Tod im Pfarrhaus
und ein Teenager, die …«
Die Stridner unterbrach sich und warf Andersson einen raschen Blick zu. Sie nahm sich zusammen und fuhr fort:
»Aber zurück zum Purpurmord. Der Mann hatte also LSD eingeworfen, oder jemand hatte es ihm zwangsweise verabreicht. Wahrscheinlich spürte er nichts, als das Pentagramm in die Bauchdecke geritzt wurde. Abgesehen davon, dass seine Kehle durchschnitten war, hatte er fünf Stichwunden. Das Interessante an diesen Stichwunden war, dass immer dasselbe Messer verwendet worden war, dass vermutlich aber jedes Mal ein anderer zugestoßen hatte.«
Erstaunt zog Andersson die Brauen hoch.
»Davon wusste ich nichts. Natürlich war das nicht mein Fall, aber gerüchteweise hätte man doch davon erfahren müssen …«
»Kein Wunder. Wir haben diese Information nicht weitergegeben, da es sich nur um eine Hypothese handelte.«
»Und wie war die begründet?«
»Der Mann lebte noch, als das Pentagramm eingeritzt wurde, und er war noch am Leben, als ihm jemand die Kehle durchschnitt. Das Blut spritzte nur so, und er verblutete recht schnell. Die Stichwunden waren sehr unterschiedlich. Zwei seitlich am Brustkorb waren nur wenige Zentimeter tief. Eine ging direkt ins Herz und wäre allein schon tödlich gewesen. Ebenso ein Bauchstich, Lazeration der Leber. Der letzte Stich richtete sich selt samerweise auf die Partie über dem Schambein und traf die Blase. Keine dieser Stichwunden hatte sonderlich geblutet, was darauf hindeutet, dass der Mann bereits eine Weile tot war, als ihm diese Verletzungen beigebracht wurden.«
»Ich meine mich zu erinnern, dass einiges auch auf sexuelle Kontakte hindeutete …«
»Ja. Scheidensekret am Penis und Sperma im Anus. Er hatte also Sex mit mindestens einem Mann und einer Frau. Heutzutage würden wir die DNA analysieren, aber das ging damals noch nicht.«
Yvonne Stridner verstummte und betrachtete einen Punkt über dem Kopf des Kommissars.
»Sie erinnern sich erstaunlich gut«, erdreistete er sich zu sagen.
Die Professorin erwiderte trocken:
»Ja. Der Fall war einprägsam. Ungewöhnlich.«
Sie rückte ihre Brille zurecht und sah auf die Papiere, die vor ihr auf dem Tisch lagen.
»Ich bin auf diesen Fall eingegangen, weil ich begründen wollte, warum ich die Schyttelius-Morde nicht für Ritualmorde von Satanisten halte. Zum einen spricht das Aussehen der Tatorte dagegen. Keine Auffälligkeiten oder Utensilien für satanistische Rituale. Das Einzige sind die Symbole auf den Computermonitoren.«
»Im Schlafzimmer der Schyttelius war das Kruzifix umgedreht …«
»Das sollte sicherlich nur Verwirrung stiften. Nichts an den Leichen lässt auf ein Ritual schließen. Die Opfer sind kaltblütig hingerichtet worden.«
Andersson nickte. Er gab Frau Professor Stridner Recht.
»Aber wenn sie nicht von Satanisten ermordet wurden, wer war es dann?«
»Ein Mörder ohne Gnade. Ein geübter Schütze, zielsicher. Keines der Opfer ist nach dem Mord noch angefasst worden. Er wusste, sie waren tot.«
Andersson dachte darüber nach, was Frau Stridner gesagt hatte.
»Merkwürdig, dass die einzigen geübten und zielsicheren Schützen, die im Zusammenhang mit dieser Ermittlung auftauchen, Sten und Jacob Schyttelius selbst sind«, meinte er dann resigniert.
Bereits am Dienstagabend begann sich Irene auf ihre Londonreise vorzubereiten. Sie bügelte ihre blaue Leinenhose und das dazu passende Jackett. Dazu würden die dunkelblauen Pumps mit den halbhohen Absätzen sehr gut passen. Aber was sollte sie unter die Jacke anziehen? Nach langem Hin und Her entschied sie sich für ein blasslila Top mit einem tiefen V-Ausschnitt. Die Zeit zwischen Einchecken und Boarding wollte sie zum Einkaufen nutzen. Vielleicht würde sie ja einen Lippenstift und ein Parfüm finden. Ihre Wimperntusche war auch fast zu Ende und …
Sie wurde aus ihren Überlegungen gerissen, als die Haustür aufschlug und Katarina hereinstürmte.
»Hallöchen. Rate mal.«
»Hallo. Was?«
»Ich habe den Wettbewerb abgesagt. Ich hab bei dem Club angerufen, wo Samstag das Finale stattfindet, und gesagt, dass ich für diesen Miss-Unsinn keine Zeit habe.«
»Und was haben sie gemeint?«
»Sie haben sich wahnsinnig aufgeregt. Aber das ist mir scheißegal. Diese Glubschaugen sollen sehen, wie sie zurechtkommen.«
Summend verschwand sie in ihrem Zimmer.
Woher dieser schnelle Sinneswandel? Warum brauchte ihre Tochter nicht mehr die Bestätigung, hübsch zu sein? Hatte sie Angst, nicht zu gewinnen? Oder …?
Auf
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