Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
kommentierte der IT-Spezialist der Polizei und rollte dabei mit den Augen. Der Leiter der Mordkommission kam auf ihn zu. «Arne, ich will alles über den Anschlussinhaber wissen, was du elektronisch finden kannst, jeden Tastendruck, jede SMS, alles.«
» Schon klar, Chef, ich bin bereits dabei.«
Ein langer un d schlaksiger Polizeibeamter meldete: »Herr Schweigert, der Mieter dieser Wohnung steht vor der Tür, seine Personalien habe ich bereits aufgenommen.«
» Na, worauf warten Sie noch, bringen Sie ihn rein.« Der Beamte nickte und bat Helge Beiersdorfer in seine eigene Wohnung. Dieser war für einen Mann durchschnittlich groß, leicht übergewichtig, trug eine schwarze Lederjacke und Jeans.
» Darf ich vielleicht mal erfahren, was hier überhaupt los ist?«
» Schweigert, Kripo Oldenburg. Hier, die Kopie des Durchsuchungsbeschlusses ist für Sie.« Helge Beiersdorfer nahm das Schriftstück mit einer Miene an, als wäre er in der Schule, und der Klassenlehrer würde ihm gerade mitteilen, dass er nicht versetzt würde.
» Ich verstehe das nicht, warum wird meine Wohnung durchsucht?«
» Herr Beiersdorfer, wir ermitteln in einem Tötungsdelikt an der Studentin Elena Wagner.« Paul zeigte ihm ein Foto der Getöteten.
» Kennen Sie das Mädchen?«
Der B WL-Student sah sich das Foto an, das gemacht wurde, als Elena noch lebte, und schüttelte den Kopf. »Nein, nie gesehen.«
» Sind Sie im Internet, genauer gesagt, im Chat, mit dem Nickname ‚MrJudge‘ unterwegs?«
» Nein.«
» Über Ihren WLAN-Router hat sich aber jemand mit diesem Namen eingeloggt, wie erklären Sie sich das?«
» Keine Ahnung, Matthias benutzt auch diesen Zugang.«
» Herr Beiersdorfer. Wo waren Sie in der Nacht von Samstag, den 4. Februar auf den 5. Februar, zwischen 22.00 Uhr und 2.00 Uhr nachts?«
» Zu Hause, bei meinen Eltern in Aurich. Meine Mutter liegt dort seit zwei Monaten im Krankenhaus. Während dieser Zeit bin ich am Wochenende immer nach Ostfriesland gefahren.«
Paul Schweigert holte tief Luft , stieß sie dann ganz langsam wieder aus, überlegte und flüsterte Lisbeth was ins Ohr. Sie wandte sich an die beiden Studenten.
» Sie kommen bitte beide zur Zeugenvernehmung mit in die Polizeiinspektion. Wir benötigen Ihre Aussagen.«
Paul Schweigert hatte überhaupt keine Lust auf das Gespräch beim Oberstaatsanwalt. Er würde keinerlei Antworten bieten können , und dieser würde ihm neue Fragen stellen.
***
»Was soll das heißen, der kann es nicht gewesen sein?«, raunzte Oberstaatsanwalt Rentz den Leiter der ‚Soko Schlosspark‘ in einer Lautstärke an, dass man es auch im Nachbarzimmer hören konnte, obwohl die Türen geschlossen waren. Der durchtrainierte Jurist war aus seinem Ledersessel aufgesprungen, sah mit geröteten Wangen auf den sitzenden Paul Schweigert herab. Diese eigentümliche Gesichtsfarbe hatte er stets, wenn er besonders schlecht gelaunt war. Manchmal lagen die Gründe, wie Paul vermutete, im Privatleben von Kai Rentz, manchmal aber auch im Beruflichen.
» Er war zum fraglichen Zeitpunkt bei seinen Eltern in Aurich und hat somit ein lupenreines…«, weiter kam er nicht.
» …Alibi, schon klar, vielleicht erzählen Sie mir mal zur Abwechslung was Neues?« Oberstaatsanwalt Rentz zeigte mit ausgestrecktem Arm und erhobenem Zeigefinger Richtung Fenster. »Richter Leitz, der den Durchsuchungsbeschluss auf dem kurzen Dienstweg unterschrieb, lacht mich aus, wenn ich ihm das erkläre.«
» Herr Rentz, wir…«
» Ach, hören Sie doch auf. Darf ich mal kurz aufzählen, was Sie bisher erreicht haben? Wir haben eine Leiche, ein junges Mädchen, keine Tatwaffe, keine brauchbaren Spuren, nicht mal einen Verdächtigen. Keiner hat irgendetwas gesehen. Wir haben nichts, kein Motiv, gar nichts! Wir wissen noch nicht einmal, nach wem wir eigentlich fahnden müssen. Wissen wir wenigstens, ob es sich um einen oder mehrere Täter handelt? « Paul Schweigert fuhr sich verlegen mit der Innenfläche seiner rechten Hand über Kinn und Mund.
» Nein, nicht mit Sicherheit.«
» Nicht mit Sicherheit? Was wissen wir denn aus dem Privatleben der Toten? Freunde, Familie, Kommilitonen? Welche Hobbys hatte sie? Hatte sie Feinde, Neiderinnen? Gab es Eifersüchteleien? Wer könnte ein Interesse daran gehabt haben, sie zu ermorden? Oder könnte es eine Affekthandlung, also Totschlag, gewesen sein?« Seine Halsschlagader pumpte wie nach einem Marathonlauf. Seine Gesichtshaut hatte eine noch intensivere Rotfärbung
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