Tod im Pfarrhaus
so als Person?«
Die Gemeindeschwester zögerte unmerklich.
»Sie war sehr nett … sehr zurückhaltend. Sehr angenehm und freundlich, wenn sie gesund war.«
»Wenn sie gesund war, war sie also freundlich. An was für einer Krankheit litt sie denn?«
»Nun, es war traurig … Sie litt an Depressionen. Sie kamen in Schüben. Offenbar hatte sie die seit ihrer Jugend, und es wurde noch schlimmer, nachdem die Kinder da waren.«
»Wie war sie denn, wenn sie krank war?«
»Dann war sie sehr verschlossen. Sie wollte niemanden sehen und war außer Stande, irgendetwas Praktisches zu erledigen. Sie lag einfach nur im Bett.«
»Kennen Sie Jacob und Rebecka?«
»Natürlich. Jacob war ein Teenager und Rebecka gerade eingeschult worden, als ich herkam. Wirklich nette Kinder. So wohlerzogen. Jacob ähnelt vom Aussehen her mehr der Mutter, von der Art her eher dem Vater. Bei Rebecka ist es genau umgekehrt.«
»Leidet sie ebenfalls an Depressionen?«
»Nein, aber sie ist auch eher reserviert. Jacob ist … war ebenso offen und gut gelaunt wie Sten. Und jetzt hat jemand … Sten und Jacob und Elsa …«
Mit ihrer Selbstbeherrschung war es vorbei, und die Tränen flossen in Strömen. Irene wartete, bis sie sich wieder etwas beruhigt hatte, und fragte dann vorsichtig:
»Können wir weitermachen?«
Rut Börjesson nickte und putzte sich dann mit einem nassen Taschentuch die Nase. Mit schwacher, zitternder Stimme sagte sie:
»Ich würde so gern helfen, wenn ich kann …«
»Haben Sie irgendeinen Verdacht, welches Motiv hinter den Morden stecken könnte?«
Die Gemeindeschwester schien gründlich nachzudenken, ehe sie den Kopf schüttelte.
»Nein. Es ist einfach nicht zu fassen!«
»Hat einer aus der Familie Schyttelius etwas gesagt, was darauf hindeuten könnte, dass er oder sie sich bedroht fühlte?«
Wieder dauerte es, bis Rut Börjesson antwortete. Schließlich sagte sie:
»Das Einzige, woran ich mich erinnere, sind Stens Worte letzten Sommer und Herbst. Nachdem die Satanisten die Sommerkapelle am Norssjön niedergebrannt hatten, versuchte er herauszufinden, wer für diese Schandtat verantwortlich war. Man kann fast behaupten, dass er davon besessen war.«
Sie unterbrach sich, um sich die Augen zu wischen und die Nase zu putzen. Ihre Hände zitterten.
»An einem Vormittag war ich einmal gezwungen, mit ihm über eine wichtige Frage zu sprechen. Sten war noch nicht im Gemeindehaus, also ging ich rüber zum Pfarrhof. Elsa ließ mich rein, und ich erinnere mich noch, dass sie sich offensichtlich wieder in einer schlechten Phase befand. Jedenfalls deutete sie zum Obergeschoss, als ich fragte, wo Sten sei. Sie sagte, im Arbeitszimmer hinter dem Billardzimmer. Tatsächlich …«
Sie unterbrach sich und sah Irene unsicher an, ehe sie fortfuhr:
»Tatsächlich hatte ich nicht gewusst, dass er ein weiteres Arbeitszimmer im Obergeschoss hatte. Aber das unten ist natürlich zu groß und außerdem altmodisch. Als ich klopfte und öffnen wollte, war die Tür abgeschlossen. Sten rief: ›Einen Augenblick‹, und machte dann auf. Dann deutete er auf seinen Computer und sagte, er sei den Satanisten auf der Spur. Ich habe das so verstanden, dass er Anhaltspunkte im Internet gefunden hatte. Er sagte, man müsse sehr vorsichtig sein, damit sie keinen Verdacht schöpften, denn das könne gefährlich werden.«
»Sagte er, inwiefern das gefährlich werden könnte?«
»Nein. Nur, dass es gefährlich werden könnte. Das klang gar nicht schön, fand ich. Wer weiß, was sich diese Verrückten alles einfallen lassen.«
»Hatten Sie den Eindruck, dass Sten Schyttelius Angst vor den Satanisten hatte?«
Rut Börjesson zögerte erneut.
»Angst … na ja, er sagte nur, man müsse sehr vorsichtig sein.«
»War der Computer an?«
»Ja. Ich ging auf den Schreibtisch zu, um ihm ein paar Papiere zur Unterschrift vorzulegen. Ich erinnere mich, dass ein sehr schönes Bild auf dem Monitor war. Eine Menge bunter Fische, die in einem Korallenriff herumschwammen.«
Sten Schyttelius hatte also den Bildschirmschoner aktiviert, ehe er der Gemeindeschwester die Tür geöffnet hatte. Waren die Informationen im Netz wirklich gefährlich? Irene nahm sich vor, jemanden zu beauftragen, das herauszufinden.
»Wissen Sie, ob er mit seinen Nachforschungen weitergemacht hat?«
»Ja. Jacob kennt … kannte sich sehr gut mit Computern aus. Vor einem Monat war er hier und hat Sten geholfen …«
»Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche, aber waren die beiden
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