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Tod im Schärengarten

Tod im Schärengarten

Titel: Tod im Schärengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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ihre Tat nicht zugäbe, würde ihr das noch leidtun.
    Was sollte sie nur tun? Die Polizei informieren? Ihnen die Mails zeigen, die behaupteten, sie hätte Oscar ermordet? Dann würde man ihr vielleicht Fabian wegnehmen. Das wäre das Allerschlimmste. Das durfte niemals passieren, niemals.
    Sie setzte das Weinglas mit einer heftigen Bewegung an den Mund und trank es zur Hälfte aus. Dann ging sie zurück ins Schlafzimmer. Den Rechner ließ sie an, sie hatte keinen Nerv, ihn herunterzufahren. Das kalte blaue Licht verbreitete einen gespenstischen Schimmer.
    Wer konnte so grausam sein? So gehässig?
    Was, wenn jemand plante, ihr und ihrem kleinen Sohn etwas anzutun?
    Sie kroch unter die Bettdecke, ohne den Morgenrock auszuziehen. Inzwischen fror sie so sehr, dass sie am ganzen Leib zitterte und ihre Zähne aufeinanderschlugen wie bei einem verängstigten kleinen Kind.
    »Oscar«, schluchzte sie ins Kissen, »Oscar, du darfst nicht tot sein. Du kannst mich nicht hier alleinlassen. Komm zurück!«

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Sonntag, dritte Woche
Kapitel 55
    Das hartnäckige Klopfen an der Tür ließ Thomas mit einem Ruck erwachen. Es war gestern Abend schon spät gewesen, als er endlich auf Harö ankam. Den ganzen Tag hatte er auf der Polizeistation verbracht, die urlaubsbedingt kaum besetzt war, und sich durch Stapel von Vernehmungsprotokollen gearbeitet. Als er schließlich aufgab, war es fast sechs Uhr abends gewesen.
    Hier auf Harö hatte er ein Bier getrunken und zwei Stück Brot gegessen und war fast darüber eingeschlafen. Das Glas Whisky, das er sich eingeschenkt und mit ans Bett genommen hatte, stand unberührt neben ihm. Es war, als hätte jemand einen Schalter gedrückt, so schnell war er in der Bewusstlosigkeit versunken.
    Jetzt warf er verschlafen einen Blick zur Uhr. Kurz vor zehn Uhr morgens. Er hatte fast elf Stunden in der Welt der Träume verbracht.
    Es klopfte wieder, jemand rief seinen Namen. Es klang wie eine Kinderstimme. Er zog sich rasch eine Unterhose an und kletterte vom Schlafboden herunter. Als er die Tür öffnete, stand Nora davor, zusammen mit Simon und Adam. Thomas sah die drei verwundert an.
    »Hallo, Thomas«, sagte Simon und umarmte ihn fest. Er reichte seinem Patenonkel kaum bis zur Taille.
    Adam, vier Jahre älter als sein kleiner Bruder, war schon zu groß für eine Umarmung. Er begnügte sich mit einem leichten Kopfnicken.
    »Was macht ihr denn hier, wenn ich fragen darf?«, sagte Thomas und öffnete die Tür weit, um sie einzulassen.
    Ein Blick in Noras blasses Gesicht sagte ihm, dass dies kein normaler Höflichkeitsbesuch war.
    Nora lächelte traurig und hielt eine Bäckertüte hoch, aus der es nach frischem Brot duftete.
    »Mama hat gesagt, wir wollen dich überraschen«, sagte Simon und schlüpfte unter Thomas’ ausgestrecktem Arm hindurch ins Haus. »Hast du Saft? Am liebsten Orangensaft, ich mag den roten nicht, den man im Zeltlager kriegt.«
    Ohne auf Antwort zu warten, ging er an den Kühlschrank und schaute selbst nach, was er Trinkbares enthielt.
    Thomas trat einen Schritt zur Seite, um Nora und Adam Platz zu machen.
    »Ich habe leider keinen Saft«, antwortete er. »Wie wär’s mit einem Glas Milch? Wenn du groß und stark werden willst, musst du viel Milch trinken.«
    Er zwinkerte den Jungs zu und spannte den rechten Arm an, um seine Muskeln zu zeigen.
    »Ich will mich nur schnell anziehen«, fügte er hinzu, »dann bekommt ihr zwei was zu trinken und Mama eine schöne Tasse Kaffee.« Er drehte sich zu Nora um. »Seid ihr mit der Snurran gekommen?«
    Er meinte das Boot der Familie Linde, ein offenes, fünfzehn Fuß langes Steuersäulen-Motorboot, mit dem sie für gewöhnlich zum Fischen und Baden hinausfuhren.
    Nora nickte. »Sie liegt unten am Steg. Neben deinem Buster. Ich kann Kaffee machen, während du dich anziehst. Ich dachte, du wärst um diese Zeit schon auf. Das sieht dir gar nicht ähnlich, so lange zu schlafen.«
    Sie ging in den Küchenbereich, um die Kaffeemaschine einzuschalten, und Thomas verschwand im Bad.
    Er fragte sich, was wohl passiert sein mochte. Noras Augen waren rot und verweint. Bestimmt ging es wieder um dieses Haus. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie es nie geerbt hätte. Aber nun war es zu spät.
    Thomas konnte sich problemlos vorstellen, wie Henrik und seine Schlange von Mutter Nora zusetzten, um ihren Willen durchzuboxen. Henriks Vater Harald war dagegen gar nicht so verkehrt. Auf der Hochzeit vor vielen Jahren hatten Harald und er die ganze Nacht

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