Tod im Schärengarten
gegen halb zehn wieder im Büro sein. Jetzt im Sommer war das schon mal erlaubt.
Schon von Weitem sah er, dass irgendwas nicht stimmte. Der Bug war schräg zum Steg geneigt, das Boot schien fast auf der Seite zu liegen.
Er begann zu laufen.
Als er näher kam, wurde ihm klar, dass sich eine der Vertäuungen gelöst haben musste. Der Bug schlug gegen die Betonkante, bestimmt hatte der Gelcoat des Rumpfes schlimme Schrammen davongetragen.
Stumm fluchte er in sich hinein. Es würde mehrere Zehntausend Kronen kosten, die Außenhaut reparieren zu lassen, auch wenn die Versicherung einen Teil übernahm. Außerdem war er sicher, dass er das Boot ordentlich vertäut hatte, als er es am Sonntagabend verließ.
Dann blieb er stehen, ohne richtig begreifen zu können, was seine Augen sahen.
Der gesamte Bug war mit schwarzer Farbe besprüht. Es sah aus, als wäre ein Verrückter mit einer Spraydose darauf losgegangen. Auf der einen Seite war auch etwas geschrieben, er konnte den Buchstaben B erkennen, aber der Rest ging in Schwarz unter, so als hätte jemand in wilder Raserei die ganze Spraydose geleert.
Er konnte nicht verhindern, dass ihm die Tränen in die Augen stiegen, als er die Zerstörung betrachtete.
All das Schwarz, mit dem der schöne weiße Rumpf beschmiert war. Die wütenden schwarzen Striche, die sich kreuz und quer über das Holzdeck zogen.
Er fiel auf die Knie und berührte die angetrocknete Farbe. Sie erinnerte an verschmierten Kot.
Nach einer Weile stand er auf und ging zur Hafenmeisterei. Er musste den Vorfall anzeigen, musste sich erkundigen, ob jemand eine Ahnung hatte, wer hinter der Sache steckte.
Falls es sich um einen Dummejungenstreich handelte, war er kein bisschen lustig.
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Donnerstag, zweite Woche
Kapitel 38
Der Blick wurde unweigerlich vom Bildschirm angezogen. Sie hasste jede Silbe in dem verletzenden Text, aber sie konnte es nicht lassen, ihn zu lesen.
Gib es zu, du widerliche Hure. Das Spiel ist aus. Du glaubst doch nicht, dass Oscar dich geliebt hat, er hat mit dir gespielt wie mit all den anderen Weibern. Du warst nur eine in einer langen Reihe. Jetzt wirst du für deine Sünden büßen.
Die Worte schnitten ihr ins Mark, sie zitterte am ganzen Körper. Langsam las Diana Söder die Nachricht noch einmal. Dann begannen die Tränen zu fließen und Angst überwältigte sie.
Von wem stammte diese schreckliche Mail? Wie war der Absender an ihre Mail-Adresse gekommen? Und wie konnte diese Person von ihrer Beziehung zu Oscar wissen?
Sie sank auf ihrem Bürostuhl zusammen und ließ den Kopf auf die Schreibtischunterlage sinken. Das Plastik wurde nass, aber es kümmerte sie nicht. Sie war allein im Büro.
Sie hatte nichts Böses im Sinn gehabt, als sie begann, sich mit Oscar zu treffen. Er hatte ihr versichert, dass seine Ehe am Ende war. Sylvia und er warteten nur noch darauf, dass die Kinder ihr Studium beendeten, danach wollten sie sich einvernehmlich scheiden lassen.
Das hatte er ihr immer und immer wieder gesagt.
Sie hatte ihm vertraut. Hatte seinen Versicherungen geglaubt. Warum auch nicht?
Nie zuvor hatte sie einen Menschen so sehr geliebt wie Oscar. Er war die Liebe ihres Lebens. Und er hatte sich wunderbar mit ihrem Sohn verstanden. Sie waren wie eine kleine Familie gewesen, und sie hatte begonnen, von einem gemeinsamen Kind zu träumen. Sie war noch keine vierzig, es war noch nicht zu spät.
Sie hatte vor Augen gehabt, wie sie viele, viele lange Jahre zusammenleben würden. Zusammen alt wurden. Sobald er geschieden war.
Wenn sie nur ein bisschen Geduld hatte. Wenn sie nur bereit war zu warten.
Resolut setzte sie sich auf und löschte die schreckliche Mail. Sicherheitshalber klickte sie den Papierkorb auf und löschte die Nachricht auch dort. Dann zwang sie sich, nicht mehr daran zu denken.
Sie schloss die Augen und versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, etwas, das sie fröhlich machen würde.
Aber sofort stieg Oscars Bild vor ihrem geistigen Auge auf. Das Weinen schnürte ihr den Hals zu, und sie trank einen Schluck Wasser, um sich zu beruhigen. Sie warf einen letzten Blick auf den Bildschirm, der inzwischen schwarz geworden war.
Bestimmt hatte jemand herumfantasiert und sich einen üblen Scherz mit ihr erlaubt. Jemand mit einem perversen Sinn für Humor.
So war es. So musste es sein.
»Wie lange sitzen wir hier jetzt schon?« Margit rieb sich die Augen. Es war fast acht Uhr abends.
Sie saßen immer noch im Konferenzraum. Das vergrößerte Foto der
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