Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Pfarrhaus

Tod im Pfarrhaus

Titel: Tod im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
Vom Netzwerk:
Ermittlung gestaltete sich chaotisch. Mehrere Dezernate waren beteiligt. Irene war mit den Morden befasst, erst nur mit einem, dann mit zweien, da der Anführer kurz nach dem Granatenangriff gegen Mitternacht seinen Verletzungen erlegen war.
    Am Ostermontag sollte Fredrik Stridh morgens seinen Dienst antreten. Man hatte ihn zum Attentatsort bei Alingsås abkommandiert. Irene hielt es für das Beste, ihm einen kurzen Lagebericht zu geben, ehe sie losfuhren. Er saß in seinem Zimmer auf seinem Besucherstuhl, den Kopf gegen die Wand gelehnt. Es hatte den Anschein, als schliefe er. Das tat er auch. Unsanft schüttelte Irene ihn am Oberarm, um ihn zu wecken. Stöhnend setzte er sich auf. Dann griff er sich sofort an den Kopf und ließ diesen wieder gegen die Wand sinken. Erneut schloss er die Augen, und Irene sah erstaunt, dass er lächelte. Ungewöhnlich, wenn er wirklich so verkatert war, wie er tat.
    »Hallo! Ran an die Arbeit! Wir haben alle Hän de voll zu tun. Der Rockerkrieg ist ausgebrochen!«, schrie Irene, um ihn zu einer Reaktion zu zwingen.
    »Okay, okay«, murmelte Fredrik und nickte.
    Immer noch spielte ein zufriedenes Lächeln um seine Lippen, aber jetzt öffnete er immerhin die Augen einen Spaltweit. Misstrauisch beugte Irene sich über ihn und schnupperte. Keine Fahne. Er war stocknüchtern. Seine Augen funkelten belustigt, jedenfalls das, was sie von ihnen sehen konn te. Irene stemmte die Hände in die Seiten und sagte gespielt barsch:
    »Junger Mann, was hast du jetzt schon wieder angestellt, dass dir jeder Saft abhanden gekommen ist?«
    »Wie willst du wissen, dass ich etwas angestellt habe?«, fragte er und sah spöttisch zu ihr hoch.
    »Weil du so wahnsinnig zufrieden aussiehst.«
    Fredrik kicherte leise, ehe er antwortete:
    »Du hast eine gute Menschenkenntnis. Aber von anstellen kann nicht die Rede sein. Wir haben verspätet das Fest der Ostara gefeiert. Sie haben kein Osterfest.«
    »Das Fest der Ostara? Was soll das denn sein?«
    »Die Tag-und-Nacht-Gleiche.«
    Er schloss wieder die Augen. Tag-und-Nacht-Gleiche? Wer feierte die anstelle des Osterfestes? Plötzlich ging Irene ein Licht auf.
    »Gib mir Kraft und Stärke! Hast du mit Eva Möller Hexensabbat gefeiert?«
    Ein seliges Lächeln breitete sich auf Fredriks Gesicht aus. Die Antwort erübrigte sich.
     
    »Das ist ja vollkommen unwirklich. So sieht es in Bosnien oder Tschetschenien aus, aber nicht in Schweden«, sagte Fredrik.
    Irene und er waren äußerst beklommen, als sie in den Trümmern des Bauernhofs herumliefen. Die Spurensicherung war bereits die ganze Nacht über bei der Arbeit gewesen, aber längst noch nicht fertig.
    »Wo haben diese Idioten nur den Granatwerfer herbekommen?«, ließ sich Anderssons Stimme hinter ihnen vernehmen.
    Mit wehendem Mantel eilte er zwischen den verkohlten Brettern hindurch. Er hatte natürlich nicht zu Hause bleiben können, jetzt, wo die richtig happigen Sachen passierten.
    »Ich habe das Gefühl, dass die einfach alles kriegen. Diese Burschen schwimmen im Geld. Und kaufen lässt sich alles. Auch von der Armee«, sagte Irene, um Anderssons Frage zu beantworten.
    »Kennst du jemanden von diesem Gesindel? Es ist noch keiner identifiziert, weder der Tote noch die Verletzten. Du hattest doch schon früher mit den Hell’s Angels zu tun«, fuhr der Kommissar ganz außer Atem fort.
    Allerdings. Irene war ausgewählten Mitgliedern der Hell’s Angels bereits begegnet, aber diesen Zusammenstoß wollte sie lieber vergessen.
     
    Erst in den frühen Morgenstunden war Irene wieder zu Hause. Krister lag schon schnarchend auf seiner Seite des Betts. Sobald sie die Augen schloss, sah Irene die Bilder des abgebrannten Hauses vor sich. Sie konnte einfach keinen Schlaf finden. Seufzend stand sie auf, zog ihren Frotteebademantel an und ging runter in die Küche. Sammie nutzte sofort die Gelegenheit, es sich in ihrem noch warmen Bett bequem zu machen.
    Sie zündete eine Kerze an, goss sich ein Glas Milch ein und machte sich ein Knäckebrot mit Brie. Es war richtig gemütlich, im flackernden Kerzenschein zu sitzen und ein leckeres nächtliches Käsebrot zu essen, obwohl man das fast schon als Frühstück bezeichnen konnte. Sie starrte in die Flamme und merkte, wie sie allmählich ruhiger wurde. Etwas, was während der Dramatik der letzten vierundzwanzig Stunden in Vergessen heit geraten war, kam langsam wieder an die Ober fläche. Etwas, was Glen Thomsen bei ihrem letzten Telefongespräch gesagt hatte. Plötzlich

Weitere Kostenlose Bücher