Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
Vom Netzwerk:
eigenständige Person gewesen sein, zumindest für seine Angestellten.
    »Ich hab's nicht so gemeint!«
    Der arme Gino fühlte sich angesichts der Wortkargheit des Wachtmeisters schon wieder zurückgewiesen und verzog sich.
    »Doktor Martelli? Ich störe, wie ich sehe. Verzeihen Sie.«
    »Macht nichts. Sie müssen der Wachtmeister sein, der…«
    »Guarnaccia. Ganz recht. Ich werde Sie nicht lange aufhalten.« Er hatte sie bei ihrer Siesta gestört, das war offensichtlich. Ihr Gesicht war schlafgerötet, die Wangen zerknittert, und mit der einen Hand knöpfte sie ihre Bluse zu, während sie mit der anderen die Tür aufhielt. Sie war um die Vierzig und mit ihrem dichten braunen Lockenkopf noch immer hübsch.
    »Kommen Sie rein.«
    Noch immer hübsch, aber unverheiratet, dachte der Wachtmeister, während er, die Uniformmütze in der Hand, einen geschmackvollen und sauberen Salon betrat und sich umsah. Durch ein hohes Fenster, vor dem ein blasses Seidenrollo hing, fiel gedämpftes Sonnenlicht.
    »Bitte entschuldigen Sie mich, aber ich muß mir erst einen Kaffee machen, sonst bekommen Sie kein vernünftiges Wort aus mir heraus. Wollen Sie auch einen?«
    »Nein. Danke nein. Ich habe gegenüber gerade einen getrunken.«
    »Setzen Sie sich doch.«
    Er setzte sich behutsam auf den Rand eines zartgrünen Sofas, legte seine Mütze neben sich, nahm sie dann wieder in die Hände und legte sie auf die Knie. Während die Frau in der Küche hantierte, nutzte er die Gelegenheit, sich ausführlich umzusehen. Alles sehr schön, dachte er. Ein paar Antiquitäten, ein paar hochmoderne Sachen, jede Menge Bücher. Aber zuviel Krimskrams… diese riesigen Vasen und das Messingzeugs und die Schächtelchen… bei der kleinsten Bewegung würde man etwas umstoßen… Der Wachtmeister saß völlig reglos da, während er seine Augen wandern ließ. Er hörte, daß Gas angezündet wurde, und dann sah sie um die Tür.
    »Sie wollen ganz bestimmt keinen Kaffee?«
    »Nein, nein…«
    Sie brachte ein kleines Tablett, auf dem eine silberne Zuckerdose und eine hübsch bemalte Kaffeetasse standen.
    »Ich sehe, Sie sind fasziniert von der Sammlung meines Vaters. Sie mögen Porzellan? Ich muß gestehen, mir selbst bedeutet es nicht so viel, aber da ich sie geerbt habe, würde ich mich ziemlich schäbig fühlen, wenn ich sie verkaufen würde. Die Leute drängen mich andauernd, die Sammlung richtig schätzen zu lassen und zu versichern, aber Sie wissen ja, wie es mit solchen Dingen ist…«
    »Natürlich.«
    Er wußte nicht genau, wovon sie eigentlich sprach, und obwohl ihre Stimme noch immer etwas verschlafen klang, fiel ihm auf, daß die Röte aus ihrem Gesicht verschwunden war und sie jetzt blasser und älter aussah als im ersten Moment.
    »Der Kaffee ist fertig, ich bin gleich wieder da.«
    Sie bewegte sich rasch, energisch. Er konnte sie sich mit wehendem weißen Kittel auf einem Krankenhausflur vorstellen, wenngleich er wußte, daß sie eine eigene Praxis als Allgemeinärztin hatte.
    »Montag ist immer ein so anstrengender Tag für mich.«
    Sie setzte sich ihm gegenüber in einen großen weißen Leinensessel und schenkte sich den Kaffee ein. »Im Krankenhaus habe ich das nie gemacht, aber da war jeder Tag eine einzige Strapaze. Meine Tätigkeit als Allgemeinärztin ist weder ehrgeizig noch aufregend, aber zumindest bleibt mir Zeit für Einkäufe! Das tut gut, ich glaube, ich bin jetzt wach – auch wenn ich nicht weiß, wie ich Ihnen helfen kann. Ich vermute, es war Selbstmord.«
    »Das oder ein Unfall.«
    »Hm. Na ja, die Leute tun merkwürdige Dinge, und nichts ist unmöglich, aber es ist doch wohl mitten in der Nacht passiert?«
    »Das gehört zu den Dingen, die ich herausfinden muß. Das und ob es Selbstmord war. Die Versicherung, Sie verstehen…«
    »Natürlich. Tja, ich habe Lärm gehört, aber es ist etwas vage, also wird es Ihnen nicht viel helfen.«
    »Um wieviel Uhr?«
    Der Wachtmeister holte sein schwarzes Notizbuch aus der Brusttasche. Schreib es auf. Ganz egal. Das sind die Spielregeln.
    »Wenn Sie sich erinnern könnten…«
    »O ja, ich glaube, es war gegen halb drei.«
    »So sicher?«
    »Nichts Merkwürdiges dabei. Ich schlafe nicht besonders gut, daher nehme ich oft eine Beruhigungstablette. Ich versuche, bei einer halben Tablette zu bleiben, aber oft muß ich nachts die andere Hälfte nehmen. Ich muß aufpassen, daß es nicht zu spät ist, sonst bin ich morgens ganz groggy, wenn ich aufstehe… bei meiner Arbeit nicht unbedingt

Weitere Kostenlose Bücher