Tod im Moseltal
kamen in dem Moment aus der Schule, als der Fahrer eines Abschleppwagens die Seilwinde am Golf von Peter Kasper befestigen wollte.
»Stopp!« Marie lief zu dem Wagen. Der in seinem nicht mehr neuen Anzug schwitzende Fahrer des zugeparkten Firmenwagens wollte sich gerade richtig aufregen, als Buhle dazu trat und dem Mann seinen Ausweis vor das puterrote Gesicht hielt.
»Wir sind im Einsatz. Tut mir leid, wenn Sie Unannehmlichkeiten hatten. Aber Sie wissen, dass der Parkplatz für das Lehrerkollegium reserviert ist?«
Marie stieg auf ein Zeichen von Buhle in den Golf und hörte noch den Fahrer des Abschleppwagens sarkastisch fragen: »Soll ich dann besser den anderen Wagen abschleppen, Herr Kommissar?«
»Lassen Sie ihn laufen, für heute zumindest.«
Doch selbst diese ironische Antwort von Buhle konnte ihre Mattigkeit nicht vertreiben.
Als Marie die aufgeschlagenen Seiten von MoZ und LëtzTalk betrachtete, konnte sie einfach nicht glauben, was sie da sah. So ging es also zu, wenn sich ihr Mann auf den Dienstreisen von Arbeit und Familie erholte.
Auf der Titelseite der Mosella-Zeitung stand in großen Lettern: »Das Liebesleben des Mordverdächtigen«. LëtzTalk setzte noch einen drauf: »Orientalische Liebesnächte in Algerien – Bestehen beim Mord in Avelsbach Beziehungen zum arabischen Terrorismus?«
Was Marie auf den Fotos im Innenteil der Zeitungen gezeigt bekam, war einfach nur schrecklich. Obwohl ein dunkler Balken Thomas’ Augen bedeckte, war er für sie und andere, die ihn gut kannten, eindeutig zu identifizieren. Das Foto zeigte ihn in einem arabischen Schlafgemach bei unmissverständlichen Handlungen mit einer nackten nordafrikanischen Frau. Ausgerechnet Algerien, er hatte sie ausgerechtet im Land ihrer Vorfahren betrogen. Auch wenn sie nicht unvorbereitet war, es traf sie tief.
»Sind die Fotos echt?«
»Wir haben das Foto – es handelt sich eigentlich nur um ein Foto in verschieden großen Ausschnitten – digital von den beiden Zeitungen bekommen. Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass es sich um eine Fotomontage handelt. Wir werden das aber noch von Spezialisten im LKA prüfen lassen.«
»Wo haben die das Foto her?«
»Das sagen die Journalisten uns natürlich nicht: Informantenschutz. Da haben wir keine Chance, ranzukommen. Wir können höchstens prüfen, ob wir anhand der Reisedaten Ihres Mannes etwas herausfinden können. Es könnte sich aber auch um ein orientalisch eingerichtetes …«, Buhle schien nach dem richtigen Wort zu suchen, »… Bordell irgendwo auf der Welt handeln.«
»Das glaube ich nicht. Er hatte in letzter Zeit beruflich viel in Algerien zu tun. Die Zeitungen scheinen also richtigzuliegen. Was bedeutet das nun für meinen Mann?«
»Mmh.« Buhle überlegte. »Das allein wird Ihren Mann nicht zum Schuldigen machen, aber es zeichnet sicher auch kein gutes Bild von ihm«, sagte er schließlich.
Er ließ etwas Zeit verstreichen, bevor er mit Bedacht weitersprach: »Frau Steyn, es gibt da noch etwas. Wenn Sie die Seite der MoZ umblättern würden. Da ist auch ein Bild von Ihnen mit einem anderen Mann zu sehen.«
»Bitte was?« Marie glaube, nicht richtig gehört zu haben. Kopfschüttelnd schlug sie die nächste Seite der Mosella-Zeitung auf. Unter der Überschrift »Avelsbach-Mord aus Beziehungsfrust? – Ging auch die Frau des Tatverdächtigen fremd?« beschrieb die Zeitung, dass wohl auch die Ehefrau eine andere Beziehung pflegte. Etwas ironisch wurde am Schluss gefragt: »Oder sucht sie nur Trost bei einem alten Freund?« Der Artikel wäre als Spekulation abzutun gewesen, wenn er nicht durch ein gestochen scharfes Bild von ihr ergänzt worden wäre, wie sie sich vor dem Haus von Peter Kasper in inniger Umarmung von ihm verabschiedete.
»Warum tun die so etwas?« Maries Stimme war tonlos.
»Die Auflage. Was meinen Sie, Frau Steyn, was die MoZ an dem Mord verdient? Wenn der Fall nicht bald geklärt wird, rettet das die Zeitung wieder eine Zeit lang über die Runden. Und die MoZ war noch nie besonders zimperlich.« Buhle räusperte sich leise. »Aber wir müssen Sie natürlich trotzdem fragen, wer der Mann auf dem Foto ist und wie Sie zu ihm stehen.«
Marie sprach ins Leere: »Der Mann ist Peter Kasper. Wie Sie wissen, wohne ich derzeit bei ihm. Das habe ich auch schon getan, bevor ich mit meinem Mann zusammengezogen bin. Er tröstet mich, er versorgt mich, ich schlafe bei ihm im Bett.« Sie hatte ihre Stimme stetig bestimmter werden lassen. »Er ist mein
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