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Tod im Pfarrhaus

Tod im Pfarrhaus

Titel: Tod im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Lachfältchen umgaben seine blauen Augen. Weiße Zähne funkelten in seinem wettergegerbten Gesicht. Es war ihm anzusehen, dass er sich viel in der frischen Luft aufhielt. In seinem dichten Haar fanden sich einige graue Strähnen. Irene schätzte ihn auf etwa vierzig. Plötzlich schien ihm aufzugehen, dass sein Lächeln nicht ganz angebracht war, denn es erlosch abrupt. Nervös schielte er auf den Mann hinter sich.
    Dieser hatte an die Wand gelehnt gewartet und trat nun ebenfalls ins Licht. Wie Bengt Måårdh trug er ein schwarzes Hemd mit weißen Beffchen, aber darüber ein kurzes schwarzes Jackett. Er stellte sich als Pfarrer Urban Berg aus Bäckared vor.
    Sein Händedruck war trocken und kühl. Seine ganze Gestalt strahlte Selbstbeherrschung aus, fast schon Steifheit. Das grau melierte blonde Haar war perfekt gescheitelt. Auf dem Kopf ließ sich eine beginnende kahle Stelle erahnen. Er und Bengt Måårdh schienen etwa gleich alt zu sein.
    Jetzt gab es nur noch eine Frau, deren Namen die Polizisten noch nicht kannten. Sie war klein und hübsch. Ihr Alter war schwer zu schätzen, lag aber wahrscheinlich irgendwo zwischen fünfundzwanzig und dreißig. Ihr langes blondes Haar wurde von einer Lederspange zusammengehalten, was ihre ebenmäßigen Gesichtszüge noch unterstrich. Ihre großen, veilchenblauen Augen wurden von langen Wimpern umrahmt. Das Gesicht wies keinerlei Spur von Make-up auf. Sie trug ein dunkelblaues Leinenkleid mit weiten Ärmeln und schwarze Stiefeletten. Irene fiel auf, dass der Friedhofschef ihr einen Blick voller Bewunderung zuwarf. Vielleicht war da auch noch mehr. Selbst in Urban Bergs beherrschten Augen funkelte es kurz, als er seinen Blick eine Sekunde lang über die Frau schweifen ließ.
    »Ich heiße Eva Möller. Ich bin die Kantorin und Organistin hier«, sagte sie mit leiser, melodischer Stimme.
    Der korpulente Mann, der auf einem laut knarren den Stuhl neben der Tür saß, hieß Nils Bertilsson und arbeitete halbtags als Küster bei der Gemeinde in Bäckared und halbtags bei der in Slätta red. Sein abgewetzter schwarzer Anzug war eindeu tig zu eng, und er trocknete sich oft mit einem großen Taschentuch Stirn und Glatze ab. Als er sich erhob, um Irene zu begrüßen, stellte sie fest, dass er fast ebenso groß war wie sie, aber sicher doppelt so viel wog. Mindestens hundertvierzig Kilo.
    Irene fielen die Gemeindeschwester Rut Börjesson, das Ehepaar Måårdh und die Reinemachefrau Rosa Marques zu.
    »Sie können mein Zimmer benutzen«, meinte Louise Måårdh.
    Sie öffnete eine Tür aus billigem Furnier, hinter der ein gemütliches Büro lag. Im Fenster standen umrahmt von sonnengelben Gardinen zwei Töpfe mit Miniosterglocken. Zusammen mit dem Strauß roter Tulpen auf dem Schreibtisch ließen sie Frühlingsgefühle wach werden. Die könnten sie wirklich gebrauchen, denn draußen hätte es genauso gut November sein können. An der Wand hing ein gerahmtes Plakat der Göteborger Oper von »Les Misérables«.
    Irene beschloss, mit der Gemeindeschwester zu beginnen. Sie bat Rut Börjesson, ihr in das Büro zu folgen. Die schwarz gekleidete Frau setzte sich in den bequem wirkenden Besucherstuhl. Mit beiden Händen umklammerte sie die Armlehnen.
    Irene begann mit Routinefragen. Sie erfuhr, dass die Gemeindeschwester achtundfünfzig Jahre alt war, verheiratet, aber kinderlos, und dass sie bereits seit siebzehn Jahren in Kullahult arbeitete.
    »Haben Sie bereits hier gearbeitet, bevor Pfarrer Schyttelius in diese Gemeinde kam?«, fragte Irene.
    »Hauptpfarrer Schyttelius. Sten Schyttelius kam vor genau zwanzig Jahren als Hauptpfarrer hierher. Er hat hier also drei Jahre vor mir angefangen.«
    Irene waren die unterschiedlichen Ränge der schwedischen Kirche ein Rätsel. Vorsichtig fragte sie:
    »Er war also der Chef der anderen Pfarrer?«
    »Ja. Ledkulla, Bäckared und Slättared haben jeweils einen Pfarrer. Da Kullahult die größte Gemeinde mit der größten Kirche ist, lag hier immer der Amtssitz des Hauptpfarrers.«
    Die Gemeindeschwester antwortete sachlich und direkt auf alle Fragen, klammerte sich aber trotzdem die ganze Zeit so an die Armlehnen, dass ihre Knöchel weiß wurden. Irene konnte verstehen, dass sie aufgewühlt war. Vermutlich hatte sie ihren Chef sehr gut gekannt, da sie so viele Jahre für ihn gearbeitet hatte. Deswegen beschloss Irene, die Sache anders anzugehen.
    »Kannten Sie Elsa Schyttelius?«
    »Ja. Wir hatten über die Jahre einiges miteinander zu tun.«
    »Wie war sie

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