Tod im Moseltal
Ermittlungsleiters nun unbedingt Erfolgserlebnisse und würde sich schon allein deshalb auf das Naheliegende beschränken. Er würde auf den richtigen Augenblick warten und dann das nächste Ass aus dem Ärmel ziehen.
Es ging nichts über eine gute Vernetzung innerhalb der Grauzone der Gesellschaft.
Die öffentliche Demontage des Schweins war fast vollzogen. Bald würde keiner mehr etwas anderes von ihm halten als das, was er tatsächlich war. Kein Versteckspiel mehr hinter einer mit beruflichem Erfolg und bürgerlichem Familienglück verbrämten Fassade. Kein Verkriechen mehr vor der Schande seiner Jugend.
Es erfüllte ihn mit Genugtuung, ihr zu folgen. Wie gut er sie kannte, und sie hatte keine Ahnung von ihm. Er hatte selten solch eine Macht über Menschen gehabt. Und er genoss jede Minute, jede Sekunde, jeden Augenblick. Nur ihr entschlossenes Gesicht und der zügige Gang hatten ihn etwas enttäuscht. Er hatte sie sich eher als gebrochenen Menschen vorgestellt, der nach tagelangem Grübeln über das hereingebrochene Elend langsam und verstört aus seinem Kokon gekrochen kommt. Er dachte gerade darüber nach, ob er sie nicht doch mehr ins Visier nehmen sollte, als sein Handy vibrierte.
Seine euphorische Stimmung war wie weggeblasen. Sie versuchte es tatsächlich. Hatte er ihr nicht deutlich genug gemacht, dass so etwas mit ihm nicht lief? Es war eine klare Vereinbarung: keine Kontakte mehr nach dem Deal. Aber natürlich hatte sie jetzt doch etwas von dem Mord mitbekommen, hatte das Bild vom Tatort gesehen und ihre Rückschlüsse gezogen. Eine »nachträgliche Risikoentschädigung« wollte sie; weiß der Teufel, woher sie diesen Begriff hatte.
Und zu allem Überfluss sah er auch noch die Kleine in der Baracke der Kripo verschwinden.
*
Nachdem Buhle Paul Gerhardts die Tür geöffnet hatte, betrat zum ersten Mal jemand anders als er selbst seine Wohnung. Nicht einmal einen Handwerker hatte er in den zweieinhalb Jahren seit dem Einzug in die damals frisch renovierte Zwei-Zimmer-Wohnung hineinlassen müssen. Merkwürdigerweise machte es ihm jetzt gar nichts aus, dass sein Kollege die Wohnung betrat.
»Komm ruhig mit in die Küche, Paul. Darf ich dir einen Kaffee anbieten?« Er spürte Gerhardts’ überraschten, prüfenden, aber auch etwas erleichterten Blick, während er die Pads für die Kaffeemaschine aus dem Schrank nahm. »Wie haben die Kollegen meine Abberufung aufgenommen?«
»Sie sind sauer. Mich hat wüste Beschimpfungen von sich gegeben, Niko hat sich sofort in die Arbeit gestürzt, um diese Luxemburgerin zu durchleuchten, und ich hätte nicht gedacht, dass unsere liebe Nicole jemals so ein böses Funkeln in ihren hübschen Augen haben könnte. Großmann hat sich die zwei Tage versteckt, Grehler war stinksauer, und die ›Hauptmann‹ hat sich ganz lieb und nett bei mir erkundigt, ob ich auch ohne dich zurechtkomme. Keiner von uns glaubt, was diese Madame Glesener behauptet hat, und jeder wird alles tun, um dich zu entlasten. Und offensichtlich bemüht sich der Chef intensiv um unsere luxemburgischen Kollegen.«
»Das tut gut zu hören, Paul.« Buhle war wirklich angenehm berührt. So viel Solidarität hatte er nicht erwartet.
»Und du hast also meinen Rat befolgt und die schöne Hansestadt und die alte Freundin besucht. Hatte ich auch davon gesprochen, dass du eine neue Freundin mitnehmen solltest?«
»Das hat sich so ergeben. Und ich glaube, es war für uns beide gut so.« Buhle hatte den leichten kritischen Unterton bei Gerhardts nicht überhört und versicherte: »Natürlich habe ich mich korrekt verhalten. Du brauchst also nichts zu befürchten.«
»Das tue ich auch nicht. Ich bin mit Frau Steyn so verblieben, dass deine Teilnahme an dem Gespräch vorerst unter uns bleibt. Wir brauchen nicht noch mehr Unruhe in der Dienststelle.« Buhle nickte zustimmend. »Gut. Frau Steyn hat mir die Liste von Marion Reens übergeben. Wir sind schon dabei, die Namen durchzuchecken. Es sind ganz schön viele.«
»Ja, Thomas Steyn muss früher wirklich ein Ekel gewesen sein. Vielleicht ist tatsächlich noch eine alte Rechnung offen. Was haben die Zeitungen zwischenzeitlich berichtet? Die Landesnachrichten haben es sich ja gestern Abend nicht nehmen lassen, meinen Rückzug aus der Soko zu verkünden.«
»Ja, aber ich finde, das hat Monz ganz gut hingekriegt. Auch wenn die MoZ danach natürlich wild spekuliert hat. Ansonsten sind wir nicht wirklich weitergekommen. Das Foto von Steyn mit der Prostituierten ist
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