Tod im Schärengarten
philosophisch.
»Man wird ihnen vermutlich nichts anhaben können«, sagte Thomas. »Wir haben den Vertrag gelesen, er scheint völlig in Ordnung zu sein. Ich habe zwar nicht Jura studiert, aber der ist sicher wasserdicht.«
Der Alte nickte zustimmend.
»Da Juliander tot ist, können wir niemanden wegen Bestechung belangen«, sagte Margit. »Und Zeugen dafür gibt es auch nicht. Glaubt ihr, dass sie ihn umgebracht haben? Um ihn für immer zum Schweigen zu bringen?«
»In dem Fall hätten sie das wohl gleich gemacht, nachdem ihnen das Patent übertragen wurde«, widersprach Thomas. »Aber warum sollten sie überhaupt so etwas tun? Mit dem Bestechungsgeld haben sie sich Julianders Schweigen doch sowieso erkauft.«
»Auf jeden Fall dürfte es außerordentlich schwer sein, einem ausländischen Konzern wie General Mind die Bestechung eines schwedischen Rechtsanwalts nachzuweisen«, konstatierte der Alte. »Wir haben keine konkreten Beweise, nur unsere eigenen Spekulationen.«
»Das bringt mich echt auf die Palme«, schimpfte Margit. »Dass Juliander damit so leicht durchkommen soll.«
Der Alte lächelte andeutungsweise.
»Der Mann ist tot, vergiss das nicht.«
Thomas nickte. Ob Juliander damit durchkam oder nicht, war zu diesem Zeitpunkt völlig unwichtig. Zwei Meter unter der Erde spielte das keine Rolle mehr.
Margit sah trotzdem wütend aus. Auf ihrer Stirn zeigte sich eine steile Falte.
Aber das Thema war ausgeschöpft.
Die Tür ging auf und Kalle kam mit einem Stapel Blätter in der Hand herein. Er wirkte aufgeregt.
»Tut mir leid, dass ich zu spät komme«, sagte er. »Wir haben endlich die Telefonliste. Mit tausend Entschuldigungen von Telia, dass sie so lange dafür gebraucht haben. Aber jetzt wissen wir, mit wem Martin Nyrén in den letzten Monaten telefoniert hat.«
Er breitete die Ausdrucke auf dem Tisch aus und blätterte darin.
»Das hier sind die Nummern, die Nyrén angerufen hat oder von denen er angerufen wurde.«
Sie beugten sich über den Tisch und studierten die Listen.
Martin Nyrén war auch ein fleißiger SMS – Schreiber gewesen und hatte viele Textnachrichten von seinem Handy aus verschickt.
»Wissen wir, wer die Empfänger sind?«, fragte Thomas.
Kalle nickte und zeigte auf eine andere Liste.
»Hier haben wir die Namen, die zu den Nummern gehören.« Er lächelte erwartungsvoll.
Thomas verstand sofort, wieso. Ganz oben auf der Liste stand ein Teilnehmer mit einem sehr bekannten Namen.
Ingmar von Hahne.
»Wir laden ihn noch mal vor«, sagte der Alte.
Thomas und Margit waren bereits aufgestanden.
»Wir sind schon unterwegs.«
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Kapitel 78
»Bin ich verhaftet?«
Ingmar von Hahnes abrupte Frage überraschte Thomas. Irgendwie hatte er nicht damit gerechnet, dass der Mann das Gespräch von sich aus eröffnen würde. Aber unter den gegebenen Umständen war das vielleicht kein Wunder.
»Nein, wir haben nur noch ein paar abschließende Fragen.«
»Dann möchte ich einen Anwalt dabeihaben.«
Margit und Thomas wechselten einen Blick. Wenn sie auf einen Rechtsbeistand warten mussten, bedeutete das Zeitverzögerung und gewisse Einschränkungen im Gesprächsverlauf.
»Denken Sie an einen bestimmten?«, konterte Thomas.
Ingmar von Hahne sah unsicher aus. So als hätte er mit mehr Widerstand gerechnet.
»Kann ich mir einen aussuchen?«
»Selbstverständlich.« Thomas’ Gesichtsausdruck blieb neutral.
Der Mann auf der anderen Seite des Tisches zog sein Handy hervor und wählte eine Nummer. Nach einer guten Minute schaltete er es aus.
»Da nimmt keiner ab.«
»Es ist Ihre Entscheidung, ob wir warten sollen oder nicht«, sagte Margit.
Ingmar von Hahne machte ein unschlüssiges Gesicht. Er blickte auf die Uhr.
»Haben Sie es eilig?«, fragte Thomas.
»Nein. Doch. In einer Stunde habe ich eine Besprechung.«
»Wie gesagt, es ist Ihre Entscheidung«, wiederholte Margit.
»Na ja, dann stellen Sie schon Ihre Fragen.«
Ingmar von Hahne war wesentlich gefasster als beim letzten Mal. Sein Haar war wieder sorgfältig gekämmt und er trug eine dunkelblaue Klubjacke mit einer KSSS – Nadel am rechten Revers. Der Siegelring am linken kleinen Finger zeugte von seiner Abstammung.
Thomas vermutete, dass die Panik von neulich instinktiv einer aristokratischen Überheblichkeit gewichen war, um sich vor den aufdringlichen Fragen der Polizei zu schützen. Trotzdem ärgerte er sich über von Hahnes elegante Erscheinung. Ihr könnt mir gar nichts, schien seine Haltung auszudrücken.
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