Tod im Pfarrhaus
sie nicht in einen Nachtclub kommen! Und anzufangen, so was mit dem Teufel zu entschuldigen …«
Irene unterbrach ihren wütenden Wortschwall. Svante grinste sie an.
»Tja. Einige von uns haben den Teufel vielleicht mehr in sich als andere.«
Er drehte sich um, winkte ihr von der Tür noch einmal zu und verschwand.
Irene saß lange da und betrachtete einfach nur das Buch »Church of Satan«.
Warum hatte Jacob Schyttelius dieses Machwerk gelesen? Hatte er mehr darüber erfahren wollen, wie die Satanisten dachten, oder hatte er andere Gründe gehabt? Hatte er das Buch deswegen versteckt? Vielleicht hatte es sein Vater, der Pfarrer, einfach nur nicht finden sollen.
Wobei natürlich immer noch die Frage war, ob der Satanismus überhaupt etwas mit diesem dreifachen Mord zu tun hatte.
Die Einzige, die möglicherweise die Antwort wusste, war auf der anderen Seite der Nordsee in der Psychiatrie.
Die Laune von Kommissar Andersson sank auf den Nullpunkt, als er sich der Tür des Dienstzimmers von Yvonne Stridner näherte, der Professorin in Pathologie. Erleichtert stellte er fest, dass das gelbe »Bitte Warten«-Lämpchen leuchtete, und wollte schon kehrtmachen, als es plötzlich erlosch. Schweren Herzens drückte er auf die Klingel. Unwillkürlich seufzte er, als sofort das grüne »Bitte Eintreten«-Lämpchen aufblinkte.
Die Chefin der Gerichtsmedizin thronte hinter ihrem übervollen Schreibtisch. Ihre Diorbrille war ihr auf die Nasenspitze gerutscht. Ausnahmsweise wirkte sie gestresst. Rote Flecken glühten auf ihren Wangen.
»Andersson? Ausnahmsweise können Sie einem vielleicht mal nützlich sein. Was macht man, wenn einem der Computer abgestürzt ist? Ich kann meinen Vortrag nicht überarbeiten!«
Verärgert knallte sie die Hand auf das Plastikgehäuse ihres IBM-Computers.
»Ich … ich kenne mich mit Computern nicht sonderlich gut aus«, stotterte Andersson.
»Aber Sie verwenden doch wohl welche bei Ihrer Arbeit?«
Die Stridner durchbohrte den Kommissar mit ihrem stechenden Blick, bis er immer kleiner wurde. In ihrer Gegenwart fühlte er sich regelmäßig wie ein nervöser und verschwitzter Schuljunge. Oder eher wie ein lallender Vollidiot.
»Doch … doch natürlich«, sagte er und hörte selbst, wie wenig überzeugend das klang.
Die Stridner kniff die Lippen zusammen und flüsterte dann etwas über »technikfeindliche Chefs auf der mittleren Führungsebene«.
Das konnte sich Andersson nicht bieten lassen. Gemessen sagte er:
»Ich bin nicht hier, um irgendwelche Computer zu reparieren, sondern um zu fragen, ob sich die Morde zeitlich etwas genauer eingrenzen lassen.«
Der Blick der Stridner wurde frostig. Ihre Stimme klang eisig, als sie erwiderte:
»Ich hätte nachschauen können, wenn mein Computer jetzt nicht streiken würde.«
Jetzt waren sie wieder da, wo sie angefangen hatten. Andersson ließ die Schultern hängen und starrte die Pathologin mit den feuerroten Haaren an. Resigniert drehte er sich zur Tür um, da hörte er sie sagen:
»Ich kann natürlich auch an den anderen Computer gehen.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, rauschte sie an ihm vorbei und eilte mit klappernden Absätzen den Korridor entlang.
Vollkommen erschöpft ließ sich Andersson auf den unbequemen Besucherstuhl sinken. Die Polste rung hatte Dellen, und der Bezug war aus Plastik. Andersson hatte den Verdacht, dass sich die meisten, die auf diesem Stuhl saßen, in verschiedenen Stadien der Nervosität befanden. Aus eigener Erfahrung wusste er, wie schnell ein Hemd durchgeschwitzt war, wenn man auf einem Stuhl mit Plastikpolster saß und einem die Nerven zu schaffen machten. Ob Medizinstudenten oder Polizisten, wahrscheinlich verließen sie alle die Besprechungen mit Frau Professor Stridner mit dem gleichen nassen Rücken, setzte der Kommissar seine düsteren Überlegungen fort. Schließlich kündigte das Klappern der Absätze Professor Stridners Rückkehr an. Sie stürzte durch die Tür und marschierte auf ihren ergonomisch gestalteten Schreibtischstuhl aus bordeauxrotem Leder zu, der wesentlich bequemer wirkte als Anderssons Folterinstrument.
Yvonne Stridner schob ihre Brille hoch und sah auf die Papiere, die sie in der Hand hielt. Ohne weitere Umschweife begann sie vorzulesen:
»Der Magen von Jacob Schyttelius enthielt halb verdaute Reste von Bockwurst und Kartoffelbrei. Dazu hatte er Fanta getrunken. Die letzte Mahlzeit nahm er etwa um achtzehn Uhr zu sich. Stimmt das?«
Die Frage war wie ein Peitschenhieb. Die
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