Tod im Moseltal
Wochenende mit seiner Freundin in Köln verbrachte, die ganze Soko, wie die Kleider der Toten gekauft worden waren. In einem Kaufhaus in Metz hatte sich die Verkäuferin an einen Mann erinnert, der gezielt nach bestimmten Kleidungsstücken gesucht hatte. Als eine Bluse, die er unbedingt haben wollte, nicht da war, wurde er fast ungehalten und suchte so lange danach, bis er sie tatsächlich an einem ganz anderen Ständer fand. Der Verkäuferin kam es damals vor, als ob sich der Kunde sicher gewesen sei, dass die Bluse da sein müsse. Noch kurioser war allerdings: Genau die gleichen Sachen waren eine halbe Stunde zuvor an einer anderen Kasse schon einmal gekauft worden. Mitarbeiter des Kaufhauses hatten das festgestellt, als sie Datum und Uhrzeit des Kaufs rekonstruieren wollten. Die Kassiererin konnte sich nur noch ungenau erinnern, meinte aber, es hätte sich eher um eine Käuferin gehandelt.
An einen Mann, der sich solche Sachen aussuchen würde, hätte sie sich bestimmt erinnert. Die Einkäufe erfolgten dreieinhalb Wochen vor dem Mord.
»Das ist ja wohl ganz klar kein Zufall.« Reuter schien immer zufriedener mit der Entwicklung des Falles.
»Nein, Mich, das glaube ich auch nicht.«
Seit auch Gerhardts an der spontan entstandenen Teamsitzung teilnahm, hatte sich Buhle merklich zurückgenommen. Er hatte nicht vor, seinem Freund die Leitungsfunktion der Soko streitig zu machen. Zumal er seine Rückschlüsse uneingeschränkt teilte.
Gerhardts fuhr fort: »Wenn wir die Ergebnisse der letzten drei Tage zusammenfassen, haben wir ausreichend Indizien für einen völlig neuen Ermittlungsansatz. Wir haben Zeugenaussagen dafür, dass Thomas Steyn in jungen Jahren seine Mitschüler grausam ge-mobbt hat. Damit hat er diesen Menschen genügend Gründe geliefert, ihn zu hassen. Wir hätten ein Motiv. Offen ist, warum die Rache erst nach fast zwanzig Jahren realisiert wurde. Aus dem Kreis der am heftigsten von Steyn drangsalierten Mitschüler haben wir mit Dennis Mazzomaid und Matthias Ährenberg zwei Personen, die am ehesten in Frage kämen. Beide wohnen nicht weit weg von Trier. Mazzomaid ist angeblich seit kurz vor dem Mord im Urlaub, könnte also genauso gut auch untergetaucht sein. Ährenberg haben wir. So langsam dürfte er auch vernehmungsfähig sein. Es muss sich dringend jemand von uns um ihn kümmern. Für Mazzomaid spricht dessen Nähe zu Frankreich und Belgien. Auch da sollten die französischen Kollegen gebeten werden, ihn zu suchen. Wir haben ja das Modell des Wohnmobils und das Kennzeichen.«
Er strich sich mit der Hand den Nacken und dachte einen Moment nach. »Gehen wir davon aus, dass Thomas Steyn nicht der Täter, sondern das Opfer einer Intrige ist, muss die Tat unglaublich sorgfältig geplant und durchgeführt worden sein. Der Täter muss in Trier, Belgien und vielleicht in Frankreich unterwegs gewesen sein. Da muss es Spuren geben.«
Gerhardts schwieg kurz und sah in die Runde der Kollegen. Als keiner etwas sagte, fuhr er fort: »Was spricht für die Theorie einer Intrige? Zum Beispiel die Unstimmigkeiten bei den Fingerabdrücken, die verschwundene Bettwäsche, nicht begründbare Promillewerte bei Steyn und dem Opfer, der nicht stimmige Mageninhalt der Toten … Was haben wir noch?«
»Das Auto nachts vor der Tür und die Erde aus dem Reifenprofil.«
»Danke, Mich. Alles Kleinigkeiten, die wir bei der Annahme einer inszenierten Tat vielleicht logischer begründen können, als wenn wir von Steyn als Täter ausgehen. Dazu kommt der doppelte Kleidungskauf in Metz. Nur …«, Gerhardts machte eine kleine Pause und sprach dann leise weiter, »… nur müssen wir dann nicht auch in Betracht ziehen, dass die Geschichte von Thomas Steyn wahr ist? Marion Reens hat aber ein Alibi.«
»Unser Problem ist doch, dass unsere Beweise sich momentan noch in beide Ermittlungsrichtungen drehen und wenden lassen, je nachdem, wie man es will. Wir brauchen mehr handfeste Fakten, um vor Gericht bestehen zu können.« Reuter schien einen regelrechten Aktivitätsschub bekommen zu haben. »Es gibt ja noch eine weitere Möglichkeit: Thomas Steyn hat die Frau nicht getötet, hatte aber doch mit dem Opfer am Abend vorher ein Date. Er hat die Geschichte mit seiner Schulfreundin aus der Angst heraus erfunden, seine Unschuld würde ihm sonst niemand abnehmen. Womit er nicht unbedingt falschliegt.«
»Du meinst, wenn wir Steyn mitteilen, dass es möglicherweise andere Spuren gibt, aber seine Geschichte mit Marion Reens nicht
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