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Tod im Schärengarten

Tod im Schärengarten

Titel: Tod im Schärengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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zusammengesessen und sich eine Flasche Whisky geteilt, und der Alkohol hatte den steifen Diplomaten aufgetaut. Als der Morgen graute, hatte Harald geradezu menschliche Züge bewiesen. Sie hatten sich richtig gut unterhalten, unter anderem über die Chancen der schwedischen Eishockey-Nationalmannschaft, noch einmal WM – Gold zu holen.
    Aber Henriks Mutter war ein echtes Biest. Und Henrik war blind für ihre Fehler.
    Nora und Henrik waren mittlerweile über dreizehn Jahre verheiratet, aber Thomas hegte den Verdacht, dass Henrik seiner Mutter noch kein einziges Mal die Meinung gesagt hatte. Anscheinend merkte er nicht, wie hochmütig und überheblich Monica anderen Leuten gegenüber sein konnte. Ganz zu schweigen davon, wie sie ihre Schwiegertochter behandelte. Aber er war ja auch das einzige Kind und wurde von seinen Eltern regelrecht vergöttert.
    Thomas liebte seine eigene Mutter sehr, aber wenn sie Pernilla so behandelt hätte, wie Monica es mit Nora tat, hätte er sie zum Teufel gejagt, so viel stand fest.
    Als Thomas aus dem Bad kam, war der Kaffee fertig. Nora hatte den Tisch gedeckt und Brötchen und Zimtschnecken in eine Schüssel getan. Die Jungs saßen bereits am Küchentisch und fragten nun wie aus einem Mund, ob sie anfangen durften. Thomas hatte kaum genickt, als sie auch schon kräftig zulangten.
    Nora goss Kaffee in zwei Tassen, die sie im Schrank über der Spüle gefunden hatte.
    »Jungs«, sagte Thomas, »was haltet ihr davon, wenn ihr die Zimtschnecken mitnehmt und euch auf die Treppe in die Sonne setzt? Dann braucht ihr nicht hier drinnen zu hocken und euch das langweilige Gerede von uns Erwachsenen anzuhören. Klingt das nicht gut?«
    Adam und Simon liefen nach draußen, und Thomas sah Nora mitfühlend an. »Also«, sagte er. »Was ist passiert?«
    Kaum hatte er die Frage gestellt, füllten Noras Augen sich mit Tränen. Ihre Schultern sanken herunter und sie wirkte verzweifelter, als er sie seit Langem gesehen hatte.
    Was ist nur mit mir los?, dachte er. Wo ich auch hinkomme, bringe ich Frauen zum Weinen.
    Er ging um den Tisch herum und umarmte sie. Nora lehnte sich an ihn und ließ den Tränen freien Lauf. Nach ein paar Minuten, als ihr Schluchzen in lautloses Weinen übergegangen war, streckte er die Hand nach der Küchenrolle aus und riss ein ordentliches Stück ab.
    Nora nahm das Papier und schnäuzte sich nachdrücklich.
    »Erzähl mal, was los ist«, sagte er. »Es geht um Henrik, oder? Habt ihr euch gestritten?«
    Nora nickte und schnäuzte sich wieder.
    »Wir hatten gestern Abend einen furchtbaren Streit. Schlimmer alsje zuvor. Henrik will unbedingt, dass wir Signes Haus verkaufen. Er hat gemeine Sachen über mich gesagt. Dass ich egoistisch bin und immer nur an mich denke.«
    Sie machte eine Pause, um Luft zu holen.
    »Er sagt, ich würde aus einer sentimentalen Laune heraus verhindern, dass er und die Jungs in einem schönen Haus in der Stadt leben können. Und außerdem hat er gesagt«, sie sah Thomas an wie ein junger Hund, der zu Unrecht ausgeschimpft wurde, »dass er sich zutiefst für mich geschämt hat.«
    »Warum das denn?«
    »Gestern war dieses Paar aus der Schweiz da und hat sich das Haus angesehen. Sie haben sich aufgeführt, als würde es ihnen schon gehören, und überhaupt keine Rücksicht genommen.«
    Nora berichtete ihm von der Besichtigung und was sich hinterher abgespielt hatte. Sie beschrieb, wie Henrik mit wutverzerrtem Gesicht in der Küche gestanden und außer sich vor Zorn mit der Faust auf den Tisch gehauen hatte. Die verletzenden Worte waren nur so aus ihm herausgesprudelt, ein Schwall von Gemeinheiten, der kein Ende nehmen wollte.
    »Wie kann er nur so etwas sagen«, schluchzte sie. »Das war das Schlimmste, was er mir je an den Kopf geworfen hat. Ich fasse es nicht, warum er so unbedingt verkaufen will. Wir hatten doch schon darüber gesprochen, es zu vermieten.«
    Die Tränen begannen wieder zu fließen und die Nase wurde immer roter.
    »Schhhh«, versuchte Thomas sie zu beruhigen.
    Er tätschelte ihre Schulter in dem unbeholfenen Versuch, sie zu trösten, aber es schien nicht zu wirken.
    Nora versuchte zu lächeln, schaffte es aber nicht.
    »Entschuldige, dass ich dich geweckt habe, aber ich brauchte wirklich jemanden zum Reden. Henrik ist in die Stadt gefahren, gleich mit der ersten Morgenfähre.«
    »Wissen die Jungs von dem Streit?«
    »Nein. Ich habe ihnen erzählt, dass er ins Krankenhaus gerufen wurde, wegen einem Notfall. Ich musste ihnen ja irgendwas

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