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Tod im Schärengarten

Tod im Schärengarten

Titel: Tod im Schärengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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Sein Großvater hatte um das Haus getrauert wie um ein lebendiges Wesen.
    Aber es wurde wieder aufgebaut, und man konnte sich fragen, ob es nicht viel besser so war. Das alte Haus aus den Dreißigern war nicht besonders praktisch gewesen. Nun baute man modernen Komfort und ein ordentliches Badezimmer ein. Außerdem wurde die Küche vergrößert, sodass Platz für eine Geschirrspülmaschine war, zur großen Freude seiner Oma.
    Nur wenige Jahre später starben beide Großeltern und Henriks Vater erbte das Anwesen. Während all der Jahre, die sein Vater im Ausland stationiert war, verbrachten Monica und Henrik die Sommerferien auf Ingarö. Dort freundete er sich mit anderen Kindern an, zum Beispiel Johan Wrede, mit dem er Segelrennen austrug.
    Hier auf Ingarö bekam er sein erstes Boot, eine kleine Optimisten-Jolle. Danach folgten eine Laser-Jolle und schließlich ein Kielboot, ein Flying Dutchman mit dunkelblauem Rumpf.
    Am Ende seiner Teenagerjahre fuhr er ein Rennen mit einem Freund und dessen Vater, die ein Boot der 6er-Klasse segelten. Dawar es um ihn geschehen. Er überredete seinen Vater, ihm das Geld für ein eigenes 6er zu geben, dann warb er Johan und ein paar andere Kameraden als Besatzung an. Danach ging es richtig los, mit einem sechsten Platz in der EM als größtem Erfolg.
    Segeln war immer noch das Größte für ihn. Dieses Gefühl, wenn der Bug durchs Wasser schnitt und das Adrenalin durch die Adern jagte, war nicht zu toppen. Deshalb segelte er auch als Erwachsener weiter, trotz seines anstrengenden Berufs und Frau und Kindern, die seine Aufmerksamkeit forderten.
    Bei dem Gedanken an Nora verdüsterte sich seine Laune. Er seufzte tief und schaltete in den ersten Gang, dann parkte er den Wagen auf dem Hof neben dem Audi seiner Eltern.
    Gestern Abend war sie einfach unmöglich gewesen. Erst hatte sie stundenlang ein Gesicht gezogen, und dann, als die Jungs eingeschlafen waren, hatte sie losgelegt. In aufgebrachtem Ton hatte sie ihm alles Mögliche vorgeworfen, angefangen von Geldgier bis hin zu Rücksichtslosigkeit.
    Er hatte sich wirklich bemüht, ruhig zu bleiben. Er hasste es, wenn Nora emotional wurde und das Weinen auf der Lauer lag. Es endete jedes Mal mit Tränen und bitteren Wortwechseln. Aber auf die Dauer konnte man unmöglich dazu schweigen, und schließlich war er heftig aufgebraust.
    Ihm war unbegreiflich, wie sie ihre Loyalität zu Signe über das Wohl und Wehe ihrer eigenen Familie stellen konnte. Wenn sie die Brand’sche Villa verkauften, könnten sie den Jungs genau den gehobenen Wohnstandard bieten, der ihnen heute fehlte, und ihnen damit eine ganz andere Grundlage für ihr weiteres Leben mitgeben.
    Nora verstand nicht, wie wichtig es für die Kinder war, in einer standesgemäßen Umgebung aufzuwachsen, wo sie die richtigen Kontakte knüpfen konnten. In der Kindheit wurde der Grundstein für das Erwachsenendasein gelegt, das war die Zeit, in der man Freundschaften fürs Leben schloss.
    Wenn jemand wusste, wie wichtig das war, dann er. In seiner Kindheit und Jugend hatte er miterlebt, wie sein Vater sich in den diplomatischen Kreisen bewegte, in denen persönliche Beziehungen der Schlüssel zum Erfolg waren. Man musste mit der richtigen Sorte von Leuten verbrüdert und per Du sein, sonst wurde man karrieremäßig schnell übergangen. Das war es, was in der großen Welt zählte.
    Hätte nicht ein Freund seines Vaters, der Professor am Krankenhaus von Danderyd war, ein gutes Wort für ihn eingelegt, hätte er sicher mindestens ein volles Jahr auf eine Festanstellung warten müssen. Seine Söhne sollten keine Chancen verpassen, nur weil sie weiterhin in diesem albernen kleinen Reihenhaus wohnen mussten.
    Aber Nora war taub und blind für seine Argumente, wenn er versuchte, ihr das zu erklären.
    »Wie egoistisch kann man eigentlich sein!«, hatte er ihr an den Kopf geworfen. »Kannst du nicht ein einziges Mal an jemand anders denken als dich selbst? Was bist du nur für eine Mutter!«
    Sie hatten sich wie Streithähne am Küchentisch gegenübergestanden, jeder auf einer Seite, während die harten Worte hin und her flogen.
    Ihr Gesicht war tränenüberströmt gewesen, aber er hatte trotzdem weitergemacht.
    »Und wie du dich aufgeführt hast, als der Makler hier war. Ich habe mich geschämt! Dieses bockige Gesicht, das ewige Geseufze! Ein neutrales, anständiges Benehmen wäre ja wohl das Mindeste gewesen.«
    Als sie schließlich zu Bett gingen, war er völlig erledigt. Er war sofort

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