Tod im Schärengarten
war zu spät.
Er wusste kaum, wie er dahin gekommen war. Es hatte so unschuldig begonnen. Sie waren eine große Clique gewesen, die zusammen auf Partys ging. Er hatte einen legeren Charme, der den Damen gefiel, und war als Kavalier immer sehr begehrt. Sie war die kleine Schwester eines seiner Schulkameraden und auf unerklärliche Weise immer dabei. Irgendwie war sie immer genau dort aufgetaucht, wo er war, und so kam eins zum anderen. Sie war nicht besonders zimperlich, im Gegenteil, eigentlich war sie diejenige gewesen, die die Initiative ergriffen hatte.
Eines Abends waren sie bei ihr zu Hause gewesen. Die Eltern waren verreist, und sie hatte sturmfreie Bude. Danach hatte sie ihn mit ihren blauen Augen lange angesehen.
»Jetzt müssen wir heiraten«, hatte sie gesagt. »Wir können uns nicht länger verstecken. Stell dir vor, wenn sie uns auf die Schliche kommen. Meine Eltern würden mir das nie verzeihen.«
Sie hatte ihn komplett überrumpelt.
Ehe. Er hatte nicht im Entferntesten daran gedacht. Sie waren so verschieden. Und so jung. Sie kam aus einer wohlhabenden Familie, aber sie war kaum die Frau, die er sich erträumt hatte. Sie war hübsch, sie war verwöhnt, und jetzt wollte sie ihn haben.
Er hatte keine Ahnung gehabt, wie er sich aus der Affäre ziehen sollte. Ehe er sich versah, hatten sie ihre Verlobung bekannt gegeben.
Seine und ihre Eltern waren gleichermaßen begeistert. Sein Vater hatte ihm die Hand geschüttelt und ihm gratuliert. Seine Mutter hatte eine Träne der Rührung geweint.
Sie waren ein so schönes Paar.
»Woran denkst du gerade?«
Seine Zukünftige kam auf ihn zu und lächelte charmant. Sie war das hübscheste Mädchen weit und breit, kein Zweifel. Er lächelte hastig zurück.
»An dich natürlich«, sagte er unterwürfig. »Daran, was für ein Glückspilz ich bin, dass ich dich bekommen habe.«
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Dienstag, zweite Woche
Kapitel 35
Die vergrößerte Luftaufnahme aus dem Fernsehfilm lag ausgebreitet auf dem Tisch im Konferenzraum. Sie hatten vierundzwanzig Stunden darauf warten müssen, aber es hatte sich gelohnt, dachte Thomas.
Mit einiger Mühe hatte er die Längen- und Breitengrade eingezeichnet und die Positionen übertragen, die Fredrik Winbergh auf der Seekarte markiert hatte.
Jetzt standen Margit und er am Tisch und sahen sich das Ergebnis an. Gar nicht mal so schlecht. Sie würden sicherlich die Boote identifizieren können, die sich in Schussweite befunden hatten.
»Das sieht ja richtig gut aus«, sagte Margit. »Hast du einen Zeichenkurs belegt?«
Thomas lächelte schwach, ohne den Blick von dem riesigen Foto abzuwenden.
»Wenn die Positionen stimmen und ich mich nicht verzählt habe, sind achtundzwanzig Boote in dem betreffenden Gebiet. Inklusive Bjärrings Storebro, von der wir schon wussten«, sagte er.
»Ein goldenes Dreieck, meinst du?«
»Schau hier«, sagte Thomas. »Wenn wir den Umkreis sicherheitshalber erweitern, haben wir weitere sieben Boote, die überprüft werden müssen. Das ist eine zu bewältigende Zahl.«
Margit beugte sich vor und studierte das Foto. Um das Startfeld herum breitete sich das Meer aus. Die nächste Insel lag weit entfernt.
»Wie groß ist die Chance, dass man jemanden von einer Bank im Cockpit aus umzubringen versucht?«, sagte sie nachdenklich, während ihr Blick über das Foto wanderte.
Sie streckte sich nach einer Lupe und untersuchte ein Boot nach dem anderen.
»Wie meinst du das?«, fragte Thomas.
Margit zeigte auf ein offenes Motorboot mit Steuerkanzel, auf dem ein paar Leute zu erkennen waren, die achtern im Cockpit saßen.
Thomas begriff, woran sie dachte.
»Ziemlich klein, schätze ich.«
Er ging langsam um den Tisch herum, um sich das Boot aus einem anderen Blickwinkel anzusehen.
»Wenn man jemanden auf offener See erschießen will, ohne entdeckt zu werden, würde man das eher von einem Boot aus tun, das eine schützende Kajüte hat.«
Margit legte das Vergrößerungsglas beiseite und deutete auf acht kleinere Boote.
»Wenn das so ist, können wir Außenborder und offene Motorboote aussortieren.«
Margits Überlegung war unbestreitbar logisch.
Thomas ging zu seinem alten Platz zurück, um sich das Boot wieder aus Margits Perspektive anzusehen.
»Das würde in dem Fall bedeuten, dass wir noch siebenundzwanzig Boote übrig behalten, wenn wir von anfangs fünfunddreißig ausgehen.«
»Siebenundzwanzig Stück. Wie identifizieren wir die?«
»Indem wir so weitermachen wie jetzt. Wir versuchen,
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