Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
Vom Netzwerk:
Richtung Sainte-Ruffine. Dort wurde ihr fast der kleine Kreisel am Ortsausgang zum Verhängnis, doch sie schaffte es gerade noch, einen alten Citroën zu schneiden und vor ihm den Kreisel wieder zu verlassen. Nach dem entsetzten Gesichtsausdruck des greisen Fahrers zu urteilen, konnte das gut seine letzte Fahrt gewesen sein. Vor der N3 nach Paris musste sie scharf bremsen, um noch rechtzeitig vor den vorfahrtberechtigten Autos zum Halten zu kommen.
    Ängstlich schaute sie in den Rückspiegel. Sie konnte die Straße nur bis zur hinter ihr liegenden Kurve einsehen. Sie war leer, noch. Endlich, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, öffnete sich eine Lücke in der Autoschlange der Nationalstraße. Sie blickte noch einmal in den Rückspiegel, als gerade der alte Citroën praktisch im Schritttempo um die Kurve kam. Sie kreuzte die N3 und fuhr nun mit angemessener Geschwindigkeit in den Ort Rozéneulles ein. In einer der hangparallelen Seitenstraßen hielt sie am Rand und wartete.
    Ihre Finger hatten sich so um das Lederlenkrad gekrallt, dass jede Farbe aus ihnen gewichen war. Überhaupt kam es Marie vor, als sei sie völlig blutleer und der strapazierte Herzmuskel treibe mit aller Kraft irgendetwas Eiskaltes durch ihre Adern, das sie frösteln ließ.
    War sie tatsächlich verfolgt worden? Sie hatte nur einen kurzen Augenblick in das vor Schreck verzerrte Gesicht des Mannes hinter dem Steuer des Peugeot geblickt. Sie konnte sich nicht erinnern, diesem Mann schon einmal begegnet zu sein. Hatte sie irgendeinen Anhaltspunkt, wer der Verfolger war? Sie meinte, sich vage an ein luxemburgisches Kennzeichen erinnern zu können. Aber silberne Peugeots gab es in Luxemburg zuhauf. Dennoch, einen Zufall schloss sie aus.
    Wer wollte etwas von ihr? Sie fand keine andere Erklärung, als dass es mit dem Mord in ihrem Haus zusammenhängen musste. Jetzt wollte sie nur zu ihren Kindern.
    Die Reifen quietschten bedenklich, als sie den Alfa Romeo wieder in Bewegung setzte, gefolgt von den vorwurfsvollen Blicken einer Mutter mit ihrem begeisterten Sohn. Auf dem kürzesten Weg fuhr Marie hinunter zur nächsten Nationalstraße, die sie diesmal schnell überfahren konnte, und brauste die Rue de Metz hoch nach Lessy. Der alte Ortskern erwies sich wieder als Nadelöhr, und Marie hätte Paul Mutard mit seinem Trecker auf den Mond schießen können.
    Als sie endlich in die Rue de Plappeville einbog, blieb ihr fast das Herz stehen: Unweit des Hauses ihrer Mutter parkte der Peugeot.
    Das Auto schien leer. Sie zwang sich, langsam daran vorbeizufahren. Es war niemand zu sehen. Die Straße schien wie ausgestorben. Sie blickte zum Grundstück ihrer Mutter, das sich hinter hohen ungeschnittenen Hecken verbarg. In dem Moment wurde die Gartenpforte aufgestoßen, und Nora lief auf den Gehsteig. Als sie ihre Mutter erblickte, blieb sie wie angewurzelt stehen. Dann hellte sich ihr Gesicht auf, und sie rief nach hinten: »Oma! Mattis! Mama ist da.«
    Plötzlich nahm Marie hinter sich eine Bewegung wahr. Aus dem Haus von Frédérique Marsée trat ein Mann, der sich im Gehen von der Hausbesitzerin verabschiedete und zu dem Peugeot trat. Dieser Mann hatte keine Ähnlichkeit mit ihrem Verfolger. Erst jetzt sah sie das französische Kennzeichen und dass am Innenspiegel nichts Grünes baumelte.

10
    Trier, Trierweiler; Mittwoch, 3. November
    Der gestrige Dienstag hatte die Ermittlungen um keine Spur weitergebracht. Buhle und Gerhardts hatten alle Berichte gesammelt, gesichtet und zu einem aktuellen Stand der Ermittlungsakten zusammengefügt. Ein Prozedere, dessen Sinnhaftigkeit nicht in Frage zu stellen war, das aber eine äußerst zeitraubende und weder von Vorgesetzten, Personalbüros oder der Öffentlichkeit gewürdigte Angelegenheit war.
    Der vorläufige Autopsiebericht aus der Rechtsmedizin in Mainz lag vor, ohne dass den Ausführungen von Tim Kordonbowski etwas Nennenswertes hinzugefügt worden war. Die ersten Ergebnisse der DNA-Analyse standen immer noch aus und waren für Donnerstagmorgen angekündigt.
    Auf Thomas Steyns Bürocomputer war nach den ersten Untersuchungen nichts Privates zu entdecken gewesen. Die meisten Daten waren ohnehin auf dem Server der Firma abgelegt. Aber auch dort befand sich nichts Bemerkenswertes. Steffen sollte in der Firma zusammen mit einem Spezialisten der Spurensicherung nach weiteren Hinweisen in der EDV suchen. Karl-Josef Seckerath, Steyns Chef, hatte zur Unterstützung eigens den externen Administrator der Firma nach Trier beordert.

Weitere Kostenlose Bücher