Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
heimzahlen, weil die sie nie die Hausaufgaben abschreiben lässt.“
„Von wegen meine Idee! Du kannst die miese Streberin doch auch nicht ausstehen.“, zischte Angela zurück. „Das Miststück hatte es verdient, endlich mal was auf die Mütze zu kriegen. Mit ihrem ganzen blöden Gerede Nein, Angela, das wäre aber Unterschleif, das geht doch nicht“, äffte das Mädchen Tiffany gehässig nach. „Als ob irgend jemanden die Scheiß-Regeln interessieren würden.“
John schob die zeternden Schülerinnen mit einem grimmigen Lächeln vor sich her in den Laden.
Alle Mädchen saßen abfahrbereit im Bus. Ms. Murray schüttelte John noch einmal die Hand.
„Ich möchte Ihnen wirklich ganz herzlich danken. Nicht nur für die lebendige und interessante Führung, sondern vor allem – “ Der Busfahrer hupte ungeduldig.
„Ms. Murray, bitte, keine weiteren Dankesworte mehr. Es war mir ein Vergnügen. Und nun wünsche ich Ihnen und den Mädchen noch einen schönen Tag in London.“ Als sie sich abwandte und im Bus verschwand, verspürte John ein leises Bedauern.
Es sollte ihm jedoch keine Zeit bleiben, in Gedanken bei der Lehrerin mit dem reizenden Lächeln zu verweilen. Als er zurück in den Byward Tower trat, überbrachte ihm der diensthabende Beefeater die Anweisung, dass die gesamte Einheit sich nach Schließung des Towers um 17.00 Uhr im Schulungsraum einzufinden hatte.
Kapitel 11
Dort wurden sie von einer Reihe Beamter der Metropolitan Police in Empfang genommen, die jeden Einzelnen dazu aufforderten, seine Fingerabdrücke abzugeben. Sofort summte der ganze Raum von verwirrten Nachfragen und vereinzelt lautstarken Protesten der Männer. John, der davon ausgegangen war, dass die Polizei ihre Ermittlungen auf die Verbindung von Julia Feldmann zu dem deutschen Manager konzentrierte, war besonders überrascht.
Die aufkeimende Unruhe erstarb, als Superintendent Whittington vortrat und das Wort ergriff.
„Es handelt sich hier um reine Routine. Bitte erschweren Sie die Tätigkeit meiner Leute nicht. Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie alle eine Sondereinheit der Metropolitan Police von London bilden, daher erwarte ich von Ihnen volle Kooperation.“ Leise murrend kamen die Beefeater seiner Aufforderung nach.
Um Nachfragen seiner Kollegen aus dem Weg zu gehen, die wussten, dass er mit Julia Feldmanns Eltern im Polizeipräsidium gewesen war, stahl John sich gleich danach hinaus und unternahm einen langen Spaziergang. Aber auch die kalte Luft brachte keine Klarheit in seine Gedanken.
Am nächsten Morgen stand er besonders früh auf, um vor Dienstbeginn bei Chief Mullins Bericht zu erstatten. Als dieser ihm jedoch bereits im Innenhof des Towers im Laufschritt entgegen kam, war ihm klar, dass etwas passiert war. Die Nachricht, die sein Kommandant brachte, schlug in der gesamten Towergemeinschaft wie eine Bombe ein: Im Morgengrauen war die Polizei angerückt und hatte einen der ihren verhaftet.
„Ruhe, Leute!“ Chief Mullins hob beschwörend die Hände, um die vor ihm versammelten Männer und Frauen zum Schweigen zu bringen. „Setzt euch, und dann werde ich euch das wenige, das ich weiß, mitteilen.“
Er wartete, bis alle Platz genommen hatten und es im Raum mucksmäuschenstill war.
„Heute um sechs Uhr morgens erschien Superintendent Whittington von der Metropolitan Police mit einem Haftbefehl am Byward Tower, begleitet von mehreren Uniformierten. Die zuständige Wache informierte mich unverzüglich. Selbstverständlich – wenn auch zu unserem Leidwesen – mussten wir der Polizei Einlass gewähren.“ Mullins verstummte für einen Moment. Sichtlich erschüttert fuhr er dann fort.
„Ich mache es kurz. Sie haben unseren Ravenmaster George Campbell festgenommen. Er wird des Mordes an der Studentin Julia Feldmann angeklagt.“
Während in diesem Moment rings um John ein Pandämonium ausbrach, wirbelten in seinem Kopf unzählige Bilder durcheinander. Die dunkle Beefeater-Gestalt, die nachts durch die Water Lane davon eilte. Marcia, die ihm mit hektischen roten Flecken im Gesicht erzählte, George sei seit dem Mord nicht er selbst. George, der mit abweisendem Gesichtausdruck neben ihm im Auto saß. George, der mit einem Bündel Geldnoten in der Bank verschwand. Verzweifelt schüttelte John den Kopf.
Nein. Der Mann, den er in den letzten Monaten kennengelernt hatte, der ihm so viel über seine geliebten Raben beigebracht hatte, mit dem er gelacht hatte, der eine Art väterlicher Freund für
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