Tod im Moseltal
offenbar echt. Jetzt hoffen wir, die Frau darauf ausfindig zu machen. Aber für den Mordfall wäre es wichtiger, herauszufinden, wie das Foto entstanden ist und an die Zeitungen weitergegeben wurde. Wir haben Steyns Kollegen noch mal verhört. Er war schon mit unterschiedlichen Mitarbeitern in Algerien, aber keiner will etwas wissen.« Paul Gerhardts nahm einen kräftigen Schluck aus der Kaffeetasse, und Christian Buhle vermutete, dass die eiskalte Milch aus dem Kühlschrank den Kaffee zu schnell abgekühlt hatte. Es trank seinen stets schwarz.
»Dann waren wir bei Peter Kasper und haben ihn zu dem angeblichen Liebesbrief befragt. Er hat glaubhaft versichert, dass dieser Brief nicht von ihm ist. Sein Verhältnis zu Marie Steyn hat er etwas nebulös beschrieben. Er hat zugegeben, er würde sie lieben wie keine andere Frau, aber sicher nie ein intimes Verhältnis mit ihr eingehen. Wenn du mich fragst, ist er homosexuell.«
Buhle hob bei der letzten Bemerkung die Augenbrauen, äußerte sich jedoch nicht dazu. Gerhardts sprach weiter: »Sven hat hinsichtlich der Identität der Toten eine Spur aufgetan. Im Süden von Belgien gibt es in letzter Zeit vermehrt Rumäninnen, die auf den Straßenstrich geschickt werden. Er ist mit den Kollegen dort in engem telefonischem Kontakt. Ansonsten bleibt unser Verdächtiger weiter bei seiner Version. Wir haben ihm das aktuelle Passfoto von Frau Reens gezeigt. Er hat sie eindeutig wiedererkannt. Auch als wir von ihrem Alibi berichtet haben, hat er seine Aussage mit, so fand ich, Überzeugung wiederholt.«
»Ich kann es mir absolut nicht vorstellen. Dann müsste mir meine Menschenkenntnis völlig abhandengekommen sein. Hak doch noch mal nach, ob er auch Details nennen kann.«
»Kein Problem. Ich sag Mich Bescheid, der ist gerade bei ihm. Großmann will ja, dass wir stärkeren Druck auf ihn ausüben. Anwalt Menzel ist davon übrigens nicht so begeistert.«
»Damit ist klar, dass eine Kooperation immer unwahrscheinlicher wird. Rufst du Mich gleich an?«
Gerhardts nahm sein Handy und telefonierte mit Reuter. Anschließend berichtete Buhle ihm detailliert vom Treffen mit Marion Reens. Nach einer Viertelstunde klingelte Gerhardts’ Handy.
»Steyn ist sich deshalb so sicher, dass es die richtige Freundin war«, berichtete Gerhardts von dem Telefonat, »weil sie eine Tätowierung im Intimbereich hatte, einen Skorpion genau neben dem Venushügel. Den hatte Marion Schroeder schon in der Schulzeit.«
Buhle atmete tief durch. »Ich rufe in Hamburg an und frage, ob das stimmt. Wäre natürlich gut gewesen, das vorher zu wissen. Hätte ich früher in Erfahrung bringen müssen.«
»Und was hättest du dann gemacht? Vor-Ort-Kontrolle?«
Buhle antwortete ohne Ironie: »Ich glaube fast, das wäre nicht mal unmöglich gewesen.« Er griff sein Telefon und legte es aber gleich wieder hin. »Mist, ich weiß noch nicht mal, wie ich sie jetzt erreichen kann. Sie arbeitet vormittags.«
»Kein Problem. Ich bin mir sicher, Nicole kann uns die Telefonnummer gleich durchgeben.«
Nachdem Buhle in der Stadtbibliothek Hamburg endlich jemanden erreicht hatte, dauerte es noch drei weitere Minuten, bis Marion Reens in der Leitung war.
»Hallo, Marion, hier ist Christian.« Gerhardts quittierte die persönliche Anrede mit einem erstaunten Räuspern. »Ja, die Fahrt war okay, nur ein bisschen lang. Die Kollegen haben noch einmal mit Thomas Steyn gesprochen. Er bleibt bei seiner Behauptung, du hättest ihn am vorletzten Wochenende besucht. … Ja, ich weiß, dass du ein Alibi hast, die Kollegen haben das auch bestätigt … . Er hat von einer Tätowierung gesprochen, die er noch von früher an dir kannte. … Genau, ein Skorpion. … Mhmh, aber grundsätzlich ist der noch da? … Und wie viele Leute kennen diese Tätowierung? … Ja, das denke ich mir. Wahrscheinlich ist es zu indiskret, zu fragen, wer dich schon nackt gesehen hat. … Ja, das hatte ich befürchtet … . Nein, natürlich sollte das kein Vorwurf sein … . Das ist nicht ausgeschlossen, wenn es zu einer Verhandlung kommt … . Ja, hatte ich versprochen. Ich melde mich dann. … Ja, tschüss.« Buhle legte auf.
»Hat sie das Teil noch?«
»Sie hat.«
»Na gut, das heißt nichts. Sie hatte es früher, also kann Steyn getrost behaupten, er hätte es gesehen. Es hätte uns nur geholfen, wenn sie es sich zwischenzeitlich hätte wegmachen lassen.«
Nachdem Gerhardts gegangen war, saß Buhle unschlüssig auf seinem Sessel und überlegte, was er
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