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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Täfelung.
    »Ich verstehe«, sagte der Wachtmeister. So große Häuser verfügen üblicherweise über eine Dienstbotentür in einer stillen Ecke, versteckt von einem Fresko und ein gutes Stück von der richtigen Eingangstür entfernt. Diese winzig kleinen Türen führten zu einem separaten Hintereingang, so daß man die Hausangestellten, außer wenn es wirklich nicht zu vermeiden war, nicht zu sehen bekam. »Haben alle Zimmer, die auf den Hof hinausgehen, Dienstbotentüren?«
    »Ich glaube nicht. Nur auf dieser Seite, damit Grillo von seinem Kabuff in das Jagdzimmer nebenan gelangen kann. Er hat ganz bestimmt gelauscht.«
    »Wohin kann er sonst noch?«
    »Auf die Straße hinaus, durch den Eingang im alten Turm, und natürlich auf den Turm, um nach Neri zu sehen. Vermutlich auch in die Wohnung der Ulderighi. Es muß irgendwo eine Tür geben, die den neuen Teil des Gebäudes mit dem Turm verbindet.«
    »Ja… die gibt es wirklich.«
    Der Wachtmeister erinnerte sich an seinen ersten Besuch »da oben«, die Portiersfrau war mit der Medizin zurückgekommen.
    Die vielen Stufen… Sie hatte nicht die Haupttreppe benutzt, sondern einen Hinteraufgang. Der Wachtmeister blickte ernst, gedankenverloren.
    »Glauben Sie, daß dieses Scheusal mir gefährlich wird?« William machte keine Späße mehr.
    Der Wachtmeister stand unbeweglich da, den Blick in die Weite gerichtet, stumm.
    »Ja?«
    Der Wachtmeister schwieg noch immer. Er drehte sich langsam um, richtete seine Mütze und öffnete die Tür.
    »Tja, wenn ich so groß wie Sie wäre und Uniform tragen würde…«
    Williams Stimme folgte ihm leise über den musikerfüllten Hof. Diesmal war es Ballettmusik, und eine Frau, die mit einem spitzen Gegenstand den Takt klopfte und dazu mit ungeduldiger Stimme rief: »Glissade – assemblé – glissade – assemblé – glissade jeté – temps levépas de bourrée! Glissade – assemblé – Glissade – assemblé…«
    »Herr Wachtmeister…«
    Erst als er den Knopf drückte, um das Tor aufspringen zu lassen, murmelte er: »Nein, nein… ich glaube nicht, daß Sie in Gefahr sind… denn er ist es auch nicht.«
    Und damit war er verschwunden.
    »Herr Wachtmeister…!?«
    Er sah Lorenzini stirnrunzelnd an, versuchte angestrengt, sich an die Frage zu erinnern. Das Gesicht des jungen Beamten ließ erkennen, daß er schon einige Zeit auf eine Antwort wartete. Da er nicht mehr wußte, was er gefragt worden war, stand er auf und folgte Lorenzini in das Wartezimmer hinaus, in der Annahme, daß es dort etwas für ihn zu sehen gab. Der kleine Raum mit dem marmorgefliesten Fußboden und den ordentlich hingestellten Ledersesseln war leer. Die Zeitschriften auf dem niedrigen Tisch lagen militärisch exakt da. Eine Antwort war hier nicht zu finden.
    »Sie werden also hingehen?«
    Lorenzini wirkte etwas unsicher. »Die beiden Jungs auf Patrouille sind für diese Sache zu jung. Sie sind der einzige, der…«
    »Ja.«
    Jetzt fiel es ihm wieder ein. Er knöpfte sich die Uniformjacke zu und holte die Sonnenbrille aus der Tasche. »Ruf die Jungs zurück.«
    »Ich dachte, sie sollten bleiben. Die Frau bestand darauf…«
    »Ruf sie zurück. Und du bleibst hier! Wenn ich zurückkomme, möchte ich etwas mit dir bereden.«
    Er zog die schwere Tür hinter sich zu und stapfte die Treppe hinunter.
    Es war zwar praktisch gegenüber, aber wenn Lorenzini ihm die Adresse gegeben hatte, so war sie ihm inzwischen entfallen, und er konnte von Glück reden, daß die beiden jungen Beamten, die er zurückbeordert hatte, gerade das Haus auf der gegenüberliegenden Seite der Piazza verließen, während er den leicht abschüssigen Parkplatz herunterkam. Er ging ihnen entgegen. Einer von ihnen tupfte sich mit einem Taschentuch die linke Hand.
    »Was ist denn mit dir passiert?«
    »Eine von ihnen hat mich gekratzt, als ich verhindern wollte, daß sie auf die alte Frau losgeht. Mein Gott, ich hab immer gedacht, am schlimmsten sind Ehestreitigkeiten.«
    »Desinfizier es sofort«, sagte der Wachtmeister.
    Die beiden stiefelten weiter den Vorplatz hinauf, ihrem Erstaunen und ihrer Empörung Ausdruck gebend. Der Wachtmeister drückte auf eine Klingel und betrat ein dunkles, schmales Treppenhaus. Er stieg hoch, der lautstarken Auseinandersetzung entgegen.
    Es dauerte nur wenige Minuten, bis er die Ruhe wiederhergestellt und die Beteiligten nachdrücklich aufgefordert hatte, sich hinzusetzen und sitzen zu bleiben. Die beiden schwarzgekleideten Frauen hatten zorngerötete Gesichter.

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