Tod im Schärengarten
Gegenfrage.
»Seit wann wussten Sie, dass Diana Söder ein Verhältnis mit Oscar Juliander hatte?«
Ingmar von Hahne zuckte zusammen.
»Das habe ich in der Zeitung gelesen.«
»Die beiden haben sich vorletztes Jahr auf einer Weihnachtsparty kennengelernt«, sagte Margit. »Sie hatten offenbar seit achtzehn Monaten eine Affäre. Und Sie wollen nichts davon gewusst haben?«
Ingmar von Hahne sank auf seinem Stuhl zusammen.
»Oscar war verrückt nach Frauen, das war kein Geheimnis. Aber ich wusste nicht, dass sie mit Oscar zusammen war, das habe ich erst neulich erfahren.«
Er griff nach dem Glas Wasser, das vor ihm stand, und trank einen Schluck. Seine Hand zitterte.
Thomas beobachtete ihn.
Ingmar von Hahne sah nicht gesund aus. Und er sah aus, als hätte er sich wahllos irgendwelche Sachen angezogen. Der früher so gut gekleidete Kunsthändler war nicht wiederzuerkennen.
»Glauben Sie, dass Diana Söder fähig gewesen wäre, Oscar Juliander aus Eifersucht zu töten?«
»Auf gar keinen Fall.« Die Antwort kam schnell und ohne Zögern. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Diana in der Lage wäre, überhaupt jemanden zu töten. Sie ist der weichherzigste Mensch, den man sich vorstellen kann, alleinerziehende Mutter eines kleinen Jungen. Ich glaube, sie weiß nicht einmal, wie man eine Schusswaffe hält.«
»Wissen Sie, ob sie Martin Nyrén kannte?«, fragte Margit.
»Keine Ahnung. Vielleicht hat sie ihn mal auf einer unserer Weihnachtspartys getroffen, genau wie Oscar.«
Thomas wechselte das Thema. »Ist Ihnen bekannt, ob zwischen Oscar Juliander und Martin Nyrén etwas vor sich ging?«
»Etwas vor sich ging? Wie meinen Sie das?«
»Haben sie gemeinsame Geschäfte gemacht?«, verdeutlichte er. »Hatten sie gesellschaftlichen Umgang miteinander? Fällt Ihnen irgendwas ein, was erklären könnte, warum beide jetzt tot sind?«
»Das Einzige, was mir als gemeinsamer Nenner einfällt, ist der KSSS . Das ist der einzige Berührungspunkt zwischen den beiden, von dem ich weiß.«
»Wie standen Sie zu Martin Nyrén? Gab es Streit oder vielleicht einen unterschwelligen Konflikt?«
Ingmar von Hahne sah aus, als wollte er jeden Moment in Tränen ausbrechen.
»Ich?«, sagte er mit zitternder Stimme. »Ich habe Martin sehr gemocht. Oscar auch.«
Ein Gedanke zuckte Thomas durch den Kopf. Ingmar von Hahne hatte auffällig betont, ja geradezu als Tugend hingestellt, wie wenig er nach dem Posten als Vorsitzender des KSSS strebte. Konnte es sein, dass genau das Gegenteil zutraf? War es vielleicht nur eine Fassade, hinter der er sich versteckte? Ehrsucht konnte eine starke Triebkraft sein, nicht zuletzt in den feinen Kreisen, in denen von Hahne sich bewegte.
Es hörte sich zwar an, als würde Ingmar von Hahne die Wahrheit sagen. Aber vielleicht war seine Erschütterung gespielt. Thomas wusste aus Erfahrung, wie geschickt manche Menschen im Lügen waren, deshalb beschloss er, den Mann zu provozieren.
»Wie lange versuchen Sie schon, Vorsitzender des KSSS zu werden?«
Ingmar von Hahne schien überrascht.
»Wie meinen Sie das?«
»Genauso, wie ich es sage. Wir suchen nach möglichen Motiven für zwei Morde. Übertriebener Ehrgeiz könnte ein solches Motiv sein. Das ist nicht ungewöhnlich.«
Thomas fixierte ihn mit dem Blick.
»Wären Sie bereit, für diesen Posten zu töten?«
Ingmar von Hahne richtete sich auf, als versuchte er, sich zu sammeln. Dann starrte er Thomas mit einem Ausdruck an, der an Abscheu erinnerte.
»Sind Sie verrückt geworden?« Die Empörung war seiner Stimme deutlich anzumerken. »Ich habe diese Position niemals angestrebt,das kann ich Ihnen versichern. Dass ich zum Vorsitzenden vorgeschlagen wurde, hat nichts mit den Todesfällen zu tun. Es ist bizarr, so etwas zu denken. Bizarr.«
Ingmar von Hahne kniff die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Die früher so jungenhafte Erscheinung war wie weggeblasen.
»Der Posten des Vorsitzenden ist weiß Gott das Letzte, wonach ich strebe«, sagte er und klang, als säße ihm das Weinen im Hals. »Mein ganzes Leben lang habe ich mich bemüht, das zu tun, was man von mir erwartet. Wenn Sie glauben, ich wäre bereit gewesen, Oscar für eine solche Aufgabe zu erschießen, dann sind Sie wirklich verrückt.«
Er blickte sich im Raum um, als suchte er nach Unterstützung. Dann wandte er sich an Margit, die er offensichtlich für die Sympathischere der beiden hielt.
»Alle, die mich kennen, werden Ihnen versichern, dass ich keiner Fliege etwas
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