Tod im Schärengarten
Startumgebung hatten sie inzwischen auf der Tischplatte festgeklebt, um von allen Seiten Zugang zu haben. Eine kurze Pause, in der sie jeweils eine Wurst im Fladenwickel verschlungen hatten, war die einzige Unterbrechung seit der Mittagspause gewesen.
Margit blickte angewidert auf die Reste im Papierkorb.
»Nicht gerade GI – Methoden«, murmelte sie.
Thomas blickte von seinem Vergrößerungsglas auf.
»Vielleicht sollten wir für heute Schluss machen«, sagte er und rieb sich den Nacken. »Ich sehe schon Sterne.«
Er studierte die Liste, auf der sie alle Kennzeichen festgehalten hatten. Immer wieder hatten sie das Foto untersucht, aus allen möglichen und unmöglichen Winkeln, aber immer noch waren viel zu viele Boote übrig, die identifiziert werden mussten.
Jedes Mal, wenn sie einen neuen Anhaltspunkt gefunden hatten, gaben sie die Informationen an Kalle weiter. Seine Aufgabe bestand darin, sie mit den bekannten Bootstypen zu vergleichen und die Versicherungsgesellschaften anzurufen, um nach Angaben über die möglichen Eigner zu forschen. Ihm standen weitere Helfer zur Seite, die telefonierten und im Internet nach Informationen suchten.
Eine Art Haustürbefragung per Telefon, wenn man so wollte. Aber zum Verzweifeln langsam und umständlich.
Alle Informationen, die sie herausfilterten, waren von Nutzen, dachte Thomas. Aber leicht war es nicht. Eine Sekunde lang fragte er sich, ob das hier überhaupt ein gangbarer Weg war, aber was blieb ihnen denn als Alternative?
Sie mussten das Boot ausfindig machen, von dem der Täter geschossen hatte.
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Freitag, zweite Woche
Kapitel 39
Es war Freitagnachmittag, und das Team fieberte dem Wochenende entgegen.
Das Bedürfnis nach Erholung war groß. Die Gesichter rund um den Tisch sahen erschöpft und blass aus, und die Nerven lagen blank. Die vergangenen Tage waren damit angefüllt gewesen, die Zuschauerboote zu identifizieren und ausfindig zu machen. Die mühsame Kleinarbeit hatte an den Kräften gezehrt.
Inzwischen waren zwölf Tage seit dem Mord an Oscar Juliander vergangen.
Carina hatte wieder einmal Kuchen gekauft und auf den Tisch gestellt – ein gut gemeinter Versuch, die Kollegen mit Energie zu versorgen. Sie war die Einzige im Raum, die zufrieden mit sich und der Welt schien. Sie wirkte beinahe fröhlich, trotz der bedrückten Atmosphäre, und summte leise vor sich hin, ohne sich von den niedergeschlagenen Mienen der anderen beeinflussen zu lassen.
Der Alte nahm am Kopfende des Tisches Platz. Auch ihn schien es zu belasten, dass bei den Ermittlungen kein Durchbruch in Sicht war. Sein Gesicht war verschlossen, und der Mund zu einem Strich zusammengepresst.
»Gut, fangen wir an. Als erstes Julianders Finanzen.« Er wandte sich seiner Tochter zu. »Hast du etwas gefunden, das erklärt, warum er die Swan kaufen konnte?«
»Keine Aktiengewinne«, antwortete Carina. »Aber ich habe eine andere Sache entdeckt, die sehr interessant ist, etwas, das es wert sein könnte, genauer untersucht zu werden.«
Sie schwieg, offenbar um den Effekt zu steigern, und begann in ihren Unterlagen zu blättern.
»Komm schon, Carina«, sagte Erik. »Mach’s nicht so spannend.«
Carina lächelte ihn an und zog neckisch die Augenbrauen hoch. Sie ließ sich noch ein paar Sekunden Zeit, um die Spannung zu erhöhen und sicherzugehen, dass das ungeteilte Interesse der müden Kollegen ihr galt.
»Ich habe Julianders Brieftasche durchsucht. Gründlich. Die Rechtsmedizin hatte sie vor ein paar Tagen geschickt. Und darin habe ich eine Kreditkarte gefunden.«
»Aha«, sagte der Alte. »Eine Kreditkarte hat doch jeder.«
»So eine nicht. Es ist eine persönliche Platinkarte, ausgestellt von einer Bank in Liechtenstein, der Verwaltungsbank Vaduz.«
»Liechtenstein, wo ist das noch gleich?«, fragte Kalle.
»Anderthalb Autostunden von Zürich entfernt«, sagte Margit. »Ein Steuerparadies. Steht auf der schwarzen Liste der OECD .«
»Warum?«, hakte Kalle nach.
»Wegen Geldwäsche. Liechtenstein arbeitet nicht mit den Polizei- und Steuerbehörden anderer Länder zusammen.«
»Und was hat die Kreditkarte damit zu tun?«, fragte Erik. »Was bedeutet denn überhaupt so eine Platinkarte?«
Carina lächelte ein wenig herablassend über seine Frage und warf einen schnellen Seitenblick in Thomas’ Richtung.
»Das ist eine besonders edle Karte ohne Kreditobergrenze. Damit kannst du alles kaufen, was du willst.«
»So eine hätte ich gerne«, sagte Kalle mit sehnsüchtigem
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