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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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beugte sich suchend unter das Steuerpult.
    Aha,dachtederWachtmeistermittiefempfundener Dankbarkeit, er wird die Musik leiser stellen.
    Doch nichts dergleichen. Der junge Mann richtete sich wieder auf und legte eine Platte auf den linken Teller. Reichte ihm die eine nicht? Dann hielt er sie mit einem Finger der rechten Hand an, und mit der linken setzte er seinen Kopfhörer ab. Der Lärm ging zwar unvermindert weiter, aber Lorenzini schien sich verständlich machen zu können. Der junge Mann in Schwarz beugte sich von seiner Kanzel herab, um zuzuhören, richtete sich dann wieder auf und sah sich um. Die beiden verhandelten weiter. Dann ging Lorenzini die Treppe hinunter und verschwand von der Bildfläche. Der Discjockey setzte den Kopfhörer wieder auf und senkte ernst und konzentriert den Kopf. Es verging einige Zeit, bis der Wachtmeister, schwitzend und dem Ersticken nahe, Lorenzini wieder sah, doch als er dann vor ihm stand, tauchte hinter ihm Leos Kopf auf. Die jodverschmierten Nähte waren unübersehbar.
    »Gott sei Dank«, murmelte der Wachtmeister, während er die letzte Stufe hinaufkeuchte und auf den Platz hinaustrat. Seine tränenden Augen empfanden den Anblick des mondbeschienenen weißen Marmors der Kirche gegenüber als wohltuend, und seine Lungen zogen gierig die Nachtluft ein. Warum man auch noch dafür bezahlte, sich in diesem Loch da unten einsperren zu lassen, war ihm schleierhaft.
    »Was gibt's?« polterte Leo, verunsichert.
    »Wollte mich nur mit dir unterhalten«, sagte der Wachtmeister sanftmütig, »bei dem Lärm da unten ist das ja unmöglich. Unser Auto steht hier.«
    DiesmaleinStreifenwagen,nichtderkleineFiatdes Wachtmeisters. Lorenzini kletterte auf den Fahrersitz.
    »Du sitzt hinten neben mir.«
    Der Wachtmeister hielt ihm mit einer so freundlichen und lässigen Geste die Tür auf, als würde er mit seiner Frau ein Restaurant betreten. Leo, stiernackig und kahlgeschoren, schnaubte erregt, stieg aber ein und saß schweigend da, während der Wachtmeister um das Auto herumging und auf der anderen Seite einstieg.
    »Aahh…«
    Mit einem Seufzer machte es sich der Wachtmeister in seiner Ecke bequem. »Noch immer so warm. Fahr ein bißchen rum, Lorenzini. Ein bißchen frische Luft kann nicht schaden.«
    Er kurbelte das Fenster herunter.
    Lorenzini verließ das Zentrum und bog, beunruhigend schnell, auf eine der breiten baumgesäumten Alleen ein, die am Stadtrand entlangführten. »Wohin fahren wir?«
    Leo konnte nicht anders, als sein selbstauferlegtes Schweigen zu brechen.
    »Nirgendwohin… Das ist besser. Frische Luft.«
    Durch das Autofenster drang die Nachtluft, vermischt mit Benzinschwaden und dem Duft blühender Bäume. Trotzdem nahm der Wachtmeister den starken Geruch von Rasierwasser und Angstschweiß wahr, den Leo verbreitete.
    »Du weißt wahrscheinlich«, begann er, »daß wir in der Stadt Informanten haben… na ja, das weiß ja jeder.«
    »Ich denke nicht daran, Informant zu werden.«
    Leo klang fast erleichtert. Er hatte mit Schlimmerem gerechnet. Der Wachtmeister wußte das. Er wartete einen günstigen Augenblick ab.
    »Nein, nein… Ich hatte nicht vor…«
    Sie näherten sich dem Ende der hellerleuchteten Allee, folgten dem Verkehrsstrom auf der linken Spur zum Flußufer und fuhren dann rechts über die Brücke.
    »Wohin fahren wir?« protestierte Leo wieder, da ihm die Flußüberquerung wohl nicht geheuer erschien. »Sie haben kein Recht…«
    »Ja?«
    Er wußte nicht weiter. Der Wachtmeister ließ ihn warten, bis sie die Uferstraße hinuntergefahren waren und über die letzte Brücke umkehrten, bevor er weiterredete.
    »Informanten… diese Informanten, von denen ich sprach, haben uns merkwürdige Dinge über dich erzählt. Sehr merkwürdige Dinge. Sie sagen, daß hinter der Geschichte im Palazzo Ulderighi mehr steckt.«
    Er hielt inne. Leo sagte nichts, aber der Wachtmeister wußte, während er aus dem geöffneten Fenster die Lichtpunkte sah, die auf der öligschwarzen Oberfläche des Flusses tanzten, daß die Figur neben ihm vor Anspannung steif dasaß.
    »Sehr viel mehr. Nun, ich neige für gewöhnlich nicht dazu, ungefragt Ratschläge zu erteilen, aber in deinem Fall… du bist nicht vorbestraft. Mücke dagegen ist ja ein ganz übler Bursche, der schon oft gesessen hat. Er ist erfahren, weiß, was er tut… also, ich will damit nicht sagen, daß du dumm bist…«
    Er hielt wieder inne, um Leo die Möglichkeit zu geben, die letzte Bemerkung zu erfassen.
    »So jemand wie

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