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Tod im Pfarrhaus

Tod im Pfarrhaus

Titel: Tod im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Raum konnte man sich eigentlich nicht verstecken, aber dem Pastor war es trotzdem geglückt. Mit ausdrucksloser Miene sah er auf drei dunkelhäutige Männer auf einer Bank. Er musste schielen, um gleichzeitig eine zwielichtige Gestalt, die in einem Sessel die Göteborgs Posten las, im Auge zu behalten. Irene hätte ihn darüber aufklären können, dass es sich um einen Gefängniswärter in Zivil handelte, der auf jemanden wartete. Stattdessen öffnete sie nur die Glastür und lächelte ihr Willkommenslächeln. Erleichtert eilte Berg auf sie zu.
     
    »Ich habe hin- und herüberlegt, was ich tun soll … aber jetzt habe ich mich entschlossen, alles zu erzählen«, sagte Urban Berg.
    Ganz aufrecht saß er auf Irenes Besucherstuhl. Kaffee hatte er keinen haben wollen. Irene ließ ihn einen Augenblick allein und holte sich einen Becher. Als sie zurückkam, saß er noch genauso da wie vorher.
    Jetzt sah er Irene in die Augen und wiederholte:
    »Ich habe mich entschlossen, alles zu erzählen.«
    Dann unterbrach er sich erneut. Irene trank ihren Kaffee und wartete darauf, dass er endlich anfangen würde.
    »Es war der Freitag vor den Morden. Sten kam nachmittags zu mir. Wir unterhielten uns. Es war sehr nett, und wir aßen einen Happen. Sehr nett, wie gesagt. Er sagte …«
    Hier verstummte der Pfarrer und schielte zur Seite. Irene hatte das Gefühl, dass er ungeheuer verlegen war. Sie überlegte, ob sie ihn fragen sollte, wie viel sie getrunken hätten, hielt das dann aber für unwesentlich. In Anbetracht der Trinkgewohnheiten der beiden Herren war es sicher einiges gewesen. Berg räusperte sich und nahm erneut Anlauf:
    »Er sagte, er hätte den Verdacht, Louise Måårdh habe Geld der Gemeinde unterschlagen.«
    Irene war außerordentlich überrascht. War es wirklich möglich, dass die Gemeindebuchhalterin Louise Måårdh Geld veruntreut hatte? Die hübsche, elegante … Irene fiel auf einmal die schöne Perlenkette ein und das wunderbar geschnittene Kostüm, das Louise vor einer Woche getragen hatte. Irene musste sich eingestehen, dass ihr Eindruck von Louise auch den Begriff teuer umfasste.
    »Hatte er Beweise für seinen Verdacht?«
    Verlegen rutschte Urban Berg auf seinem Stuhl hin und her und entgegnete dann:
    »Ich … wir sprachen darüber, dass Bengt und Louise sich schon wieder ein neues Auto gekauft hätten. Es ist noch nicht mal drei Jahre her, dass sie sich den Volvo zugelegt haben. Der war damals nagelneu. Jetzt haben sie sich einen BMW gekauft!«
    Beim letzten Satz zog er vielsagend die Augenbrauen hoch.
    Offensichtlich hielt er den BMW für einen klaren Beweis für die Betrügereien der Eheleute Måårdh. Als Irene seine Auskunft nicht weiter kommentierte, sah er erst enttäuscht aus, aber dann kehrte seine Entschlossenheit zurück.
    »Letzten Winter sind sie auf die Malediven geflogen. Den Sommer davor waren sie in Italien, und jetzt wollen sie, glaube ich, nach Griechenland. Die Söhne studieren ohne staatliches Darlehen, und beide haben eine eigene Wohnung. Außerdem haben sie sich ein größeres Boot gekauft, das in Björlanda Kile liegt. Das kostet alles viel Geld!«
    Seine Stimme klang triumphierend. Irene versuch te, ihre Worte genau zu wählen. Dann sagte sie:
    »Hatte Sten Schyttelius den Verdacht, dass die Gemeindebuchhalterin Geld unterschlug, weil ihre Familie mit all diesen Ausgaben klarkam?«
    Eine schwache Röte stieg den Hals des Pfarrers empor und breitete sich hässlich auf seinen bleichen Wangen aus.
    »Er … er fand es - wie auch ich - sehr merkwürdig, dass sie sich das alles leisten konnten. Pfarrer verdienen nicht gerade viel.«
    »Aber er hatte keinen Beweis für seinen Verdacht«, stellte Irene fest.
    »Nicht direkt. Aber in den letzten Jahren gab es immer wieder entsprechende Gerüchte. Laut Sten haben nicht nur wir beide uns Gedanken gemacht.«
    Irene betrachtete den Mann, der kerzengerade auf dem Besucherstuhl saß. Sie war geneigt, Tom my Recht zu geben: Urban Berg war eine Klatschtante. Erfahrung hatte sie jedoch gelehrt, dass Klatsch häufig ein Körnchen Wahrheit enthält, wenn auch nicht immer. Vielleicht war es den Versuch wert, dieser Sache nachzugehen. Aber das sollte jemand anderes tun. Sie wollte nach London.
     
    »Ich habe mir den Wald zwischen Norssjön und dem Pfarrhof in Kullahult näher angesehen. Ich fand es gar nicht mal so schwierig, durchzukommen.«
    Fredrik hatte die beiden Kartenblätter zusammengeklebt, die der Kommissar aus dem Atlas gerissen hatte, als er

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