Tod im Moseltal
mehr einhalten können. Das Gäste-WC war übrigens im Gegensatz zum Bad oben blitzblank geputzt, einschließlich der Türen. Aber auch im Bad haben wir keine Spuren von Frauen gefunden, die nicht der Ehefrau oder der Tochter zuzuordnen wären.«
Grehler stutzte kurz und fuhr dann deutlich ernster fort: »Der Alkoholgehalt im Blut von Thomas Steyn war, sagen wir mal, moderat. Wenn wir die lange Zeit berücksichtigen, die er ausnüchtern durfte, hatte er zur Tatzeit vielleicht eins Komma fünf Promille, nicht mehr. Möglich, dass er im alkoholisierten Zustand durchgedreht ist, aber so besoffen, dass er nicht mehr wusste, was er tat, war er definitiv nicht. Ich frage mich auch, wie das mit den drei Weinflaschen übereinkommt. Hätten Steyn und das Opfer den ganzen Wein getrunken, hätten sie beide deutlich höhere Werte aufweisen müssen.«
»Vielleicht hatte er schon am Freitag mit dem Trinken begonnen?« Steffen hatte den Seitenblick seines Chefs vorhin durchaus registriert und versuchte, sich nun ernsthafter am Gespräch zu beteiligen.
Doch Grehler zerschlug diese These. »Kaum. Die Weinreste in den Flaschen waren noch nicht eingetrocknet.«
»Hast du sonst noch Infos für uns, Lutz?« Buhle schaute auf die Uhr. Die Besprechung war wichtig, aber der Polizeipräsident wollte vor dem Mittag noch einen ersten Bericht nach Hause gemailt haben.
»Klar. Die Kleider der Toten waren wenig getragen und frisch gewaschen. Von der Art und den Firmen her würde ich auf Frankreich tippen, vielleicht auch noch Luxemburg. Entsprechende Textilfasern haben wir im Wohnzimmer und im Gästebett gefunden. Merkwürdig ist, dass sie keine Handtasche bei sich hatte. Wir haben alles abgesucht, aber nichts gefunden. Nicole, was machen Frauen ohne Handtaschen?«
Nicole Huth-Balzer musste ihren ersten Tippfehler des Tages korrigieren, der sich bei der Anrede prompt eingeschlichen hatte, bevor sie zögerlich antwortete: »Ehrlich gesagt: Keine Ahnung. Ich besitze so was nicht. Aber normalerweise gehört das wohl dazu, wenn eine Frau ausgeht, stimmt schon.«
»Wir haben jedenfalls nichts gefunden«, fuhr Grehler zufrieden fort, »haben somit auch keine Anhaltspunkte für die Identität der Toten. So, das war es von meiner Seite. Habt ihr auch schon was herausgefunden?« Er blickte etwas herausfordernd in Richtung der Kriminalbeamten.
»Lass das Gefrotzel, Lutz. Was war noch mit der Uhr, und habt ihr ums Haus herum verwertbare Spuren gefunden?« Buhle schätzte Grehler als Fachmann überaus; seine Art, sich hervorzutun, ging ihm aber rasch auf die Nerven. Außerdem »vergaß« er immer etwas, was ihm dann stets noch mal Gelegenheit gab, das Wort zu ergreifen.
»Die Uhr von Herrn Steyn, natürlich. Ihr habt schon richtig beobachtet, dass sie nicht mehr ging. Nach Tims Untersuchungsergebnis könnte sie tatsächlich die Mordzeit angeben. Vielleicht ist sie bei dem finalen Kampf zwischen Täter und Opfer –«
»Lutz, bitte komm zur Sache. Wo ist sie kaputtgegangen?«
Lutz Grehler schaute einen Moment zum leitenden Kommissar. Auch er achtete Buhle als Polizisten, und er wusste genau, wie er ihn nerven konnte. Aber die Besprechung war für ihn bislang gut verlaufen, also wollte er diesmal nicht so sein.
»… zerbrochen sein. Ist sie aber nicht, denn den winzig kleinen Splitter des Uhrglases haben wir neben Steyns Bett gefunden. Eine kleine Delle im Holzrahmen passt leider genau dazu. Vielleicht hat er sich nach dem Mord unkontrolliert ins Bett fallen lassen?«
Eine kleine Pause musste aber doch noch sein.
»Draußen haben wir vom Opfer keine Spur gefunden, auch nicht an Klingel oder Türklinke. Auch keine Einbruchspuren oder sonst etwas Auffälliges. Das Auto von Steyn knöpfen wir uns heute noch mal vor. Zunächst auch hier keine Spuren vom Opfer. Auf dem Weg vor dem Nebeneingang haben wir Erde aus einem Reifenprofil gefunden, das weder zu Steyns Auto passt noch zur Gegend. Es ist ein sehr toniger Boden. Georg Pelzer meint, er könnte aus der Gegend um Bitburg stammen, das Gutland hat teilweise so schwere Böden. Wir werden morgen bei der Uni nachhören, was die Bodenkundler dazu sagen können.«
Buhle beendete die Besprechung nach weiteren zwanzig Minuten. Reuter und Nicole Huth-Balzer hatten noch die spärlichen Ergebnisse der Befragung in der Nachbarschaft mitgeteilt. Zwei Nachbarinnen hatten vor der Tagesschau eine Frau die Baltzstraße hochkommen sehen, konnten aber wegen der Dunkelheit keine genaue Personenbeschreibung abgeben.
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