Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
„Turbulenzen?“
„Naja, sie wissen schon, was ich meine. Er hätte etwas Schlechtes gegessen, sagte er. Kaum, dass er die Gruppe von der Zeremonie wieder zurückgebracht hatte, musste er erstmal zur Toilette verschwinden. Er sah auch wirklich blass aus. Nachdem er wieder da war, war er zwar immer noch bleich, aber ansonsten ging es ihm wohl wieder besser.“
John bemühte sich, seine Erregung zu verbergen. Vom Gastraum des Clubs aus war wegen einer hölzernen Schwingtür nicht zu erkennen, ob jemand tatsächlich zur Toilette ging oder durch den Ausgang den Club verließ. Konnte es am Ende doch George gewesen sein, den er in der Dunkelheit durch die Water Lane hatte hasten gesehen?
Kapitel 9
Es war noch stockdunkel, als das Telefon John nach einer unruhigen Nacht aus dem Schlaf riss. Für einen Augenblick orientierungslos schoss er hoch und tastete nach dem Lichtschalter. Halb sechs Uhr morgens! Ein Anruf um diese Stunde konnte nichts Gutes bedeuten. Mit wenigen Schritten war er im Flur und hob mit klopfendem Herzen den Hörer ab.
„Guten Morgen, Mackenzie! Ich habe Sie hoffentlich nicht aufgeweckt? Ich brauche Ihre Hilfe in einer delikaten Sache.“ Als John die muntere Stimme seines Kommandanten vernahm, wurden ihm vor Erleichterung fast die Knie weich.
„Chief? Ich dachte, Sie wären auf einer Konferenz?“
„Bin ich auch. Aber gerade kam ein Anruf vom Außenministerium. Die Eltern unserer Toten treffen heute Vormittag auf dem Flughafen Heathrow ein. Sie haben den ausdrücklichen Wunsch geäußert, den Ort des Geschehens sehen zu dürfen. Damit sie nicht von Reportern belästigt werden, werden sie mit einem zivilen Geleitschutz wie normale Touristen in den Tower kommen. Ich möchte, dass Sie Mr. und Mrs. Feldmann in Empfang nehmen und herumführen. Mir wurde gesagt, dass die Herrschaften kaum Englisch sprechen, daher werden sie sich bei jemandem, der sich mit ihnen auf Deutsch unterhalten kann, am besten aufgehoben fühlen. Also, kann ich auf Sie zählen?“
„Selbstverständlich, Sir.“
„Gut. Halten Sie sich ab neun Uhr im Byward Tower bereit. Für heute sind Sie vom normalen Dienst befreit. Und sobald ich wieder da bin, melden Sie sich bei mir zum Rapport.“
Nachdem John aufgelegt hatte, ließ er sich in einen Küchenstuhl sinken und fuhr sich durch den vom Schlaf zerzausten Haarschopf. Er beschloss, dass es keinen Sinn mehr hatte, ins Bett zu gehen, also nutzte er die Zeit und widmete sich einmal wieder eingehend seinen Pflanzen. Zufrieden bemerkte er, dass auch der Mangokern, den er vor Wochen in die Erde gesteckt hatte, einen zarten Trieb gebildet hatte. Nachdem alle Topfpflanzen versorgt waren, kramte er den Berg an Weihnachtssachen heraus, die er bei Edwina erworben hatte. Als er sein Werk vollendet hatte, prangte die Wohnung in Rot-, Grün- und Goldtönen und John brummte fröhlich, „Oh come, all ye faithful“, sein Lieblingsweihnachtslied, vor sich hin. Als letztes hängte er den prächtig geschmückten Kranz an die Eingangstür seiner Wohnung. Er nahm sich vor, noch Tannenzweige zu besorgen, deren harzigen Duft er liebte.
Beschwingt setzte er sich mit einer Tasse Tee an den Tisch und begann zu überlegen, welche Geschenke er besorgen wollte.
Sein Neffe Tommy würde sich über neue Turnschuhe freuen, hatte Maggie ihm verraten. Tommys ältere Schwester Maureen würde gleich zu Jahresbeginn für einige Monate nach Südafrika gehen, um dort in einem sozialen Projekt mitzuarbeiten und konnte ein gutes Moskitonetz gebrauchen. Für seinen Vater hatte er einen neuen Bildband über die Ausgrabungen argentinischer Dinosaurier im Auge. Maggies jüngste Tochter Bella war glücklich über alle Dinge, die irgendetwas mit Pferden zu tun hatten. Fast hätte John über derlei angenehmen Gedankengängen die Zeit vergessen. Kurz vor neun Uhr schreckte er hoch, griff nach seinen Wohnungsschlüsseln und machte sich zum Towereingang auf. Auf die Beefeater-Uniform hatte er verzichtet. Er wusste, dass er sonst beständig von Besuchern angesprochen werden würde und sich dem deutschen Ehepaar nicht in Ruhe widmen könnte.
Bereits kurz nach neun wurden die Eltern von Julia Feldmann hereingeleitet. Es könnten auch ihre Großeltern sein, ging es John durch den Kopf, während er mit ausgestreckten Armen auf das ältere Ehepaar zuging. Sie sahen aus, als hätten sie ihr Leben lang hart gearbeitet.
Er schüttelte beiden die Hand. Raue, kräftige Hände. Nachdem er sich vorgestellt hatte, drückte er
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