Tod im Moseltal
Marie gegenüber seinen Unmut bezüglich des gerade erst begonnenen Telefonats zu verhehlen. »Ist wer gestorben, braucht ihr Geld, oder warum ruft ihr an?«
Marie zählte langsam die kompletten Geburtsdaten ihrer Kinder durch, bevor sie antwortete: »Ja, es ist etwas Schlimmes passiert. Ist Juliette jetzt da oder nicht?«
»Ist etwas mit den Kindern?«
»Nein, denen geht es gut. Ich werde wohl gleich vorbeikommen. Kann ich jetzt bitte deine Frau sprechen?«
Marie hörte ihren Schwiegervater mit dem mobilen Telefon durch das Haus gehen. Da er nicht rief, wusste er wohl genau, wo seine Frau sich aufhielt. Nach einiger Zeit vernahm sie in der Ferne ein missmutiges »Marie«, dann hatte sie Juliette von Steyn am Apparat.
»Hallo, Marie, mein Liebes, ist etwas geschehen?«
»Ja.« Jetzt wo Marie die ehrlich besorgte Stimme ihrer Schwiegermutter hörte, kamen ihr fast die Tränen. Die Nachricht würde ein heftiger Schock für sie sein. Marie suchte nach den richtigen Worten. »Dein Sohn ist in eine schlimme Sache hineingeraten. Er ist aber okay. Am besten komme ich gleich vorbei und erzähle euch alles, aber ich habe vorher noch eine Bitte: Könntest du für einige Zeit die Kinder übernehmen?«
»Wo sind die beiden jetzt?«
»Sie sind in Metz bei Rosalie.«
»Wie lange sollen sie da noch bleiben?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht ein bis zwei Tage.«
»Gut, wenn du willst, kann ich sie dort auch abholen. Sag nur, was ich tun soll.«
Marie konnte keinen Ton mehr herausbringen. Die Tränen hatten sich wie eine Decke über ihre Stimme gelegt. Ihr Verhältnis zu ihren Schwiegereltern war schon immer überschattet gewesen von dem ungelösten Vater-Sohn-Konflikt zwischen Tom und Philipp. Marie hatte nie eine Chance gehabt. Juliette von Steyn war hingegen eine warmherzige, großzügige Frau, die nur nie gelernt hatte, sich gegenüber ihrem Mann zu behaupten. Sie hatte viel von der Güte ihrer Mutter, Claudille Laurant, geerbt, die Marie als ihre beste Freundin bezeichnete und regelmäßig im luxemburgischen Berdorf besuchte. Jetzt war sie dankbar und erleichtert, dass sie sich ihrer Hilfe sicher sein konnte.
»Sag nichts, mein Kind. Ich komme zu euch, das ist bestimmt einfacher.«
Marie schluckte schwer. »Juliette, das geht jetzt nicht. Ich …« Erst jetzt fiel ihr ein, dass der Alfa von Pierre noch in Avelsbach stand. »Ich leih mir ein Auto von einem Freund und bin in einer halben Stunde bei euch. Mach dir keine Sorgen, wir sind alle gesund.«
Sie wusste, dass der letzte Satz für ihre Schwiegermutter alles andere als eine Beruhigung war. Sie ging zum Kühlschrank, holte die Milchflasche heraus. Das Glas leerte sie fast in einem Zug, sodass ihr von der kalten Milch die Luft wegblieb. Als sie sich wieder gefangen hatte, rief sie nach Peter, der wenige Augenblicke später in der Küchentür stand.
»Kann ich mir dein Auto ausleihen? Ich fahre gleich rüber nach Trierweiler.«
»Natürlich kannst du es haben. Allerdings war hier am Freitag wieder alles zugeparkt. Es steht in der Agritiusstraße.«
»Meinst du, ich könnte es mir auch in den nächsten Tagen noch mal ausleihen?«
Peter Kasper lächelte und schaute an sich hinunter. »Ich meine, es täte mir nicht schlecht, die Woche zu Fuß zur Arbeit zu gehen, oder? Natürlich kannst du es haben. Es ist vollgetankt und hat TÜV bis nächsten Juni.«
Marie nahm das Angebot mit einem traurigen Lächeln an. In diesem Moment klingelte ihr Handy.
»Klaus Menzel, Frau Steyn, Sie hatten mich angerufen.«
Einen kurzen Augenblick wusste Marie nicht, mit wem sie sprach, dann realisierte sie, dass dies der Rückruf ihres Anwalts war. »Herr Menzel, Entschuldigung, ich war eben etwas orientierungslos. Wir haben ein großes Problem.«
Sie überlegte kurz, wie sie alles in knappe Worte fassen konnte. Dann sagte sie es einfach, wie es war: »Mein Mann Thomas ist verhaftet worden. In unserem Haus ist eine Frau ermordet worden, und er … Nach Meinung der Polizei ist er der Einzige, der als Täter in Frage kommt.«
»Wo befindet sich Ihr Mann jetzt?«
»Ich weiß nicht. Wo bringt man einen Verhafteten denn hin?«
»Gewöhnlich zunächst in die Zentrale Kriminalinspektion, später in eine Justizvollzugsanstalt, also die JVA in Trier-West. Haben Sie den Namen des leitenden Ermittlers?«
»Ja, Christian Buhle. Er hat mir auch eine Telefonnummer gegeben, unter der er zu erreichen ist. Ich hole sie Ihnen gerade, Moment bitte.«
Nachdem Marie die Visitenkarte in der letzten
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