Tod im Palazzo
nichts. Nachdem der Wachtmeister und Lorenzini Leo unauffällig zum Palazzo Ulderighi gefolgt waren, während Mücke auf dem Markt pausenlos Fleisch schleppte, zuckten die vier Beamten die Schultern und gingen müde nach Hause und zu Bett, wobei drei von ihnen diese Aktion insgeheim für Zeitverschwendung hielten, es aber nicht als ihre Aufgabe ansahen, das auch zu sagen.
In der zweiten Nacht sah sich der Wachtmeister insoweit bestätigt, als es in der Frage des Fußballturniers zu Blutvergießen kam.
Es hatte schon eine kleinere Auseinandersetzung vor dem Club gegeben, in deren Verlauf Leo ein paar Jugendlichen übertrieben ruppig den Zutritt verwehrt hatte, entweder weil sie keine Mitglieder waren – die Disco war ein Privatclub –, oder weil der Club schon überfüllt war. Kaum waren die Jugendlichen vertrieben, erschien eine Gang in der deutlichen Absicht, eine Schlägerei anzuzetteln. Es waren ausschließlich Männer und die meisten von ihnen, schon von weitem zu erkennen, ein bißchen zu alt für das Discoleben. Sobald Leo sie sah, klopfte er an die Tür hinter ihm. Sein Kollege kam heraus, und die Tür ging zu.
»Es geht los«, sagte Lorenzini und stieg aus.
»Bleib hier! Er könnte dich erkennen!«
Der Wachtmeister hatte schon genug Sorgen, Lorenzini brauchte nicht noch in eine Straßenschlacht verwickelt zu werden. Außerdem, wenn sie ihn nicht erkannten, was sehr viel wahrscheinlicherwar,würdemanihnwahrscheinlich zusammenschlagen oder mit einem Messer bearbeiten.
Der Lärm wurde immer lauter und bedrohlicher. Irgendwo in dem Gewühl kam es zu einem Kampf, und bald war die Schlägerei in vollem Gang.
»Soll ich nicht wenigstens einen Streifenwagen anfordern?«
»Jemand im Club wird das inzwischen schon getan haben. An solche Dinge sind sie bestimmt gewöhnt. Keine Angst.«
Es dauerte jedoch noch eine ganze Weile, bis ein Streifenwagen mit heulender Sirene und Blaulicht vorfuhr. Inzwischen hatten Leo und sein Kumpel die Situation unter Kontrolle. Leo hatte den übelsten Burschen, der zuvor ein Messer gezogen hatte und offensichtlich der Anführer war, im Schwitzkasten. Er war klein und älter als die anderen und versuchte, heftig tretend, sich aus dem Griff zu befreien. Leos Kumpel hatte es mit einem größeren, jüngeren Mann zu tun, den er offenbar überwältigen konnte. Die übrigen Mitglieder der Gang waren offensichtlich nur zur zahlenmäßigen Verstärkung da und um den entsprechenden Lärm zu veranstalten.
»Die beiden scheinen ja zurechtzukommen«, meinte Lorenzini, als der Streifenwagen vorfuhr.
Die zwei Uniformierten, die heraussprangen, hatten die Sache aber offenbar falsch verstanden. Der eine, ohne auch nur anzuhalten und nachzufragen, zog, als er Leo einen kleineren, laut protestierenden Mann bearbeiten sah, sofort seinen Schlagstock und hieb ihn mit voller Wucht auf Leos rasierten Schädel.
»Du Idiot!« hörten sie Leo brüllen, der sich an den blutenden Kopf faßte. Dann fiel er zu Boden. Inzwischen hatten die Angreifer die Flucht ergriffen. Leo, halb bewußtlos, wurde festgenommen, und die Sache war vorbei.
»Was machen wir jetzt?« fragte Lorenzini.
»Wir wünschen uns«, sagte der Wachtmeister, »daß jemand da ist, der seine Fingerabdrücke abnimmt, aber um diese Uhrzeit ist wohl nicht damit zu rechnen.«
»Das weiß man nie. Vielleicht behalten sie ihn die Nacht über da.«
»Ich weiß es«, sagte der Wachtmeister, »sie werden einen Teufel tun. Fahr ihnen hinterher.«
Und so folgten sie dem Streifenwagen zum Hauptquartier und warteten ungefähr eine Stunde, bis Leo entlassen und, sich noch immer den Kopf haltend, zur Notaufnahme des Krankenhauses Santa Maria Nuova gebracht wurde. Dort warteten sie zwei Stunden und folgten ihm, als er in einem Taxi zum Palazzo Ulderighi heimfuhr. Wieder ging eine Nacht zu Ende.
»Ich erwarte natürlich nicht, daß du mir erzählst, was los ist«, log Teresa am nächsten Morgen und holte ihn aus seinem kurzen, unruhigen Schlaf. »Ich finde nur, daß mir eine kleine Erklärung zusteht, wenn du die ganze Nacht wegbleibst. Das ist alles.«
Wenn in diesen Worten Logik steckte, so blieb sie dem Wachtmeister in seiner stark eingeschränkten Verfassung jedenfalls verborgen. Er erklärte nichts. Sollte es zum Schlimmsten kommen und er versetzt werden, so würde sie niemals erfahren, daß er es herausgefordert hatte.
Das Flüstern der Flöte, süß und traurig wie die sommerliche Abenddämmerung, hatte den Wachtmeister begleitet, während er
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