Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
passiert? Kommen Sie, lassen Sie mich das machen.“ Trotz seines Protests ergriff Bonnie energisch den Wischlappen und bedeutete John, sich auf den kleinen Hocker zu setzen.
„Nun erzählen Sie.“, befahl sie. Verlegen erklärte John, wie es zu der Verletzung gekommen war.
„Sie Ärmster“, meinte sie, als er geendet hatte. „Mit Bran ist nicht zu spaßen. Ich kann mich noch erinnern, wie er vor einigen Jahren hierher kam. Damals hatte er kaum den Babyflaum abgelegt, aber er hat es innerhalb eines Tages geschafft, sich in der Rabentruppe als Gangleader zu etablieren. Haben Sie starke Schmerzen?“
„Ich habe das Gefühl, dass die Hand momentan mehr weh tut als gleich zu Beginn. Vielleicht nehme ich doch eine von Doc Hunters Schmerztabletten.“
„Sie sollten sich besser hinlegen.“
„Nein, es geht schon.“, wehrte John ab. „Ich möchte heute noch in den Club und mit Sid über den Abend des Mordes reden.“
„Oh, da komme ich mit. Nach so einem Tag kann ich einen kleinen Absacker gut gebrauchen.“ Mit einem Blick in Johns Gesicht beeilte sich Bonnie, hinzuzufügen, „Natürlich nur, wenn Sie möchten.“ John rang sich ein Lächeln ab.
„Selbstverständlich, Bonnie, ich freue mich über charmante Begleitung. Wie wäre es, wenn wir uns um halb sieben im Club treffen? Ich möchte erst mal raus aus der Uniform.“
„Gern, dann sehe ich im Büro noch schnell nach dem Rechten. Heute ist meine ganze Arbeit liegen geblieben.“
In seiner Wohnung schluckte John erst einmal eine Schmerztablette. Als er seine Uniform auszog, entfuhren ihm einige Flüche. Jede Bewegung der verletzten Hand schmerzte mittlerweile höllisch. Er streifte sich gerade mühselig einen dicken Wollpullover über den Kopf, als das Telefon klingelte. Mit dem widerspenstigen Kleidungsstück kämpfend, hastete er aus dem Schlafzimmer und schlug unvermeidlich heftig mit dem Ellbogen am Garderobenschrank an. Als er schließlich den Hörer hochriss, hörte er nur noch das Freizeichen. Er knirschte mit den Zähnen. Dann legte er den Hörer, den er in diesem Moment gern gegen die Wand geworfen hätte, betont sanft hin und griff nach Jacke und Schirm.
Durch den wieder einsetzenden Regen trottete er missmutig zum Club. Als er eintrat, saß Bonnie bereits mit einem Martini an der Bar und lächelte ihm zu. Sid, der Barmann, zog bei seinem Anblick theatralisch die Augenbrauen in die Höhe.
„Mackenzie, welch seltener Gast in dieser Hütte. Was führt dich denn hierher?“ John ließ sich auf einen Barhocker fallen.
„Sid, es war einfach mal wieder überfällig, dass ich im Club hereinschaue.“ Er zwinkerte dem Barmann zu. „Und so reizende Gesellschaft wie unsere Bonnie hier schafft es sogar, mich an diesem scheußlichen Abend aus dem Haus zu locken.“
„Was darf ich dir bringen?“
„Einen Tee bitte.“
In gespieltem Entsetzen sah der Barmann ihn an.
„Du kommst hier herein und willst einen Tee von mir? Mann, ich habe siebzehn verschiedene Sorten Ale auf der Karte und einen ganzen Keller voll feinster Whiskys und du verlangst so ein Krankengesöff?“
John hob seine Hand und hielt Sid den dicken Verband vor die Nase. „Ich habe gerade eine Schmerztablette genommen, also fallen deine zweifellos überragenden hochprozentigen Angebote leider flach. Also bring mir schon einen Tee.“
Unvermutet hatte die Verletzung doch einen Vorteil, ging es John mit einem Anflug von Galgenhumor durch den Kopf. Er machte aus seiner Abneigung gegen Alkohol kein Hehl, fand es aber zuweilen ermüdend, sich dafür immer wieder rechtfertigen zu müssen.
Sid gab sich geschlagen und kramte in einer Schublade nach einem Teebeutel. John beschloss, darüber hinwegzusehen, dass dieser aussah, als hätte er dort seit Queen Victorias Zeiten sein Dasein gefristet. Bonnie hatte das Gespräch amüsiert verfolgt.
„Das passiert nicht oft, dass jemand etwas Antialkoholisches verlangt, was? Ich wette, die werten Herren Politiker, die letzte Woche hier waren, haben deine Sammlung von Single Malts durchaus zu schätzen gewusst.“
Beeindruckt von ihrer Geistesgegenwart warf John ihr einen schnellen Seitenblick zu. Sid setzte ein selbstgefälliges Lächeln auf und beugte sich vertraulich zu ihnen herüber.
„Ich sage nur so viel: Die Herrschaften haben es weidlich genossen, sich auf Richards Kosten durch einige meiner besten Flaschen zu probieren.“ Er zwinkerte vielsagend. John rührte zwei Stück Zucker in das schmutzig braune Gebräu, das Sid vor ihn
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