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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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werde viele Kinder haben, acht oder neun. Wieviel Kinder haben Sie?«
    »Zwei.«
    »Das ist nicht sehr viel. Warum haben Sie Ihre Mütze auf die Knie gelegt?«
    »Weil es nicht höflich ist, sie aufzubehalten, wenn man bei jemand zu Besuch ist.«
    »Sie könnten sie aufhängen«, schlug sie vor. Dann, nach einem verstohlenen Blick auf die Flamme über dem Schirm, verlor sie das Interesse an seiner Kopfbedeckung. Sie sah über die Rückenlehne des Sofas zu einer mächtigen vergoldeten Uhr, die, getragen von mehreren Figuren, auf einem langen Eichentisch stand.
    »Tante Fiorenza kommt nie vor Punkt fünf aus ihrem Zimmer. Sie steckt vorher ihr Haar hoch und lackiert sich die Fingernägel, was man aber nicht sehen kann, weil es keine richtige Farbe ist. Wenn ich mir die Nägel lackieren dürfte, würde ich rot oder hellrot nehmen. Das wäre doch viel besser, stimmt's?«
    »Vermutlich.«
    »Aber ich darf nicht. Ich darf nicht einmal zu Tante Fiorenza ins Schlafzimmer und zusehen. Sie sagt immer ›Das tut man nicht‹ und damit basta. Sie schenkt mir aber immer Plätzchen.«
    »Das ist aber nett von ihr.«
    »Zuerst mache ich meine Hausaufgaben, und dann, wenn sie aus ihrem Zimmer kommt, klingelt sie, und dann gibt es Tee und Kuchen.«
    »Heute machst du keine Hausaufgaben?«
    »Weil ich mit Ihnen rede. Ich muß Italienisch und Mathe machen. Sind Sie gut in Rechnen?«
    »Nicht besonders.«
    Seine Bemühungen hatten seinen Söhnen meist Schwierigkeiten beschert.
    »Ich auch nicht.«
    Sie streckte jetzt beide Beine aus, bis sie fast lag. »Nächstes Jahr, im dritten Kurs, ist Spitzentanz dran. Ich möchte mir schon jetzt Schuhe kaufen, aber ich darf nicht, weil ich mich vielleicht verletzen könnte.«
    »Na, das ist wohl ganz vernünftig. Du möchtest doch auch nicht, daß du dich verletzt.«
    »Mir ist es egal. Am liebsten würde ich die Schuhe sofort haben. Man kann sich die Füße oder das Knie brechen. Francesca, ein Mädchen aus dem Fortgeschrittenenkurs, hat sich das Knie verletzt. Es trat richtig raus.«
    »Wirklich?«
    Der Wachtmeister verzog die Stirn bei dieser schmerzhaften Vorstellung.
    »Ja. Sie machte gerade eine Pirouette und hielt das Knie nicht gerade. Man muß es gerade halten. Sie knickte seitlich weg, und das Knie trat heraus, und sie drückte es selbst wieder ein, mußte aber trotzdem ins Krankenhaus. Ich kann Pirouetten. Soll ich mal eine für Sie machen, während Sie warten?«
    »Nein!… ich… nein.«
    Beim Anblick des glatten Marmorfußbodens machte ihm der Gedanke an heraustretende Knie ziemliche Angst. »Ich glaube, wir sollten ruhig sitzen bleiben. Es ist schon fast fünf.«
    Fiorenza fand das offenbar vernünftig, denn sie beschloß, wieder ihre ausgestreckten Füße zu betrachten. Der Wachtmeister sah sie an. Sie wirkte so klein und zart – aber schließlich war er kleine Mädchen nicht gewöhnt. Ihr blondes Haar war zu einem Zopf geflochten und hochgesteckt, und aus der Mitte guckte ein türkisfarbenes Band heraus. Die Augen waren haselnußbraun und die Nase war leicht mit Sommersprossen besprenkelt.
    »Ich sehe nicht besonders aus, oder?«
    Sie unterbrach seine Gedanken, als hätte er seine Gedanken ausgesprochen.
    »Wie meinst du das?«
    »Das sagen sie doch alle hier im Haus. Eigentlich sehe ich wie Mammi aus, aber das zählt nicht, weil sie niemand ist, jedenfalls nicht für die Leute. Tante Fiorenza hätte es gern, wenn ich wie Cousin Neri aussehen würde. Uuhh!«
    »Du magst deinen Cousin nicht?«
    »Nein. Ich kenne ihn nicht. Man hat mich einmal zu ihm gebracht, weil er im Sterben lag, aber dann ist er nicht gestorben. Er lag die ganze Zeit im Bett und hatte keine Spielsachen und keine Bücher und nichts. Ich habe es Onkel Buongianni erzählt. Ich kriege immer ein Malheft und ein Comic, wenn ich im Bett bleiben muß. Jetzt ist Onkel Buongianni tot und ich habe Cousin Neri bei der Beerdigung gesehen, sein Kopf war ganz dick. Mir hat er nicht gefallen.«
    Sie schwieg einen Moment und sagte dann, sensibel genug, um zu ahnen, daß sie ihn verletzt haben könnte, nach einem verstohlenen Blick auf seine mächtige Figur und die großen Hände, die die Mütze festhielten: »Manche Leute sind dick, aber ich mag sie trotzdem.«
    »Aha.«
    »Den Weihnachtsmann zum Beispiel.«
    »Genau.«
    Er freute sich über das Kompliment. Und weil es von ihr kam, fühlte er sich – zum ersten Mal in seinem Leben, wie ihm schien – nicht ganz so plump und schwerfällig. »Kennst du ein kleines Mädchen

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