Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
vertrete
diese. Die Sanitas ist der Träger dieser Rehaklinik, die sich schwerpunktmäßig
auf die Behandlung von Haut- und Lungenkrankheiten ausrichten wird.«
»Ist das ein gottesfürchtiges Werk, oder stehen dort wirtschaftliche
Interessen im Vordergrund?«
»Was soll die Häme in Ihrer Frage? Sie werden gehört haben, dass die
Kirchensteuereinnahmen kontinuierlich wegbrechen …«
»Weil aufgrund zahlreicher unschöner Vorgänge viele Gläubige die
Kirche verlassen haben.«
»Es gibt viele Motive, die die Menschen leiten, sich von unseren
kulturellen und religiösen, aber auch ethischen Grundwerten abzuwenden«,
erwiderte der Monsignore. »Als Kirche haben wir eine Verantwortung den Menschen
gegenüber, die von vielen nicht wahrgenommen wird. Was meinen Sie, wer die von
uns getragenen sozialen und gesellschaftlichen Aufgaben übernehmen sollte?
Soziale Einrichtungen und Beratungsstellen, Altenfürsorge, Krankenhäuser,
Kindergärten, Therapieeinrichtungen …«
»Und diese Kurklinik.«
»Richtig. Ich habe es gestern dem Husumer Bürgermeister zu erklären
versucht. Wir haben hier viel Geld investiert und Arbeitsplätze geschaffen.
Sonst gibt es hier doch nichts. Das ist doch eine Einöde.«
»Sie scheinen Nordfriesland nicht zu kennen. Das Land kann mit
seiner Natur und den Menschen, die hier leben, punkten.«
»Die haben Glück, dass die Nordsee in der Nähe ist. Das ist für uns
der Grund gewesen, hier zu bauen.«
Christoph mochte den Mann nicht. Dennoch hatte er keine Lust, mit
dem Monsignore eine grundsätzliche Diskussion über die Vorzüge Nordfrieslands
zu führen, die er selbst seit vielen Jahren genoss, seit er mit Vorurteilen im
Kopf aus Kiel nach Husum versetzt wurde. Schon lange konnte er es sich nicht
mehr vorstellen, woanders zu arbeiten und zu leben. Dies war seine Heimat
geworden.
»Ich werde einen Kollegen zu Ihnen schicken, der Ihre Personalien
aufnimmt und eine Speichelprobe nimmt.«
»Nein!« Es war eine kraftvolle Antwort. Christoph sah den Monsignore
an.
»Sie übersehen anscheinend, mit wem Sie sprechen«, sagte Dr.
Kuslmair mit Entschiedenheit und fester Stimme. »Meine Personalien finden Sie
auf der Visitenkarte, die ich Ihnen gegeben habe. Und die Speichelprobe für
eine DNA … Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Wir benötigen die Daten und die DNA aller anwesenden Personen. Das dient auch dazu, Unschuldige einwandfrei
auszuschließen.«
»Das dürfte auch ohne DNA bei mir
zutreffen.«
»Vor dem Gesetz sind alle gleich. Auch Sie.«
»Mein letztes Wort ist gesprochen.« Die Verärgerung war dem
Monsignore deutlich anzumerken.
»Wir haben es hier nicht nur mit einem Mord, sondern auch mit einer
Vergewaltigung zu tun«, erklärte Christoph. »Worin sehen Sie ein Problem?«
»Es ist entwürdigend, welche Unterstellungen Sie hier vorbringen.
Wer ist Ihr Vorgesetzter?«
»Kriminaldirektor Nathusius bei der Polizeidirektion Husum. Der wird
mit Sicherheit meine Bitte um eine gegebenenfalls notwendige Einholung einer
richterlichen Anordnung unterstützen.«
»Sie scheinen die Situation zu verkennen. Guten Tag.« Dr. Kuslmair
stand abrupt auf und eilte mit großem Schritt aus dem Speiseraum, ohne
Christoph noch eines weiteren Blickes zu würdigen.
Auf dem Flur traf Christoph Hilke Hauck.
»Wer war das denn?«, fragte die Kommissarin erstaunt. »Hast du dem
aus Versehen die Fußnägel umgebogen?«
»Das war der Monsignore«, antwortete Christoph lächelnd.
»Der … was?«
»Der Geschäftsführer des Trägers dieser Einrichtung, ein smarter
Manager, der offenbar die Demut vergessen hat, die sein Priesteramt auszeichnen
sollte.«
»Das war ein Priester?«
Christoph nickte lächelnd. »Das frage ich mich auch.« Dann bat er
Hilke, einen der Kollegen zu beauftragen, von Dr. Kuslmair die Personalien
aufzunehmen und noch einmal zu versuchen, eine DNA zu bekommen, wenn sich der Monsignore – hoffentlich – etwas beruhigt
haben sollte.
Auf einem Klappstuhl in der Nähe des Parkplatzes saß ein
Mann mit grauen Haaren und hielt das Gesicht in die Sonne. Die graue Jacke
hatte er über die Knie gelegt, die Ärmel des weißen Hemdes waren hochgeschoben,
der Krawattenknoten gelockert. Er sprang auf, als sich Christoph näherte.
»Sie sind Dr. Kuslmairs Fahrer?«, fragte Christoph.
»Jawohl.« Es klang fast militärisch.
»Wann sind Sie gestern weggefahren?«
»Um null Uhr zweiunddreißig.«
Christoph zog eine Augenbraue fragend in die Höhe.
Der Fahrer lächelte. »Wir
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