Tod im Schärengarten
zuleide tun kann.« Auf seinem Gesicht erschien ein bettelnder Ausdruck. »Kann ich jetzt gehen?«
Sie waren dabei, ihre Eindrücke des heutigen Tages zusammenzutragen. Inzwischen war es halb sieben, früher Abend. Vor dem Fenster hörte man eine Amsel unbekümmert ihr Lied zwitschern.
Margit hatte sich auf den Besucherstuhl gegenüber von Thomas gesetzt. In ihren müden Augen spiegelten sich seine eigenen.
Sie hatten alle möglichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Jeder, der eine leitende Funktion im KSSS hatte, war mit einem Alarmgerät und einer Notrufnummer versorgt worden. Die Vorstandsmitglieder hatten strenge Instruktionen erhalten, vorsichtig zu sein – sich nicht in unbekannten Gegenden aufzuhalten, nicht nach Einbruch der Dunkelheit allein irgendwohin zu gehen, ihre Umgebung wachsam im Auge zu behalten.
Der Alte hatte viele empörte Anrufe bekommen, alle mit demselben Thema: War das alles, was der Rechtsstaat unternahm, um seine Bürger zu schützen?
Die Leute fürchteten um ihr Leben, verstand er das nicht?
Am Ende hatte die schlimme Sommererkältung ihn umgehauen. Vermutlich würde er mehrere Tage lang das Bett hüten müssen. Ob es nur die Bazillen waren oder ob der Ansturm dazu beigetragen hatte,war nicht zu ermitteln. Aber sogar der Alte sah schließlich ein, dass er zu krank war, um im Dienst zu bleiben.
Thomas wusste, dass nicht genug Polizisten verfügbar waren, um zwei Dutzend Leute rund um die Uhr vor einem unbekannten Täter zu schützen. Ein derartiger Einsatz war einfach illusorisch. Aber das minderte natürlich nicht den Zorn, der ihnen entgegenschlug.
Die Medien heizten ihnen auch kräftig ein. Wahrscheinlich würde es nicht mehr lange dauern, bis die Landeskripo sich einschaltete.
Einige der bekannteren Unternehmer im Vorstand des KSSS hatten die Sache selbst in die Hand genommen. Diskret hatten ihre Firmen Personenschützer für die Chefs angeheuert.
Obwohl Thomas aus Prinzip derartige Privatlösungen missbilligte, sah er ein, dass es etwas von dem Druck wegnahm, der auf ihnen als Polizei lastete. Noch ein weiterer Mord an einem Vorstandsmitglied wäre verheerend. Die jetzige Situation war schon schlimm genug.
Diana Söder war eine gute Stunde nach Ingmar von Hahne auf der Polizeistation erschienen, völlig überrascht, dass man sie vorgeladen hatte. Als Thomas ihr erklärte, dass sie eine der Personen war, die Zugang zu dem Lagerraum hatten, von dem aus Martin Nyrén erschossen worden war, machte das die Sache nicht besser.
Thomas verschränkte die Hände hinter dem Kopf und streckte sich.
»Wir haben zwei Leute, die behaupten, nichts mit den Todesschüssen zu tun zu haben. Diana Söder sagt, dass sie noch nie in ihrem Leben eine Waffe in der Hand gehabt hat. Und dass sie Martin Nyrén außerdem nie begegnet ist. Ingmar von Hahne streitet rundweg alles ab.«
»Sie hat ziemlich heftig auf deine Frage reagiert, ob sie Juliander erschossen hat.« Margit runzelte die Augenbrauen. »Glaubst du, dass sie aufrichtig ist?«
»Schwer zu sagen. Aber ich bezweifle nicht, dass sie ihn geliebt hat, und sie hat unbestreitbar ein wasserdichtes Alibi für den Mord an Juliander. Das hat dieser von Hahne auch. Außerdem hat Söder uns ja freiwillig von diesen anonymen Mails erzählt.«
»Das kann auch ein Trick gewesen sein.«
»Möglich, aber ich glaube nicht, dass sie so clever ist. Sie könnte natürlich auch jemanden angeheuert haben. Einen bezahlten Handlanger, der ihr geholfen hat. So was kommt vor.«
»Schon«, erwiderte Margit zögernd, »aber nicht sehr oft. Und die Frage ist, was sie davon gehabt hätte, ihren Liebhaber umzubringen.«
»Vielleicht wollte er mit ihr Schluss machen. Vielleicht war sie eifersüchtig. Vielleicht wollte sie verhindern, dass er sie sitzen lässt.«
»Möglich. Aber ist das wahrscheinlich? Und warum hätte sie dann auch Nyrén töten sollen?« Margit verschränkte die Arme über der Brust und lehnte sich zurück. »Wie passt er ins Bild?«
»Der Einzige, der nach unserem jetzigen Wissensstand einen Nutzen von Julianders Tod hat, ist dieser von Hahne.«
»Wegen des Postens als Vorsitzender des Segelklubs? Glaubst du das wirklich?«
Thomas zuckte mit den Schultern.
»Der Schuss wurde aus seinem Lagerraum abgefeuert. Vergiss das nicht.«
»Das kann Zufall sein. Der Raum liegt zweifellos günstig. Aber warum sollte er Nyrén loswerden wollen? Mal angenommen, dass von Hahne der Mörder ist.«
»Das weiß ich nicht. Nyrén ist ihm vielleicht auf
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