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Tod im Pfarrhaus

Tod im Pfarrhaus

Titel: Tod im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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trotzdem kaum bezeichnen. Nieselschleier zogen über den Landvettersjön und ließen den Übergang zwischen Luft und Wasser verschwimmen. Alles verwandelte sich in feuchtgrauen Nebel.
    Der zivile Polizeiwagen bog in Richtung Kullahult ab. Auf den Straßen war es bemerkenswert leer. Es schien, als hätten sich alle nach der Tragödie, die über den kleinen Ort hereingebrochen war, in ihren Häusern verkrochen. Nachdem sie den Hügel mit der Kirche passiert hatten, fanden sie endlich ein Schild, das zum Gemeindehaus wies. Es zeigte in Richtung eines niedrigen Gebäudes aus gelbem Backstein. Das Haus hatte ein niedriges Dach und stammte vermutlich aus der zweiten Hälfte der sechziger Jahre.
    Bevor sie aufgebrochen waren, hatte Irene auf dem Pfarramt von Kullahult angerufen. Die Gemeindeschwester Rut Börjesson war am Apparat gewesen. Mit tränenerstickter Stimme hatte sie versprochen, alle Angestellten ins Gemeindehaus einzubestellen, um den Polizisten die Arbeit zu erleichtern. Es waren zehn, wie sich schließlich herausstellte.
    Eine kleine, magere, ganz in Schwarz gekleidete Frau trat auf sie zu. Sie trug ihr dünnes, graues Haar kurz zu einem Pagenkopf geschnitten. Mit Farbe und Dauerwelle hatte sie nichts im Sinn. In ihren geröteten Augen hinter den dicken Brillengläsern standen die Tränen. Die Frau reichte den Polizisten ihre eiskalte Hand und stellte sich als Rut Börjesson, Gemeindeschwester, vor. Anschließend machte sie sie mit den weiteren Anwesenden bekannt.
    Die erste war eine Frau mit rot gefärbten Haaren. Sie war sicher über fünfzig, aber schlank mit einem immer noch schönen Gesicht. Der Begriff »guterhalten« brachte die Sache auf den Punkt. Rut Börjesson stellte sie als Kirchenbuchhalterin Louise Måårdh vor.
    »Mit zwei Å«, sagte Louise lächelnd und reichte ihnen die kühle Hand.
    Irene war ohne Schuhe ein Meter achtzig groß, und Louise Måårdh war kaum kleiner. Ihrem Aussehen nach hätte sie als Fotomodell durchgehen können. Sie als Buchhalterin bei einer Dorfgemeinde anzutreffen, war erstaunlich. Die Erklärung dafür war vielleicht, dass sich der Mann neben ihr als Bengt Måårdh vorstellte, Pfarrer der Gemeinde Ledkulla. Aber es half nichts. Louise Måårdh hatte einfach keine Ähnlichkeit mit einer Pfarrersfrau. Wahrscheinlich sind das nichts als Vorurteile, dachte Irene. Unter einer Pfarrersfrau hatte sie sich immer eine runde, fröhliche Person vorgestellt, die nach frisch gebackenen Zimtschnecken duftete, die sie den Damen des Nähkränzchens lächelnd kredenzte.
    Louise Måårdh erweckte eher den Anschein, als verbringe sie mehr von ihrer Freizeit auf dem Golfplatz als hinter dem Herd.
    Ebenso ihr Mann. Er war groß, sehr schmal, mit scharfen Gesichtszügen. Das dunkle Haar wies deutliche eisengraue Strähnen auf, die ausgezeichnet mit seiner sonnengebräunten Haut harmonier ten. Ein Blick auf Louises Gesichtsfarbe verriet Ire ne, dass Familie Måårdh gerade erst bei gutem Wetter Urlaub in den Bergen gemacht hatte.
    Die braunen Augen von Bengt Måårdh blickten traurig und ernst. Er umschloss Irenes Hand mit den seinen, und einen ratlosen Augenblick lang glaubte diese schon, er würde ihr kondolieren. Natürlich tat er das nicht, sondern murmelte nur, es sei nicht zu fassen, dass die Eheleute Schyttelius nicht mehr unter ihnen weilten. Und dann erst das mit dem Sohn … Die Stimme des Pfarrers brach, und er schüttelte den Kopf, während er immer noch Irenes Hand umklammert hielt. Vorsichtig entzog sie sich seinem Griff.
    Neben Bengt Måårdh stand Jonas Burman. Da sie sich bereits begegnet waren, begrüßten sie sich nur ganz kurz. Irene fiel auf, dass der junge Pfarrer bleich und verbissen aussah.
    Die kleine, dunkelhäutige Frau an seiner Seite hieß Rosa Marques. Sie war noch jünger und sprach ausgezeichnetes Schwedisch, jedoch mit einem deutlichen Akzent. Die Gemeindeschwester erläuterte, sie würde sowohl im Gemeindehaus als auch im Pfarrhof putzen.
    Und dann gab es noch ein weiteres Ehepaar. Sie schienen um die Sechzig zu sein und stellten sich als die Küster vor, Siv und Örjan Svensson. Diese Arbeit verrichteten sie in Kullahult und in Ledkul la. Er war recht klein und schmächtig. Sie war ebenfalls klein, aber recht kräftig. Da haben wir die Zimtschneckenbäckerin, schoss es Irene durch den Kopf.
    Ein Mann in kariertem Flanellhemd und Latzhosen mit großen Taschen trat energisch auf sie zu und grüßte lächelnd.
    »Stig Björk, Friedhofschef.«
    Unzählige

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