Christoph. »Danke. Und jetzt
benötige ich eine Übersicht über die Gäste. Notieren Sie bitte zum Namen
jeweils die Funktion, in der die Leute hier waren. Vorab würden mich noch die
Namen der Handwerksbetriebe interessieren.«
»Ich kann Ihnen nur die nennen, die direkt beauftragt sind. Über die
eingesetzten Subunternehmer habe ich keinen Überblick«, stöhnte Zehntgraf.
Christoph warf einen Blick auf die Namensliste. Er fand Elena
Petrescu und Dr. Aufgänger. Hinter beiden Namen war ein » MED « verschlüsselt. Christoph vermutete, dass es das
Kürzel für die medizinische Abteilung war. Schwester Heike hieß mit Zunamen
Bunge. Es gab noch eine weitere Mitarbeiterin, die die Abteilung komplettierte:
Beate Rösner.
Auf dem Weg zum Ausgang kam er noch einmal am Arztzimmer vorbei.
Dr. Aufgänger unterhielt sich mit einer Frau, die leger gekleidet war.
Christoph sah von hinten nur ihr nussbraunes Haar, das bis zwischen die
Schulterblätter reichte. Die Frau musste Aufgängers kurzes Abschweifen mit den
Augen registriert haben. Sie drehte sich um. Christoph sah ein schmales Gesicht
mit einer spitzen Nase und eng beieinanderliegenden Augen. Die Frau musterte
Christoph durch die Gläser einer schmalen Brille aus dunklem Horn.
»Sie sind Frau Rösner?«, riet Christoph und streckte der Frau die
Hand entgangen.
»Schwester Beate«, erwiderte sie. »Das ist hier die gebräuchliche
Anrede.«
»Sie haben von Dr. Aufgänger erfahren, was passiert ist?«
Sie nickte. »Das ist schlimm«, sagte sie leise. »Man
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