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Tod im Pfarrhaus

Tod im Pfarrhaus

Titel: Tod im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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wirkte dramatischer als der dünne hellblaue, den sie bei Irenes letztem Besuch getragen hatte. Die Ärmel hatten lange Schlitze. Im Übrigen war der Schnitt gerade. Der V-Ausschnitt war tief. Man konnte ihr bis weit ins Dekolleté blicken. Dort hing an einer dünnen Kette eine kleine Silberglocke. Über dem Kleid trug Eva eine knöchellange, ärmellose Weste aus einem dünnen schwarzen Garn. Sie bestand aus zusammengenähten, gehäkelten Sternen.
    »Mir ist klar, dass du findest, dass das, was wir hier tun, vollkommen irrsinnig ist, aber es handelt sich einfach um reine Magie«, begann Eva.
    Irene sagte nichts, aus dem einfachen Grund, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte.
    »Mit gewöhnlicher Magie kommen alle zurecht, aber was wir versuchen wollen, fordert viel mehr. Wir wollen versuchen, die innersten Geheimnisse eines Toten herauszufinden. Ob es gelingt, steht in den Sternen, aber einen Versuch ist es wert.«
    Eva lächelte, und ihre Augen leuchteten. Die Sonne funkelte in ihrem offenen Haar, und sie sah ganz bezaubernd aus. Überhaupt nicht wie die Hexe, für die sie sich sicherlich hielt. Bei Irene war der Groschen gefallen, als sie von Magie gesprochen hatte. Allmählich ahnte sie, worum es ging. Ihre Neugierde war geweckt.
    »Zuerst müssen wir einen heiligen Raum schaffen. Und einen besseren als den heiligen Tempel der Mutter Erde können wir uns nicht wünschen.«
    Sie machte eine Geste, die die gesamte, sie umgebende Natur umfasste. Irene musste zugeben, dass alles sehr schön war. Sämtliche Büsche und Bäume bei Evas Haus ließen das erste Hellgrün erkennen. Vor der Hauswand war es warm, und eine Hummel, die früh unterwegs war, summte träge unter der Dachrinne und versuchte, einen guten Platz für ihren Bau zu finden. Irene war es warm, und sie fühlte sich entspannt.
    Plötzlich tauchte das Bild des zerfleischten Felix vor ihrem inneren Auge auf. Lächerlich war das, denn sie hatte die tote Katze schließlich nicht gesehen. Wahrscheinlich machte sie eine abwehrende Bewegung, vielleicht zuckte sie auch nur zusammen, aber Eva bemerkte es sofort.
    »Irgendwas bedrückt dich. Erzähl mir davon, dann wirst du es los. Wenn du es zurückhältst, kann es deine Entspannung stören, und das schwächt die Kraft. Wir brauchen wirklich alle Energie, die wir aufbieten können«, sagte sie energisch.
    Irene war erstaunt, wie bereitwillig sie berichtete, dass Sammie Felix totgebissen hatte und dass die Nachbarn sehr trauerten. Und wo sie schon einmal dabei war, sagte sie auch gleich, dass sie den Karlhögs eine neue Katze besorgen wolle. Eva sah sie lange an, stand dann auf und ging ins Haus.
    Nach ein paar Minuten war sie zurück und sagte mit einem sonnigen Lächeln: »Das ist geregelt. Wir holen das Kätzchen, bevor du nach Hause fährst.«
    Irene war leicht betreten, was sich im strahlenden Sonnenschein aber schnell verflüchtigte. Stattdessen fühlte sie sich plötzlich wie befreit. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie sehr ihr diese Sache zu schaffen gemacht hatte. Plötzlich war ihr viel leichter ums Herz.
    »Hier habe ich einen Ring aus Kieselsteinen. Wenn wir in ihn eingetreten sind und ihn geheiligt haben, sollten wir ihn möglichst nicht mehr verlassen, ehe wir alles getan haben, was wir tun wollten. Denn das schwächt die Kraft. Falls du noch einmal auf die Toilette musst, geh bitte jetzt.«
    Irene schüttelte den Kopf.
    »Gut. Dann stelle ich jetzt den Tisch in den Ring. Dann haben wir einen Altar.«
    Eva nahm die Sachen vom Tisch, ehe sie ihn ein paar Meter weiter in den Ring stellte. Sie zupfte das Tischtuch zurecht und trat ein paar Schritte zurück, wie um sich zu vergewissern, dass der Altar auch ordentlich aussah. Irene erhob sich und betrachtete den Ring aus faustgroßen weißen Steinen, die in dem frischen Grün des Rasens lagen. In der Mitte des Rings lag ein großer Stein mit flacher Oberfläche.
    »Jetzt hebe ich meine Utensilien in den Kreis und erkläre sie dir dabei. Wenn du weißt, was es für Gegenstände sind und wofür sie gebraucht werden, stören sie nachher deine Konzentration nicht mehr so.«
    Eva beugte sich vor und hob den Glasstab vom Rasen auf. Sie hielt ihn in die Sonne, und seine Spitze funkelte.
    »Natürlich ist das hier mein Zauberstab. Der steht für das Feuer. Das Feuer symbolisiert Leidenschaft, Willen, Verwandlung, Reinigung und Sexualität. Es gehört der Sonne.«
    Vorsichtig legte sie den Stab auf den Tisch. Dann nahm sie die zweischneidigen Messer. Ihre scharf

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