Tod im Pfarrhaus
geschliffenen Klingen glänzten gefährlich in der Sonne. Sie hielt das größte Messer hoch.
»Das hier ist mein Atme, das Werkzeug der Luft. Man darf es nicht verwenden, um irgendwelche Lebewesen zu verletzen, und trotzdem handelt es sich um eine scharf geschliffene Waffe. Zielgerichtet lassen sich damit Energien bewegen. Wenn ich Kräuter sammle, verwende ich dieses alte Messer mit dem speziellen Handgriff, das ebenfalls sehr scharf ist, und nie mein Atme.«
Eva drehte sich um und schien förmlich zum Tisch zu schweben. Sie kam mit einem Gegenstand zurück, der in funkelnde gelbe Seide gewickelt war. In dem Tuch lag der hübsche Glaskelch, den Irene bereits auf dem Bord in der Küche bewundert hatte.
»Mein Kelch. Das Symbol für die Kraft des Wassers und für den Westen. Deswegen habe ich mich auch für die Westwand des Hauses entschieden. Der Becher soll uns dabei helfen zu sehen.«
Jetzt hob sie mit der anderen Hand den kleinen dreibeinigen Eisenkessel in die Luft.
»Der Kessel ist das Werkzeug des Geistes. Er symbolisiert kein Element. Er soll uns zur Ewigkeit bringen und die Gegenwart der Gottheit bescheren. Er vertieft unsere Trance.«
Mit kleinen Schritten entfernte sie sich von Irene, die Gegenstände in der Hand, und Irene überlegte einmal mehr, ob Eva wirklich noch ganz richtig im Kopf war. Gleichzeitig war sie fasziniert. Eva glaubte tatsächlich daran, über magische Kräfte zu verfügen.
Schließlich kam Eva mit einer Flasche schwarzem Johannisbeersaft, einem kleinen Teller runder Plätzchen und dem Briefbeschwerer mit dem Pentagramm zurück.
»Das Pentagramm ist das Werkzeug der Erde, das Symbol allen Lebens auf Erden. Es ist sehr stark. Deswegen verwenden es die Satanisten auch so gerne.«
Sie ging auf ihren Altar zu und bedeutete Irene, ihr zu folgen. Irene war hin- und hergerissen, beschloss dann aber, sich auf die Sache einzulassen. Möglicherweise wusste Eva etwas über Sten Schyttelius, was sie ihr während dieses Hokuspokus sagen wollte. Was tat sie nicht alles, um die Wahrheit zu erfahren … Irene verzog leicht den Mund und stieg anschließend mit einem energischen Schritt in den Ring.
Eva sah sie mit ihren durchdringend blauen Augen an. Leise begann sie, eine Melodie zu summen, eine hübsche Melodie, und Irene spürte, wie ihr innerer Frieden zurückkehrte. Immer wieder bimmelte Eva mit dem silbernen Glöckchen, das sie um den Hals trug. Irene spürte den Klang mehr, als ihn wirklich zu hören. Er trug zu der feierlichen Stimmung bei. Summend ging Eva zum Tisch und hob den Glasstab in die Höhe. Lang sam und im Uhrzeigersinn ging sie dann innerhalb der Kieselsteine entlang. Die ganze Zeit hielt sie die Spitze des Stabs auf die Steine gerichtet. Nachdem sie eine Runde gegangen war, blieb sie stehen und hob den Stab hoch. Ein blendender Lichtstrahl fiel von seiner Spitze in Irenes Augen. Sie presste sie zu und ließ sich auf den flachen Stein sinken.
Als sie die Augen wieder einen Spalt öffnete, sah sie, dass Eva den Glasstab mit dem größten der zweischneidigen Messer vertauscht hatte, dem, das sie Atme nannte. Sie stand mit ausgebreiteten Armen, das Gesicht zum Haus gewandt, da. Langsam machte sie eine Viertelumdrehung Richtung Wald. Nachdem sie die nächste Viertelumdrehung nach Westen gemacht hatte, begriff Irene, dass sie die Himmelsrichtungen grüßte. Die ganze Zeit war ihr leises Summen zu hören, manchmal konnte Irene jetzt sogar einzelne Worte verstehen. Plötzlich blieb Eva stehen und wandte ihr Gesicht der Sonne zu. Laut und deutlich sagte sie:
»Mutter des All. Durch die vier Elemente und ihre vier Himmelsrichtungen, die in uns ruhen und unseren Geist verfeinern, rufe ich dich an. Gesegnet seist du und willkommen.«
Plötzlich wurde es vollkommen windstill. Die leichte Frühlingsbrise war zum Erliegen gekommen. Es wurde wärmer. Irene fühlte sich angenehm ruhig.
Eva öffnete die Flasche und goss die dunkelrote Flüssigkeit in den Glaskelch. Dann nahm sie aus dem Kessel ein Foto und legte es auf den Tisch. Sie wandte sich Irene zu und flüsterte summend:
»Jetzt wollen wir uns in Trance versetzen. Das Foto ist von Sten. Ich habe es aus einer Zeitung geschnitten. Jetzt wollen wir uns auf Sten konzentrieren und die Göttin bitten, uns zu helfen. Hoffentlich erfahren wir dann, worin sein großes Dunkel besteht.«
Erneut wandte sie sich ihrem Altar zu. Das Zeitungsbild legte sie in die Mitte und stellte den Kelch mit dem rubinroten Trank darauf. Mit erhobenen
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