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Tod im Pfarrhaus

Tod im Pfarrhaus

Titel: Tod im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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anschauten. Einer der beiden hatte sie offenbar etwas gefragt. Sie lächelte unsicher.
    »Entschuldigen Sie. Ich war in Gedanken woanders …«, meinte sie.
    »Ich habe gefragt, ob Sie schon einmal in Schottland waren«, sagte Andrew und sah sie nachdenklich an.
    »Nein. Ich war noch nie in Schottland«, antwortete Irene.
    Die peinliche Situation wurde dadurch entschärft, dass eine Tür geöffnet wurde. Andrew erhob sich und sagte:
    »Das Essen ist serviert. Bitte schön!«
    Sie schritten über die ausladenden Teppiche und betraten das so genannte Jagdzimmer.
    Irene blieb auf der Schwelle stehen, und Glen stieß mit ihrem Rücken zusammen.
    »Hoppsala«, sagte er.
    Gleichzeitig gab er Irene einen Stoß in die richtige Richtung. Sie nahm sich zusammen und betrat das Zimmer.
    Auch hier war die Außenwand ersetzt worden, und zwar durch einen großen Erker mit Glaswänden auf drei Seiten. Ein alter Tisch mit acht Stühlen wartete auf sie. Es war für drei Personen gedeckt. Es waren jedoch nicht die hübschen, geschnitzten Möbel, die Irene die Sprache verschlagen hatten.
    Das Zimmer hieß zwar Jagdzimmer, aber sie hatte trotzdem nicht damit gerechnet, dass es sich um eine Waffenkammer handeln würde. Natürlich gab es Jagdtrophäen, die einen aus ihren Glasaugen anstarrten, die Waffen überwogen jedoch bei weitem. An den Wänden hingen Schwerter und Dolche, alte Pistolen und Gewehre mit verzierten Kolben. Hinter den Glastüren der hohen Schränke schimmerten weitere Waffen. Drei Schränke hatten Stahltüren und stabile Schlösser.
    »Ich dachte, ich könnte es mir gestatten, den Herrschaften von der Polizei meine Waffensammlung vorzuführen«, meinte Andrew lächelnd.
    Er begann, ihnen die wertvollen Stücke zu zeigen, musste dann aber abbrechen, als ein Servierwagen hereingerollt wurde. Eine ältere Frau in einem schwarzen Kleid blieb neben dem Wagen stehen, bis sie sich gesetzt hatten. Anschließend servierte sie gedünsteten Lachs mit Kapernsauce und Gemüse. Zum Essen gab es Bier, je nach Geschmack helles oder dunkles. Irene entschied sich für ein helles englisches Ale. Glen und Andrew zogen das dunklere schottische vor.
    »Ich fand, ich könnte Sie gleich zum Lunch bitten, wo Sie schon einmal mit mir sprechen wollen. Ich habe zwar heute mit wichtigen Kunden zu tun, aber die sind momentan mit dem Flugzeug unterwegs. Zu den Bohrinseln kommt man natürlich nur mit dem Hubschrauber. Mein nächster Mitarbeiter kümmert sich um sie. Ich habe also ein wenig Zeit, bis sie zurückkommen. Um drei muss ich allerdings zu einem anderen Termin in Edinburgh. Ist es in Ordnung, wenn wir spätestens um halb drei aufbrechen?«
    Die Frage war höflich gestellt, ließ ihnen jedoch keinerlei Verhandlungsspielraum. Recht hübsch hatte er ihnen zu verstehen gegeben, dass er nur bis halb drei Zeit hatte.
    Glen war glücklicherweise ein Meister des Smalltalk, und die beiden Männer hatten rasch eine Gesprächsebene gefunden. Beide interessierten sich für Geschichte. Und Schotten. Andrew zog eine Braue hoch, als Glen ihm erzählte, er sei Halbschotte. Bald befanden sie sich mitten in einer Unterhaltung über Schottlands blutige Geschichte. Sie waren sich einig, dass es bedauerlich war, dass sich ihre Ahnen 1707 gezwungen gesehen hatten zu kapitulieren. Die Union mit England und Wales war nie was Rechtes gewesen.
    Glen und der schottische Adlige spülten ihre aufgewühlten, nationalistischen Gefühle mit großen Schlucken des dunklen Biers hinunter. Irene konnte nur verblüfft lauschen. Die beiden Herren kannten sich in der schottischen Geschichte wirklich gut aus. Sie begann zu ahnen, dass diese heißen nationalistischen Gefühle über all die Jahre nicht erkaltet waren. Allerdings wirkte es ein klein wenig lächerlich, sich noch immer über Demütigungen zu ereifern, die 1295 begangen worden waren.
    Zum Nachtisch wurde Schokoladentorte mit Schlagsahne und Kaffee gereicht. Anschließend erhob man sich und ging zurück ins Wohnzimmer. Ihr Gastgeber schritt auf einen hübschen Glasschrank zu und nahm eine Flasche heraus.
    »Familienwhisky aus der eigenen Brennerei. Einer der Besten überhaupt. Man kann ihn nur in sehr wenigen Geschäften kaufen. Er wird zwanzig Jahre gelagert, drei davon in Sherryfässern«, sagte er stolz.
    Auf der bauchigen Flasche war ein schwarzes Etikett mit dem Namen St. Clair in silberner Frakturschrift auszumachen.
    »Ich muss noch fahren«, murmelte Glen.
    »Nur ein Schluck zum Probieren«, entschied Andrew.
    Er

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