Tod im Schärengarten
wollte er vermutlich gerade die Eingangstür öffnen. Aber weiter ist er nicht gekommen.«
Margit drehte sich zu der Zifferntastatur um, die ungefähr in Schulterhöhe an der Wand befestigt war, und beugte sich leicht nach vorn.
»So? Wenn er dabei war, den Haustürcode einzugeben, und der Schuss ihn in die rechte Schläfe traf, müsste er ungefähr so dagestanden haben, oder?«
Thomas musterte ihre Körperhaltung und nickte.
»Sachsen hat gesagt, dass Nyrén aus mindestens zwanzig Metern Entfernung erschossen wurde, wahrscheinlich mehr. Und außerdem schräg von oben.«
Er ging rückwärts über die Straße, bis er mit dem Rücken am gegenüberliegenden Haus stand. Der Abstand konnte hinkommen, ungefähr zwanzig Meter, aber er stand immer noch auf einer Höhe mit Margit.
Thomas drehte sich um. Das Gebäude wirkte eine Idee heruntergekommen.
Margit überquerte die Straße und blieb neben Thomas stehen.
»Denkst du dasselbe wie ich?« Sie sah zu der Haustür auf der anderen Straßenseite hinüber. »Vielleicht hat der Täter von hier aus geschossen. Zum Beispiel von einem der Fenster da.«
Sie schirmte die Augen mit einer Hand ab und zeigte auf eine Reihe Fenster im Hochparterre. Dann beugte sie sich vor und studierte die Schilder neben dem Eingang.
»Sieht aus, als ob in diesem Haus lauter Geschäftsräume sind. Ich kann keine Namen von Personen entdecken, nur Firmen.«
Thomas schaute ihr über die Schulter, um ebenfalls einen Blick auf die Schilder zu werfen. Plötzlich zuckte er zusammen.
STRANDVÄGENS KONSTHANDEL stand auf einer der Metalltafeln, die fein säuberlich in einer senkrechten Reihe montiert waren.
Sofort hatte er wieder die geschwungene Schrift an der Eingangstür zu Ingmar von Hahnes Galerie vor Augen. Ingmar von Hahne, Vorstandsmitglied des KSSS und der Chef von Diana Söder, Julianders letzter Geliebten.
Das konnte kein Zufall sein.
Vermutlich befanden sich hier die Lagerräume der Galerie. Und jemand hatte sich im Lager versteckt, um Martin Nyrén zu erschießen.
Vielleicht von Hahne selbst? Wenn ja, warum?
»Komm«, sagte er zu Margit. »Wir gehen zuerst hoch in Nyréns Wohnung. Anschließend besorgen wir uns einen Durchsuchungsbeschluss für das Lager.«
Thomas öffnete die massive Eichentür und stieg über eine Morgenzeitung, die auf der Fußmatte lag. In der Wohnung roch es frisch geputzt. Er nickte kurz einem der Kriminaltechniker zu, die noch mit der Spurensicherung beschäftigt waren.
»Wie läuft’s?«
Der Mann blickte von seiner Arbeit auf.
»Geht so. Hier ist es viel zu aufgeräumt für meinen Geschmack. Wahrscheinlich war erst vor Kurzem eine Reinigungskraft hier. Leider ist es so sauber, wie es nur sein kann.«
»Habt ihr Fingerabdrücke gefunden?«
»Bisher nicht. Aber ich bin ja noch nicht fertig.« Der Mann lächelte selbstsicher, überzeugt von seiner eigenen Tüchtigkeit.
Die geräumige Dreizimmerwohnung zeugte von einem Bewohner, der großen Wert auf sein Zuhause legte. Die Einrichtung war teuer, aber nicht protzig. Alle Zimmer waren gemütlich und aufgeräumt. An den Wänden hingen Bilder in kräftigen Farben und vor den Fenstern im Wohnzimmer standen schöne weiße Orchideen in einheitlichen Töpfen. Alles sah sehr gepflegt aus.
Weit entfernt von einer typischen Junggesellenwohnung, dachte Thomas und sah sein eigenes sparsam möbliertes Zweizimmerappartement vor sich – ein Dach über dem Kopf, mehr nicht.
Sie gingen durch die Wohnung und ließen sich viel Zeit, während sie versuchten, sich ein Bild vom toten Wohnungseigentümer zu machen.
Thomas hob den Telefonhörer ab und wählte versuchsweise die Nummer des automatischen Anrufbeantworters von Telia. Aber die Telefongesellschaft hatte weder neue noch alte Anrufe gespeichert.
Im Schlafzimmer herrschte die gleiche perfekte Ordnung wie in der restlichen Wohnung. Die Einrichtung war in nüchternen Farben gehalten. Auf dem Nachttisch stapelten sich mehrere Bücher, aber Thomas kannte keinen der Verfasser.
Auf einem Schreibtisch sah er ein par ausgestöpselte Datenkabel, ein Zeichen, dass die Techniker Nyréns Computer bereits mitgenommen hatten. Mit etwas Glück waren sie schon dabei, den Inhalt der Festplatte zu untersuchen.
Auch die Küche war auffallend sauber und ordentlich. Ein großer Gasherd beherrschte den Raum. Margit öffnete den Kühlschrank.
»Nicht gerade ein bescheidenes Junggesellenleben«, sagte sie und zeigte hinein.
Die Fächer waren wirklich gut gefüllt, stellte Thomas fest.
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