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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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auf, und noch immer gingen ihm dieselben Gedanken durch den Kopf.
    »Ein schöner Tag heute«, sagte Teresa, während sie das Fenster öffnete und die Läden aufklappte. Die Morgensonne erfüllte das Zimmer, und mit ihr strömte der Duft von Lorbeer aus dem Boboli-Garten herein. Der Knoten in der Brust des Wachtmeisters zog sich immer mehr zusammen.
    »Wo ist es gestohlen worden? Wo haben Sie es stehen lassen?«
    »Direkt vor dem Haus in der Via del Leone. Die Kette lag um das Rad, aber es war nicht an einer Stange oder etwas Ähnlichem angeschlossen. Ich könnte mich ohrfeigen. Sonst habe ich es immer die drei Stockwerke bis in die Wohnung hinaufgetragen, aber gestern abend nach dem Kino war ich so müde, daß ich dachte, wer wird schon ein Rad wie meines stehlen? Es ist eines von diesen kleinen Dingern, und ich habe es gebraucht gekauft, es kann also nicht viel mehr wert sein als der Preis einer Mahlzeit.«
    »Der Preis für einen Schuß, vielleicht.«
    »Vermutlich. Aber ich sollte Ihre kostbare Zeit nicht länger beanspruchen.«
    Sie war jung, wahrscheinlich eine Studentin. Sah auch ganz hübsch aus, doch das war nicht der Grund, weshalb er zuließ, daß sie seine kostbare Zeit in Anspruch nahm. Im Wartezimmer saßen die Leute mit ihren typischen Montagmorgengeschichten – gestohlene Fahrräder, Mopeds, Autos und kleinere Einbrüche am Wochenende. Dazu kamen die Touristen, die deprimiert den Diebstahl von Handtaschen und Fotoapparaten und den Verlust von Reisepässen meldeten. Und es war seine Art, diesen Leuten alle Aufmerksamkeit der Welt zu schenken.
    »Haben Sie bei den vigili nachgefragt?«
    Die schleppten nicht nur Autos aus Straßen ab, wo nachts die Müllabfuhr entlangkam, sondern entfernten manchmal auch Fahrräder.
    »Ja. In unserer Straße kommt die Müllabfuhr dienstags, aber ich habe trotzdem angerufen. In der Via del Leone haben sie gestern nacht angeblich nichts weggenommen.«
    Lorenzini klopfte an der Tür und trat ein.
    »Entschuldigung, Herr Wachtmeister, aber glauben Sie nicht auch, daß ich mich mit den beiden Deutschen befassen sollte? Ihr Flugzeug geht um drei Uhr nachmittag, und sie müssen vorher noch zum Konsulat, um sich provisorische Ausweise ausstellen zu lassen…«
    »Na schön.«
    »Ich könnte die Leute hier abfertigen, wenn Sie…«
    »Nein, nein… nur die beiden Deutschen. Um die anderen kümmere ich mich. Also, Signorina, kennen Sie zufällig die Rahmennummer?«
    Lorenzini warf beim Hinausgehen einen verwunderten Blick über die Schulter, aber dem Wachtmeister war das egal. Er tat schließlich nur seine Arbeit. Das hier war sein Job, und nicht in der Farce mitspielen, die im Palazzo Ulderighi aufgeführt wurde. Seine Chance, dort ernsthafte Ermittlungen anstellen zu können, war etwa so groß wie seine Chance, das Fahrrad des Mädchens zu finden.
    »Wissen Sie, was eine Rahmennummer ist?«
    »Schon, aber ich kenne sie nicht. Ehrlich gesagt – ich weiß, daß ich von Ihnen nicht erwarten kann, daß Sie losgehen und nach dem Fahrrad suchen, aber als ich sah, daß es geklaut war und daß ich meine Vorlesung verpassen würde, bin ich vor lauter Wut losgelaufen und habe wie blöd danach gesucht. Also, irgendwo muß es ja sein. Und ich habe mir gedacht: Wenn irgend jemand auf diesem Fahrrad an mir vorbeiradelt, dann kann er was erleben. Ich habe sogar gedacht, vielleicht sehe ich es irgendwo abgestellt und dann nehme ich es mir einfach, man kann ja nie wissen. Dann fiel mir ein, daß ein Freund von mir das einmal gemacht hat, nachdem man sein Moped geklaut hatte, allerdings stellte sich dann heraus, daß das gefundene Moped nicht seins war, es sah nur so aus. Natürlich wurde er von dem Besitzer erwischt und dann festgenommen. Er hatte den Diebstahl seines Mopeds nicht gemeldet, weil er es als Zeitverschwendung betrachtet hätte, und er verbrachte zwei Nächte im Gefängnis, ehe die Sache aufgeklärt wurde. Also, jetzt habe ich Ihnen alles erzählt. Wenn Sie hören, daß ich verhaftet worden bin, weil ich ein kleines orangefarbenes Fahrrad gestohlen habe, dann können Sie mich ja aus dem Gefängnis holen.«
    Sie stand lächelnd auf und klemmte sich ihre Bücher unter den Arm. »War nett von Ihnen, daß Sie mir zugehört haben. Ich kann gar nicht sagen, wie wütend ich war, vor allem weil es so wenig wert ist. Ich meine, sollten die Armen nicht lieber bei den Reichen stehlen oder so? Na ja, ich werde mir wohl wieder ein gebrauchtes suchen müssen.«
    Der Wachtmeister stand auf und

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