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Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi

Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi

Titel: Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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»Kommen Sie.« Sie wies auf die Rückseite des Hauses. »Ich darf Ihnen
einen Tee anbieten.«
    »Wenn ich ehrlich bin, würde ich einen Kaffee vorziehen«, meinte
Große Jäger.
    »Da muss ich Sie enttäuschen. So etwas habe ich nicht im Hause.«
    Christoph warf einen Seitenblick auf die Büsche und Kräuter. Sicher
meinte die Frau mit »Tee« ein Gebräu aus selbst gepflückten Blättern und nicht
etwa einen Darjeeling oder Assam.
    »Vielen Dank«, sagte er vorsichtig, »aber unsere Zeit ist knapp
bemessen. In Heike Bunges Polo haben wir einen Talisman gefunden, der am
Rückspiegel hing. Es war ein Kreis mit vier Speichen und drei Federn.«
    Hildegard Oehlerich nickte ernst. »Das ist auch ein Medizinrad. Das
ist das der Lakota.«
    »Das ist kein gutes Symbol«, wagte Christoph einzuwenden. »Die
Hälfte der Angehörigen dieses Stammes sind drogen- oder alkoholabhängig. Das
Durchschnittsalter liegt bei nur vierundvierzig Jahren, die Kindersterblichkeit
ist extrem hoch. Fast alle leben unterhalb der Armutsgrenze.«
    »Sie haben Schularbeiten gemacht«, sagte die Frau. »Wenn das ein
Vorwurf sein soll oder Sie damit gar Vorurteile untermauern wollen, müssen Sie
aber auch bedenken, dass die Lebensbedingungen in den Reservaten katastrophal
sind. So erschweren die sozialen Umstände eine normale Entwicklung. Es gibt
keine Gesundheitsvorsorge, keine Arbeitsmöglichkeiten. Die Lakota sind
stigmatisiert.«
    »Ich glaube, Sie sind eine glühende Verfechterin Ihrer Idee. Wie
stand Heike Bunge dazu?«
    »Heike hatte die herausragende Begabung, die in ihr wohnende Energie
zu spüren. Sie war auf dem besten Weg, eine Schamanin zu werden. Vielleicht lag
es auch an der vielfältigen Erfahrung, die sie aus früheren Leben mitgebracht
hat. Wir waren uns sicher, dass sie viel hat leiden müssen. Leider hat die Zeit
nicht gereicht, den Prozess zu Ende zu führen.«
    Christoph bemerkte, wie Große Jäger verzweifelt irgendeinen Punkt in
der Ferne fixierte, um nicht erneut durch Bemerkungen oder gar ein herzhaftes
Lachen die Frau aus dem Konzept zu bringen. Er selbst bemühte sich, auf
Hildegard Oehlerich einzugehen.
    »Gab es da Gewalt? Ich meine, in den früheren Leben von Heike
Bunge?«
    »Oh ja. Ganz bestimmt. Und zwar auf grausame Art.« Catori sagte es
mit ernster Miene.
    Der Oberkommissar hielt es nicht mehr aus. »Wenn Sie über die
Vergangenheit und die Reinkarnation gesprochen haben, müssten Sie doch jetzt
die Möglichkeit haben, Kontakt zu unserem Mordopfer aufzunehmen.«
    »Deshalb habe ich Sie ja angerufen. Auch wenn das Fleisch hüllenlos
ist, bleibt die Seele erhalten. Sie sind Christen?« Hildegard Oehlerich sah nacheinander
beide Beamten an. Als keiner antwortete, fuhr sie fort: »Jeder Christ glaubt
und hofft, dass die Seele nach dem irdischen Tod weiterlebt. Was geschieht
damit? Kommt alles in einen großen Topf? Oder kehrt die Seele in einem anderen
Körper wieder zurück?« Die Frau hatte sich deutlich ereifert. Sie beugte sich
ein wenig vor und unterstrich ihre Worte mit lebhaften Gesten. »Wir Deutsche
sind stolz auf unsere Dichter und Denker. Einer der ganz Großen ist Lessing.
›Warum sollte ich nicht so oft wiederkommen, als ich neue Kenntnisse, neue
Fertigkeiten zu erlangen geschickt bin? Ist diese Idee denn so lächerlich, weil
sie die älteste ist?‹ Lessing sah Reinkarnation als Mittel der Entwicklung und
Erziehung der Menschen. Haben Sie sich einmal Gedanken darüber gemacht, warum
die Menschheit immer mehr Wissen ansammelt und sich weiterentwickelt? Das liegt
doch nicht daran, dass die heute geborenen Menschen klüger und geschickter sind
als früher. Nein. Wir alle bringen die Erfahrungen früherer Leben mit.«
    Große Jäger drehte sich demonstrativ ein wenig zur Seite, als würde
er der Frau die kalte Schulter zeigen wollen. »Das sind doch unhaltbare Thesen,
die Sie aufstellen. Wie soll uns das weiterführen?«
    »Indem ich Ihnen zu erklären versuche, dass Heikes Tod vorbestimmt
war. Nichts auf dieser Welt geschieht zufällig.«
    »Das heißt – nach Ihrer Meinung –, der Mord war geplant?
Hat Heike es Ihnen aus dem Jenseits gesagt?«
    »Sie wählen die falschen Worte«, maßregelte Hildegard Oehlerich den
Oberkommissar. »Aber nach den Erfahrungen aus früheren Leben und der
Vorbestimmung war es abzusehen, dass Heike eines gewaltsamen Todes durch die
Hand eines Menschen sterben würde, dem sie vertraute und den sie kannte.«
    »Es wäre hilfreich, wenn Sie uns den Namen nennen würden«,

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