Tod im Schärengarten
werden musste. Die Küche war zwar altmodisch, aber nicht abgewohnt. Ein neuer Anstrich und ein moderner Herd würden Wunder wirken. Vielleicht konnten sie sich auch noch eine Geschirrspülmaschine leisten.
Die schönen Möbel im Esszimmer würde sie nicht auswechseln, auch nicht die Rattan-Sitzgruppe auf der Veranda. Signes zarte weiße Spitzengardinen konnten ebenfalls hängen bleiben. Aber aus dem Salon nebenan könnten sie ein Fernsehzimmer machen. Und die kleine Gästetoilette würde sie neu tapezieren, das schaffte sie auch allein. Mit kleingeblümten Tapeten in einem hellgelben Farbton, der an eine Sommerwiese erinnerte.
Nicht gerade eine Luxusrenovierung, aber zweckmäßig.
Sie öffnete die Augen und ließ den Blick zum Meer wandern, über dem eine graue Wolkenwand lag.
Aus den Augenwinkeln sah sie, wie einer der Nachbarn seine Topfgeranien goss.
Wie oft hatte sie hier gesessen und mit Signe geplaudert, während die treue Kajsa zu ihren Füßen auf dem Flickenteppich lag. All die vielen Tassen Kaffee, die sie aus Signes dunkelbraunen Höganäs-Bechern getrunken hatten.
Was Signe an diesem letzten Abend wohl gedacht hatte?, fragte Nora sich wehmütig. War sie voller Reue gewesen oder nur fest entschlossen, ein Ende zu machen? Als könnte sie ihre Taten büßen, indem sie sich das Leben nahm.
Nora hätte nie gedacht, wie sehr sie Signe vermissen würde. Aber als sie nach Sandhamn zurückkam und vor dem stillen, leeren Haus stand, hatte der Verlust ihr fast den Atem geraubt.
Es war unfassbar, dass sie die Frau, die seit ihrer Kindheit immer in ihrer Nähe gewesen war, nie mehr wiedersehen sollte. Ihre Tante Signe, die ihr zugehört und sie getröstet hatte, ganz gleich, ob es um ein zerrissenes Optimisten-Segel ging oder um eine zerbrochene Teenagerliebe.
Tante Signe, die winzige hellblaue Babysöckchen für Adam und Simon gestrickt und später Sommer für Sommer Himbeernester für die Jungs gebacken hatte.
Noras Augen füllten sich mit Tränen, als sie daran dachte, wie fürsorglich Signe sogar dann noch gewesen war, als sie an der Schwelle ihres eigenen Todes stand. Und wie wichtig es deshalb war, ihren letzten Wunsch zu respektieren.
Verwundert erkannte Nora, dass die Entscheidung gefallen war.
Warum war er nicht einfach gegangen?
Er hatte sich die Frage schon oft gestellt. Immer wieder alle denkbaren Konsequenzen durchdacht.
Die Kinder, am Ende ging es immer um die Kinder.
Obwohl ihre Mutter ihn so geschickt außen vor hielt, hatte er es nicht fertiggebracht, die Kinder zu verlassen. Sie einer Scheidung auszusetzen, mit allem, was das an Demütigungen und Gerede, abschätzigen Blicken und mitleidigem Getue von Freunden und Bekannten bedeutet hätte.
Zugegeben, er war kein idealer Ehemann gewesen. Wirklich nicht. Im Laufe der Jahre hatte er immer wieder Affären gehabt. Aber er war diskret gewesen, immer diskret.
Vermutlich hatte seine Frau es genauso gemacht.
Zumindest würde es ihn nicht wundern. So selten, wie sie miteinander schliefen, konnte es durchaus sein, dass sie sich anderweitig vergnügte. Diskret natürlich, sie auch. Sogar sie hielt sich an die Anstandsregeln.
Ehrlich gesagt interessierten ihn ihre Seitensprünge nicht.
Mit seiner letzten Liebe war alles anders geworden. Sie hatte etwas in ihm geweckt, von dem er geglaubt hatte, es wäre schon lange tot und begraben. Plötzlich hatte er sich wieder jung und lebendig gefühlt, voller Kraft und Enthusiasmus.
Das Leben war so spannend gewesen wie seit vielen Jahren nicht mehr. Er war morgens aufgewacht und sein Körper hatte vor Erwartung gekribbelt. Und zum ersten Mal hatte er ernsthaft an Scheidung gedacht. Hatte begonnen, auf eine andere Art Leben zu hoffen.
Vielleicht hätte es auch für ihn eine zweite Chance gegeben?
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Donnerstag, fünfte Woche
Kapitel 80
Die Lagebesprechung sollte nur kurz sein, es war schon nach fünf und die Müdigkeit im Raum nicht zu übersehen.
Sie hatten eine hektische Woche hinter sich und waren doch weit von einem Ergebnis entfernt. Zwei Morde und kein Mörder. Die Situation war, gelinde gesagt, angespannt.
Der Alte räusperte sich und Stille breitete sich aus. Eine mutlose Stille, die keine spontanen Einfälle begünstigte.
Thomas spielte mit seinem Stift herum, unfähig, sich zu konzentrieren. Martin Nyrén, schrieb er immer wieder. Oscar Juliander. General Mind. Rasch war der ganze Block vollgekritzelt.
»Was machen wir mit von Hahne?«, sagte der Alte.
Margit stieß einen
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