Tod im Pfarrhaus
Stridner sah ihn über den Brillenrand hinweg an.
»Ja. Die Frau von der Würstchenbude am Södra Vägen hat sich bei uns gemeldet. Sie erinnert sich an ihn. Offensichtlich war er Stammkunde. Er aß dort einige Male in der Woche und immer gegen sechs. Sie erinnert sich noch genau, dass er an diesem Montag da war, denn am Tag darauf bekam sie einen Hexenschuss und musste sich krankschreiben lassen. Der Inhaber eines Herrenbekleidungsgeschäfts am Södra Vägen hat ebenfalls angerufen. Jacob sei Montagabend kurz vor Feierabend in seinem Laden gewesen.«
Der Kommissar ärgerte sich über sich selbst, als er merkte, wie eifrig er draufloserzählte und sich wichtig machte, um zu zeigen, dass auch er den vollen Überblick hatte. Ein Ja hätte genügt.
Die Stridner nickte nur und schaute wieder auf ihre Papiere.
»Auf Grund dessen würde ich den Zeitpunkt des Mordes auf zwischen elf Uhr und elf Uhr dreißig nachts legen. Genauer geht es nicht. Was den Mageninhalt seiner Eltern angeht, ist die Sache schwieriger, da wir nicht genau wissen, wann sie ihre letzte Mahlzeit zu sich nahmen. Sie bestand jedenfalls aus einem Lachsgratin mit Erbsen. Nach dem Verdauungsgrad zu schließen, haben wir es mit etwa sechs Stunden vor Eintritt des Todes zu tun. Was die Getränke angeht …«
Wieder einmal sah die Stridner Andersson äußerst kritisch an. Unbewusst versuchte er, den Bauch einzuziehen, der über den Gürtel hing.
»Bei Elsa Schyttelius fanden sich Kaffee und Wasser im Verdauungskanal, bei Sten Schyttelius Bier und Whisky. Er hatte 1,1 Promille im Blut. Recht viel, vermutlich war er jedoch nur etwas angeheitert. Der Zustand seiner Leber lässt auf einen jahrelangen beträchtlichen Alkoholkonsum schließen.«
»War er Alkoholiker?«
Für den Bruchteil einer Sekunde schien die Stridner zu zögern.
»Nicht direkt Alkoholiker … eher Großverbraucher und Gewohnheitstrinker. Sein Blutzucker war ebenfalls am oberen Ende der Skala. Außerdem hatte er Übergewicht.«
Sie warf Andersson einen viel sagenden Blick zu. Fast hätte er sie nach Puls und Blutdruck gefragt, konnte sich aber gerade noch beherrschen. Das Schlimmste, was einem passieren konnte, war, dass Yvonne Stridner schlechte Laune bekam. Stattdessen sagte er:
»Wir haben herausgefunden, dass um achtzehn Uhr zweiunddreißig vom Pfarrhof aus bei Jakobs Mobiltelefon angerufen wurde. Das ist das letzte Gespräch, das am Mordabend vom Pfarrhaus aus geführt wurde. Vielleicht wollten sie Jacob ja zum Abendessen einladen. Wenn meine Vermutung zutrifft, würde das bedeuten, dass die Schyttelius um Viertel vor sieben oder etwas später gegessen haben. Daraus ließe sich schließen, dass sie erst um Viertel vor eins getötet wurden, mit einer Toleranz von einer Viertelstunde, aber wahrscheinlich eher gegen eins.«
Die Stridner nickte.
»Das kann hinkommen.«
Sie nahm die Brille ab und klopfte mit dem Bügel leicht gegen ihre Schneidezähne.
»War eine regelrechte Hinrichtung«, stellte sie dann sachlich fest.
»Diese Satanistensterne und all dieser andere … Unsinn könnte darauf hindeuten, dass die Morde von Satanisten begangen wurden. Aber irgend wie sieht es doch nicht danach aus. Ich meine … es gibt keinerlei Anzeichen für irgendwelche Ri tuale.«
»Nein. Das hier sind keine Ritualmorde«, pflichtete ihm die Stridner entschieden bei.
»Hatten Sie schon mal einen Satanistenmord zu bearbeiten?«, wagte Andersson zu fragen.
»Ja, einmal. Den Purpurmord. Da hatte ich gerade in der Gerichtsmedizin angefangen. Kennen Sie den Fall?«
»Ja. Ich erinnere mich, war aber an den Ermittlungen nicht beteiligt.«
»Dann muss ich Ihnen die Einzelheiten ja nicht eigens erzählen. Der Mann wurde jedenfalls mit durchschnittener Kehle in seiner Wohnung gefunden. Aber nicht nur das. Jemand hatte ein Penta gramm in seinen Bauch geritzt. Nicht sehr tief, aber es hatte geblutet. Das Opfer war da also noch am Leben gewesen.«
»Hätte er es auch selbst tun können?«, warf der Kommissar ein.
»Nein. Das Pentagramm war sehr ordentlich und hatte gleich große Zacken. Das kann man nicht selber. Nicht einmal vor dem Spiegel. Außerdem stand er unter Drogen.«
»Bitte?«
»LSD. Ich habe mir sagen lassen, dass das bei Zusammenkünften von Satanisten eine recht ge bräuchliche Droge ist. Ich bin diesen Fall einige Jahre später auf einem Kongress in Philadelphia mit einem Kollegen durchgegangen. Er hatte bereits mit drei Ritualmorden zu tun gehabt. Hochinteressant! Zwei Kleinkinder
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