Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Sommerhaus

Tod im Sommerhaus

Titel: Tod im Sommerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Smedberg
Vom Netzwerk:
beobachtete, wie er sich aus dem Auto schwang, rasch die Umgebung in Augenschein nahm und geradewegs über den Rasen und durch die Blumenbeete auf das Haus zuging. Mit resolut vorgeschobenen Schultern und großen, energischen Schritten.
    Er schüttelte den Kopf, so vertraut war ihm die große Gestalt, die er nicht aus den Augen ließ. Da war etwas, was sich nicht verändert hatte, dachte er: Diese Zielstrebigkeit bei allem, was er tat.
    Er wartete, bis er den Fahrstuhl hörte. Dann ging er in die Diele, schloss die Tür auf und öffnete sie. Lasse Henning stürmte herein, legte ihm im Vorbeigehen eine schwere Hand auf die Schulter, setzte seinen Weg ins Wohnzimmer fort, blieb stehen, stemmte die Fäuste in die Seiten und ließ den Blick schweifen.
    »Hier hältst du dich also versteckt, Johnny?«
    Nielsen war in der Diele stehen geblieben. Jetzt kam er hinterher.
    »Bitte komm rein«, sagte er, »und fühl dich wie zu Hause.
    Lass dich durch mich nicht stören, ich wohne nur hier.«
    Der andere sah ihn an und lachte.
    »Aber nein. Du störst nicht. Jedenfalls nicht mehr als sonst.«
    Er betrachtete Nielsen forschend.
    »Übrigens vielen Dank für die Einladung.«
    Fast beschämt wandte Nielsen den Blick ab.
    »Ich weiß«, erwiderte er. »Ich bin eine Weile in der Versenkung verschwunden.«
    »In der Versenkung?«
    Lasse Henning lachte laut.
    »Verdammt nochmal, ich dachte, du seist tot! Seit über einem Jahr, wenn nicht fast zwei, keinen Mucks.«
    »Ich hab’ doch geschrieben«, entgegnete Nielsen.
    »Diese lumpige Karte mit der neuen Adresse? Stimmt! Vor einem Monat ungefähr.«
    Nielsen hob die Schultern.
    »Dir fällt es doch normalerweise nicht schwer, Leute aufzuspüren, wenn dir danach ist.«
    Lasse Henning betrachtete ihn aus forschenden grauen Augen.
    »Wenn es nötig ist, schon. Aber bei dir ist es doch anders, nicht wahr? Du bist groß genug, um auf dich selbst aufzupassen, dachte ich.«
    Er setzte sich auf das Sofa.
    »Und nichts in den Zeitungen, soweit ich sehen konnte. Nichts mehr seit dieser Artikelserie. Das war ja auch nicht erst gestern, sondern ist über zwei Jahre her, stimmt’s? Schreibst du nichts mehr? Ich meine, einmal abgesehen von Karten mit der neuen Adresse?«
    Nielsen ließ sich mit der Antwort Zeit.
    »Kaum, könnte man wohl sagen.«
    Der andere runzelte die Stirn.
    »Machst du Witze? Wovon lebst du denn dann? Von der großen Erbschaft?«
    John Nielsen schwieg.
    »Reklame«, sagte er schließlich. »Ich arbeite ab und zu für ein paar Werbeagenturen. Werbetexte.«
    Jetzt runzelte Lasse Henning ungläubig die Stirn.
    »Reklame?«, wiederholte er. »Tampons und Zahnpasta? Und das ist dein neues Leben? Das hätte ich jetzt wirklich nicht gedacht.«
    John Nielsen schwieg einen Augenblick.
    »Aber so ist es«, sagte er. »Zur Zeit. Stört dich das?«
    Er wartete eine Weile.
    »Du bist doch nicht gekommen, um mit mir die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu erörtern? Sagtest du nicht am Telefon, du wolltest etwas mit mir besprechen? Ein Problem?«
    Lasse Henning betrachtete ihn immer noch nachdenklich.
    »Setz dich«, sagte er. »Meinetwegen brauchst du nicht zu stehen. Das hier wird eine Weile dauern.«
    »Danke«, antwortete Nielsen trocken, ließ sich auf den Sessel gegenüber fallen und bewegte sein linkes Bein, bis er eine bequeme Stellung gefunden hatte.
    »Mühe mit dem Bein?«
    Lasse Henning deutete mit dem Kopf darauf. Nielsen beugte sich vor, zog das Hosenbein ein Stück hoch und klopfte auf die Prothese.
    »Neues Modell«, sagte er. »Ich habe mich noch nicht ganz daran gewöhnt. Ich habe es erst seit ein paar Monaten. Neue Technik. Titan und Kohlenstofffaser. Weißt du, dass es Leute gibt, die mit der Sportausführung nur 14 Sekunden für hundert Meter brauchen? Nicht schlecht, was?«
    Lasse Henning verzog spöttisch den Mund.
    »Vierzehn? Für dich wäre das vermutlich eine beträchtliche Verbesserung. Es fragt sich nur, warum man es so verdammt eilig haben soll.«
    Nielsen ließ das Hosenbein wieder fallen.
    »Du hast dich nicht verändert, höre ich. Genauso zartfühlend wie immer.«

    Seine Freundschaft mit dem Mann auf dem Sofa reichte etliche Jahre zurück. Mehr sogar. Jahrzehnte. Fast fünfundzwanzig Jahre, um genau zu sein. Bei ihrer ersten Begegnung war er knapp siebzehn gewesen. Ende der siebziger Jahre. Die Umstände hatten nicht unbedingt eine lebenslange Freundschaft vorausahnen lassen. Lasse Henning war einer der Polizisten gewesen, die ihn nach einem idiotischen

Weitere Kostenlose Bücher