Tod im Pfarrhaus
Arbeitgebern gehabt. Den Kindern war sie auch nie begegnet, da diese ja erwachsen und bereits ausgezogen waren, als sie im Pfarrhof angefangen hatte. Spontan erwähnte sie jedoch Elsa Schyttelius’ Krankheitsphasen. Da hatte Frau Schyttelius sich immer in ihrem Schlafzimmer eingeschlossen, und sie hatte dort nicht putzen können.
»Putzen Sie jede Woche das ganze Haus?«, fragte Irene.
»Nein. Die großen, guten Zimmer im Erdgeschoss und einige Zimmer im Obergeschoss putze ich nur, wenn es nötig ist.«
»Wer entscheidet, wann das nötig ist?«
»Der Pfarrer sagt mir Bescheid.«
»Putzen Sie auch das Arbeitszimmer im Obergeschoss?«
Erstaunt zog Rosa ihre Augenbrauen hoch.
»Das Arbeitszimmer ist doch unten.«
»Sten Schyttelius hat ein kleineres Zimmer mit einem Computer im Obergeschoss. Es liegt hinter dem Billardzimmer.«
Rosa runzelte ihre dichten Brauen. Dann schüttelte sie energisch den Kopf.
»Nein. Dieses Zimmer habe ich nie geputzt. Die Tür ist immer abgeschlossen.«
In vier Jahren hatte Rosa also nie das Computerzimmer geputzt. Irene erinnerte sich, dass der Waffenschrank ebenfalls dort gestanden hatte. Sie hätte gerne gewusst, welche Waffen in ihm aufbewahrt worden waren. War das Zimmer deswegen immer verriegelt gewesen? Eigentlich unnötig, falls der Waffenschrank immer wie vorgeschrieben verschlossen gewesen war.
»Erinnern Sie sich, ob an den Wänden im Schlafzimmer irgendetwas hing?«
»Das Kreuz. Das schöne Kreuz«, antwortete Rosa sofort.
»Ich schaue es mir immer an, wenn ich dieses Zimmer putze. Es ist so schön. Frau Schyttelius sagt, es ist sehr alt. Aus Italien. Und Jesus Christus ist aus Silber«, meinte sie noch.
Im Schlafzimmer der Eheleute Schyttelius hing ein Kruzifix an der Wand, eine Antiquität aus dem katholischen Italien, das nach dem Mord umge dreht worden war. War das nun unwesentlich oder war das wichtig? Irene wusste es nicht, aber vielleicht hatte der Mörder gerade das beabsichtigt.
Von den Måårdhs rief Irene als Erste die Buchhalterin Louise herein. Diese setzte sich in den Bürostuhl mit den Armlehnen und lächelte schwach.
»Ich kann mich nicht erinnern, jemals in diesem Stuhl gesessen zu haben.«
»Für mich spielt es keine Rolle, in welchem Stuhl ich sitze. Sollen wir tauschen?«, fragte Irene.
»Nein! Nein! Ich meine nur, man ist so festgefahren in seinen Gewohnheiten. Dieser Stuhl ist wirklich richtig bequem.«
Louise Måårdh lehnte sich zurück und schlug ihre schlanken Beine übereinander. Irene schaute die Frau auf der anderen Seite des Schreibtischs durchdringend an. Ihr Gesicht war ernst und der Blick traurig, aber sie schien trotzdem nicht so aufgewühlt wie die Gemeindeschwester. Das strenge schwarze Kostüm mit den Nadelstreifen wirkte zusammen mit der weißen Bluse ausgesprochen förmlich. Sie trug eine beeindruckende Perlenkette und sah richtiggehend elegant aus.
Und doch war sie Pfarrersfrau in einer Dorfgemeinde geworden. Merkwürdig.
Auch hier begann Irene mit den Personalien. Louise und Bengt Måårdh hatten zwei Söhne, fünfundzwanzig und zwanzig Jahre alt. Die Familie wohnte jetzt schon seit fast zehn Jahren in Kullahult, und Bengt war in dieser Zeit Pfarrer der Gemeinde Ledkulla gewesen.
»Und Sie haben währenddessen als Kirchenbuchhalterin gearbeitet?«, fragte Irene.
»Ja. Vorher war ich bei einer kleineren Firma in der Buchhaltung beschäftigt, aber als wir hierher zogen, hat mich Sten gefragt, ob ich interessiert sei. Ich dachte mir, dass ich es zumindest mal versuchen könnte, und … tja, hier sitze ich immer noch.«
»Wenn Ihr ältester Sohn fünfundzwanzig ist, kennt er vielleicht Rebecka Schyttelius?«
»Natürlich. Sie sind im Gymnasium in dieselbe Klasse gegangen.«
»Hatten sie viel miteinander zu tun?«
»Dafür sind sie viel zu verschieden. Mein Per ist gesellig und hatte immer viele Freunde. Rebecka war mehr für sich. Bereits auf dem Gymnasium war sie am liebsten mit ihren Computern zusammen. Warten Sie, ich zeige Ihnen was …«
Sie erhob sich, ging um den Schreibtisch herum und zog eine Schublade heraus. Zuoberst lagen zwei dicke, bunte Umschläge.
»Die Bilder sind von vorletztem Weihnachten. Ich habe die Filme vor einem Jahr zum Entwickeln gegeben, und dann sind sie hier auf der Arbeit liegen geblieben.«
Rasch begann sie, die Fotos durchzusehen. In regelmäßigen Abständen legte sie eins auf den Schreibtisch. Als sie fertig war, lagen etwa zehn Fotos auf der Tischplatte.
»Rebecka war
Weitere Kostenlose Bücher