Tod im Pfarrhaus
maschine um 7.10 Uhr nach London. Die freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung teilte ihr mit, dass sie auf dem Flughafen Heathrow landen würde. Für die Rückreise wählte sie Freitag einen so späten Zeitpunkt wie möglich. Die Maschine flog erst um 19.20 Uhr. Wenn die Vernehmung von Rebecka nicht allzu viel Zeit in Anspruch nahm, würde sie sich vielleicht noch etwas von London anschauen können.
Seufzend fiel ihr Blick auf den Papierberg. Er hatte die erstaunliche Eigenschaft, von Tag zu Tag höher zu werden, obwohl sie ihn in jedem freien Augenblick abzutragen suchte. Konnte sich Papier durch Urzeugung vermehren? Ihre düsteren Gedanken verflogen, als Svante Malms sommersprossiges Gesicht in der Tür auftauchte.
»Tachchen! Ich wollte dir das Buch geben, das wir bei Jacob Schyttelius gefunden haben.«
Er stiefelte ins Zimmer und knallte Anton LaVeys Buch auf den Schreibtisch. »Church of Satan«. Sie hatte nicht übel Lust, es einfach aus dem Fenster zu schmeißen, es einfach sein zu lassen, sich mit »dem Bösen«, wie Eva Möller es sicher genannt hätte, auseinanderzusetzen.
»Es sind Unmengen von Jakobs Fingerabdrücken im Buch - und nur seine. Auf dem Umschlag haben wir ein paar, die wir nicht identifizieren können, stammen wahrscheinlich aus der Buchhandlung. Jacob hat eine Menge unterstrichen und ein paar Schnörkel an den Rand gemalt.«
»Hast du das Buch gelesen?«
»Nur darin geblättert. Ich hatte keine Zeit, es gründlich zu lesen, aber ich leihe es mir gern wieder aus. Es ist interessant.«
»Wieso?«
Svante schien seine Antwort genauestens zu über legen. Zögernd sagte er dann:
»Das liegt vermutlich an den vielen Satanistenfällen, mit denen ich mich schon beschäftigen musste. Zuerst findet man es nur vollkommen unbegreiflich, wie Leute sich der Teufelsverehrung und diesen merkwürdigen Riten verschreiben können. Aber dann findet man es gegen seinen Willen doch irgendwie interessant. Man fragt sich, was diese Menschen antreibt.«
»Was treibt sie denn an?«
»Macht. Es verlangt sie nach Macht über andere Menschen und nach der Macht, ihr eigenes Ich zu bejahen. Laut LaVey existiert nichts, was dich mehr einschränkt als dein eigenes Ich. Niemand soll über dich bestimmen dürfen. Niemand soll über deine Taten urteilen. Du bist frei, nur du und deine Bedürfnisse zählen. Wenn du dich selbst wohl fühlst, ist alles okay.«
»Alles?«
»Alles. Es ist kein Zufall, dass man bei Ermittlungen in den USA beispielsweise auf den Missbrauch kleiner Kinder gestoßen ist. Sie wurden erst betäubt und dann rituell missbraucht. Der Satanismus gesteht es seinen Anhängern zu, verbotene Gelüste auszuleben. Die meisten Zusammenkünfte enden mit Gruppensex. Sodomie kommt ebenfalls vor. Wie wir wissen, gibt es bei ihren schwarzen Messen auch Tieropfer. Das größte Opfer ist natürlich immer ein Menschenopfer. Das kommt allerdings nicht sonderlich häufig vor.«
Irene dachte darüber nach.
»Kann man sagen, dass der Teufel für sie so etwas wie ein Gott ist?«
Erneut schien Svante zu zögern, ehe er antwor tete.
»Nicht ganz. So wie ich das verstehe, dienen die schwarzen Messen dazu, an der Kraft des Teufels zu partizipieren. Diese Kraft dient dazu, sich von allen kulturellen und religiösen Konventionen zu befreien. Erst dann wagt man es, den Teufel in sich loszulassen. In den verschiedenen Religionen spielt die Gottheit sehr oft eine Gesetz gebende Rolle. Der Gott sagt, was man tun darf und was nicht. Im Satanismus ist das nicht so. Dort soll man sich einfach nur selbst bejahen, und der Teufel gibt einem die Kraft dazu.«
Angewidert sah Irene auf das Buch, das vor ihr auf dem Schreibtisch lag.
» Ich. Ich ist das Schlüsselwort«, stellte sie fest.
Svante nickte.
»Und die absolute Befriedigung der eigenen Bedürfnisse. Bei den meisten von uns verfolgten Verbrechen entdecke ich den Teufel.«
Seine Bemerkung erstaunte Irene außerordentlich .
Als sie sich wieder gesammelt hatte, entgegnete sie verwirrt:
»Was …? Der Teufel in den Verbrechen … Was meinst du damit?«
»Bei den meisten Verbrechen geht es um die Befriedigung eigener Bedürfnisse. Geld, Sex, Macht oder darum, Dampf abzulassen. Der Typ, der vom Türsteher abgewiesen wird und diesem ein Messer in den Bauch rammt, wird vielleicht von dem Teu fel, der in uns allen wohnt, zu seiner Tat inspiriert.«
»Hör schon auf. Diese Leute stehen meist unter Alkohol oder Drogen. Nicht alle ziehen gleich ein Messer, nur weil
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