Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
haben ein elektronisches Fahrtenbuch. Und
elf Minuten später waren wir im Hotel in Bredstedt. Ich habe den Monsignore
herausgelassen, den Wagen geparkt und bin dann auch ins Bett.« Er sah auf seine
Armbanduhr. »Heute Morgen habe ich mich ab halb acht bereitgehalten. Wir sind
aber erst vor zwanzig Minuten hier eingetroffen.«
»Hat Ihr Boss so lange gepennt?«, mischte sich Große Jäger ein, der
inzwischen hinzugekommen war.
Der Fahrer antwortete mit einem Seitenblick. »Ich weiß nicht, was
der Monsignore in der Zwischenzeit gemacht hat.«
»Nicht gefrühstückt«, erwiderte Große Jäger. »Das holt er jetzt
nach.«
»Wo waren Sie gestern Abend?«, fragte Christoph.
»Ich habe zunächst eine Kleinigkeit gegessen.«
»Mit Ihrem Chef und den anderen Herren?«
»Ich war beim Personal.« Es klang nahezu empört. »So gegen neun bin
ich zum Auto. Dort habe ich es mir bequem gemacht und ein wenig gelesen. Einen
Krimi. Wollen Sie wissen, wie der heißt? ›Mord ist aller Laster Ende‹. Von
einer Frau aus Ostfriesland. Irgendwann bin ich aber eingenickt, bis mich der
Monsignore für die Heimfahrt geweckt hat. Ach ja. Dass ich im Auto saß, kann
eine der Damen vom Personal bestätigen. Sie hat gegen die Scheibe geklopft und
gefragt, ob ich noch etwas zu trinken wünsche. Das war kurz nach zehn.«
»Wie sah die Frau aus?«
»Ja – wie soll ich sie beschreiben. Sie trug ein Namensschild.
Schwester Heike – glaube ich.«
»Haben Sie Schwester Heike danach noch einmal gesehen?«
»Nein. Sie ist vom Auto aus zurück in den Garten. Ich bin dann
wieder eingeschlafen, bis mich der Monsignore weckte. Wie ich schon sagte.«
Christoph bedankte sich. »Wir benötigen noch Ihre Personalien und
eine Speichelprobe für einen DNA -Abgleich.«
»Selbstverständlich«, sagte der Mann und schlug dabei wieder die
militärische Tonlage an.
»Ich kümmere mich darum«, sagte Große Jäger, als sie zum Haus
zurückkehrten.
Christoph berichtete von seinem Gespräch mit dem Monsignore.
»Der hat wohl zu lange das Halleluja gesungen«, schimpfte Große
Jäger. »Du weißt, wir Münsterländer sind alle katholisch. Ich kenne jede Menge
Land- und Gemeindepfarrer. Mit denen kannst du Pferde stehlen gehen.«
Der Oberkommissar sah Christoph erstaunt an, als der in schallendes
Gelächter ausbrach. »Hast du was gegen katholische Geistliche?«
»Überhaupt nicht«, sagte Christoph. »Du kannst mit denen sicher viel
anstellen. Aber ob die Herren bei ihrem Amt unbedingt losziehen, um sich als
Pferdedieb zu betätigen?«
Große Jäger knuffte Christoph in die Seite. »Blödmann«, sagte er.
Christoph bellte.
Der Oberkommissar fiel in das Lachen ein, als ihm bewusst wurde,
dass er mit dem als Neckerei gedachten Schimpfwort den Namen seines Hundes
genannt hatte. Dann versprach er mit einem Seufzer, sich auch um die Suche nach
Dr. Kuslmairs Zigarrenstummel zu kümmern.
Zehntgraf saß immer noch hinter seinem behelfsmäßigen Schreibtisch
und machte ein verdrossenes Gesicht. »Ich habe jetzt auch die Liste der Gäste
fertig«, sagte er. »Nach bestem Wissen und Gewissen. Nicht dass Sie mir einen
Strick daraus drehen, wenn ich jemanden vergessen habe.«
Wie gut, dass Große Jäger nicht anwesend war, überlegte Christoph.
Der hätte dem Verwaltungsleiter Angst eingejagt und mit einer mehrjährigen
Strafe im »Zuchthaus« wegen versuchter Urkundenfälschung, Behinderung der
Polizeiarbeit und Beihilfe zum Mord gedroht. Er warf einen Blick auf die
neununddreißig Namen umfassende Liste.
»Das sind nur die offiziellen Gäste«, beeilte sich Zehntgraf zu
versichern. »Die eingeladenen Handwerker … Da habe ich keinen Überblick.«
Es waren zu viele Personen, wenn man die Mitarbeiter hinzuzählte. Es
war mit dem vorhandenen Personal nicht möglich, alle gleichzeitig zu
überprüfen. Deshalb konzentrierte sich Christoph auf die männlichen Namen. Die
unterteilte er in drei Gruppen. Ein »C« erhielten die Personen, die in
Begleitung ihrer Ehefrau gekommen waren. Das war aus der Liste ersichtlich
durch »Herr Däumling und Frau«. In die Gruppe »B« ordnete Christoph die Männer
ein, die nicht allein gekommen waren. Dazu gehörte ebenso der Repräsentant des
finanzierenden Kreditinstituts, der mit einer Kollegin eingeladen war, wie die
beiden Herren von der Wirtschaftsfördergesellschaft Nordfrieslands. Auch die
Vertreter der Gemeinde Reußenköge waren zu zweit erschienen. Die verbleibenden
Namen müssten sie als Erste überprüfen,
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